KYC: Mehr geht immer

Änderung von § 154 AO: Erweiterte KYC-Pflichten können legitime Geschäftsmodelle der Payment- und Fintech-Branche erheblich beeinträchtigen.

Erweiterte KYC-Pflichten durch Änderung von § 154 AO

Die Payment- und Fintech-Branche muss sich auf weitere KYC-Pflichten einstellen. Angesprochen sind hier nicht die mannigfachen Neuerungen im Geldwäscherecht. Wie berichtet, wird es in Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie ein komplett neugefasstes Geldwäschegesetz geben. Ungemach droht nun aus einer ganz anderen Richtung.

Um was es geht …

Am 21.12.2016 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, kurz Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz beschlossen. Hehres Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die Möglichkeiten inländischer Steuerpflichtiger zur Steuerumgehung mittels Offshore Briefkastenfirmen zu minimieren. Hiergegen kann man eigentlich nichts einwenden. Eigentlich. Denn erhebliche Kollateralschäden sind zu befürchten! Das Gesetzesvorhaben wird legitime Geschäftsmodelle der Payment- und Fintech-Branche erheblich beeinträchtigen.

Wo das Problem liegt …

Stein des Anstoßes ist die Ausweitung der Legitimationspflichten in § 154 AO-E. Bislang bestehen die Pflichten nach § 154 Abs. 2 AO im Wesentlichen darin, vor Eröffnung eines Kontos die Identität und die Anschrift der Verfügungsberechtigten zu überprüfen. Ist nur der Kontoinhaber verfügungsberechtigt, gingen die Anforderungen nicht über die geldwäscherechtlichen Pflichten hinaus. Dies wird sich nun ändern.

Nach § 154 Abs. 2 AO-E hat sich der Kontoführer künftig nicht nur Gewissheit über die Person und Anschrift jedes Verfügungsberechtigten, sondern auch über Person und Anschrift jedes wirtschaftlich Berechtigten zu verschaffen. Es geht somit nicht mehr nur um die formelle Kontenwahrheit. Die Erweiterung auf den wirtschaftlich Berechtigten geht insofern über das Geldwäschegesetz hinaus, als dort die Anschrift nicht zwingend in jedem Fall abzufragen ist.

Zudem sieht § 154 Abs. 2a AO-E vor, dass künftig für jeden Kontoinhaber, jeden anderen Verfügungsberechtigten und jeden anderen wirtschaftlich Berechtigten seine 11-stellige Steueridentifikationsnummer zu erheben und aufzuzeichnen ist. Das gleiche soll für die Wirtschafts-Identifikationsnummer gelten, die bislang aber noch nicht eingeführt wurde.

Aus unserer Sicht dürfte vor allem die Pflicht zur Abfrage der Steueridentifikationsnummer Unternehmen der Payment- und Fintech-Branche bei der Digitalisierung ihrer Dienstleistungen erheblich beeinträchtigen. Anders als Angaben wie zum Beispiel Namen, Geburtstag und Wohnanschrift dürfte die Steuer-ID der überwiegenden Bevölkerung nicht geläufig sein. Es ist zu befürchten, dass die Aufforderung zur Eingabe dieser Nummer im elektronischen Geschäftsverkehr ähnlich wie ein Medienbruch wirkt und zu einem signifikanten Anstieg der Abbruchraten bei Online-Angeboten führen wird.
Probleme stellen sich aber auch am Point of Sale. Gerade im Bereich der Verbraucherkredite und der Konsumgüterfinanzierung allgemein erfolgt der Vertragsabschluss häufig nicht bei den Kreditinstituten, sondern über die Verkäufer der zu finanzierenden Produkte. In den wenigsten Fällen werden Kunden im Laden ihre Steuer-ID bei sich führen. Insofern ist auch hier mit negativen Auswirkungen auf das Konsumentenkreditgeschäft und die Konsumgüterfinanzierung zu rechnen.

Wer betroffen ist …

Betroffen sind nicht nur Kreditinstitute. Verpflichtet und damit von den Neuerungen betroffen sind vielmehr alle Unternehmen, die Konten im Sinne von § 154 AO führen. Welche Konten genau gemeint sind, ist gesetzlich nicht näher geregelt. Nach einhelliger Meinung ist zwischen kundenbezogenen Konten, die unter § 154 AO fallen und betriebsinternen Konten, die nicht unter § 154 AO fallen zu unterscheiden. Konten, die für Kunden zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs geführt werden, fallen unter § 154 AO. Dies bedeutet, dass bei der Eröffnung eines Girokontos die Steuer-ID künftig abgefragt werden muss. Unklar ist hingegen, wie reine Kreditkonten und E-Geld-Konten einzuordnen sind. Laut einem Schreiben des Finanzministeriums aus dem Jahr 1996 sollen auch reine Kreditkonten Konten im Sinne von § 154 AO sein. Sofern diese Ansicht weiterhin Bestand hat, müsste bei Abschluss von Kreditverträgen ebenfalls die Steuer-ID abgefragt werden.

Ab wann die Neuerungen gelten …

Die erweiterten Pflichten sind erstmals auf Geschäftsbeziehungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 begründet werden. Für davor begründete Geschäftsbeziehungen ist die Steuer-ID bis zum 31.12.2019 nachträglich zu erfassen. Sofern sie gleichwohl nicht in Erfahrung gebracht werden konnte, darf der Kontoführer die Steuer-ID beim Bundeszentralamt für Steuern erfragen.

Was bleibt …

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber im laufenden Gesetzgebungsverfahren nachsteuert, zumal sich nicht erschließt, wie die Erfassung der Steuer-ID bei inländischen Konten die Steuerumgehung mittels Briefkastenfirmen im Ausland verhindern soll. Zumindest sollte aus Gründen der Rechtssicherheit spezifiziert werden, welche Konten künftig unter § 154 AO fallen. Allerdings ist das Gesetzgebungsverfahren bereits vorangeschritten, sodass nicht mehr viel Zeit bleibt. Die 1. Lesung im Bundestag erfolgte am 16.02.2017; die 2. und 3. Lesung ist auf den 28.04.2017 terminiert.

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