Was ist eigentlich ein Security Token Offering (STO)?

Der Hype um ICOs ist etwas abgekühlt, aber nun gibt es in Deutschland von der Bitbond Finance GmbH ein erstes Security Token Offering. Was steckt dahinter? Was ist der Unterschied zum ICO? Um diese und andere Fragen zu beantworten, wollen wir hier das Ganze einmal etwas näher ansehen.

Ein Security Token Offering ist ein öffentliches Angebot eines Wertpapiers (Englisch: Security), das tokenbasiert ist. Dabei erhält der Eigentümer des Tokens Rechte an einem Unternehmen oder schuldrechtliche Ansprüche auf Vermögenswerte, wie sie in dem Wertpapier versprochen werden. Im Gegensatz dazu gibt es bei ICOs meist keine zugrundeliegenden Vermögenswerte, auf die ein Anspruch besteht, sondern es wird zumeist eine Kryptowährung oder ein Utility Token ausgegeben. Bei einer Kryptowährung kann das Token als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Das Utility Token berechtigt den Inhaber zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens. Beiden gemein ist jedoch, dass diese nicht durch Vermögenswerte gesichert sind. Das Risiko eines leeren Versprechens ist daher sehr groß. Beim Security Token Offering gibt es jedoch eine Anspruch auf einen Anteil an einem Vermögenswert und rechtlich strengere Rahmenbedingungen. Risiken gibt es natürlich trotzdem, aber dazu unten mehr.

Rechtliche Rahmenbedingungen für ein Security Token Offering in Deutschland

Nach Ansicht der BaFin sind auf ein Security Token Offering die wertpapierrechtlichen Vorschriften anzuwenden (siehe hierzu Franks Beitrag „Regulators mount up – BaFin provides further guidance on ICOs zur Einordnung der BaFin), wenn es sich bei dem Token um ein Wertpapier handelt. Dies ist dann der Fall, wenn es (a) übertragbar ist, (b) an einem Finanz- oder Kapitalmarkt gehandelt werden kann (die BaFin zählt dazu auch Kryptoexchange-Plattformen), (c) das Token Rechte verkörpert, wie z.B. Gesellschafterrechte oder schuldrechtliche Ansprüche und (d) es sich nicht um ein Zahlungsinstrument handelt. Wird die Wertpapiereigenschaft bejaht, so führt dies zum Beispiel dazu, dass ein Wertpapierprospekt erstellt werden muss. Dies führt zu einer größeren Sicherheit der Investoren, aber auch zu mehr Aufwand und einer möglichen Haftung bei Fehlern im Prospekt.

Ein konkretes Beispiel: Das Bitbond Finance GmbH Security Token Offering

Dem von der BaFin genehmigten Wertpapierprospekt der Bitbond Finance GmbH lässt sich entnehmen, was das Token verkörpert. Es handelt sich bei dem Wertpapier um eine nachrangige Schuldverschreibung. Dies bedeutet, dass jeder Anleger dem Unternehmen ein Darlehen in Höhe des von ihm gezahlten Betrags gewährt. Das Unternehmen verspricht in den Anleihebedingungen, den Betrag am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen und während der Laufzeit Zinsen auszuschütten. Es gibt im konkreten Fall dabei eine feste Verzinsung der Investitionssumme in Höhe von 4% p.a. und einen variablen Anteil an den Erlösen des Unternehmens. Dass die Schuldverschreibung nachrangig ist, bedeutet, dass zunächst die anderen Gläubiger des Unternehmens befriedigt werden, dann erst die Inhaber der Schuldverschreibung. Bis hierhin unterscheidet sich dies nicht von anderen Unternehmensanleihen. Während diese aber in der Regel in einer Globalurkunde verbrieft werden, die in der Girosammelverwahrung bei einem Zentralverwahrer (Clearstream) verwahrt werden, so werden bei einem Security Token Offering keine Globalurkunde ausgegeben, sondern das Wertpapier wird tokenisiert, d.h. jeder Anleger enthält ein Token (smart contract), in dem seine Rechte verkörpert sind. Beim Bitbond Security Token Offering wird das Token auf der Stellar Blockchain erstellt.

Risiken eines Security Token Offerings

Die Risiken des Investments in eine Unternehmensanleihe oder Aktie bleiben zunächst einmal dieselben; sie ergeben sich aus den Risiken des Unternehmens und seines Geschäftsmodells (es gibt nicht von ungefähr auch den Ausdruck „Junk Bond“). Diese Risiken muss allerdings der Wertpapierprospekt wahrheitsgemäß darstellen, so dass die Investoren eine informierte Entscheidung treffen können. Bei einem Security Token Offering kommen allerdings noch blockchainspezifische Risiken dazu. Wer beispielsweise den Key zu seiner Private Wallet verliert, hat keinen Zugang zu seinem Investment und kann diesen auch nicht auf andere Weise wiederherstellen. Ein Vorteil, aber auch ein Risiko ist, dass es keine Intermediäre gibt. Wer garantiert, dass alle Anleger einen Token auch tatsächlich erhalten? Bei einer „normalen“ Anleihe wird diese von Banken erworben und verkauft, die einer Aufsicht unterliegen. Beim Security Token Offering sorgt das Unternehmen selbst dafür, dass die Anleger ihre Token erhalten. Was, wenn es das nicht tut oder der Smart Contract manipuliert ist?

Auch die Bezahlung oder die Auszahlung in Kryptowährung kann zu einem zusätzlichen Risiko führen, weil Kryptowährungen sehr volatil sind, so dass die Währungsrisiken in besonderem Maße hinzukommen.

Ein Vorteil des Security Token Offerings ist die leichte Übertragbarkeit der Token. Für manche mag auch eine Rolle spielen, dass eine anonyme Übertragung möglich erscheint. Allerdings wird dies durch die stärkere Regulierung der Kryptoexchanges, die zukünftig strengeren geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen werden (mehr dazu in Bernd Fletzbergers Beitrag „5. Geldwäscherichtlinie – die wichtigsten Punkte zusammengefasst“), bald nicht mehr in ganz so großem Ausmaß möglich sein.

Vom Coupon schneiden zum Token: Kommt das Recht noch mit?

Historisch waren Anleihen in Einzelschuldverschreibungen (auch „Mantel“ genannt) verbrieft und der Anspruch auf die Zinsen in Zinsscheinen („Coupons“). Alle Coupons und ggf. Dividendenscheine werden auch als „Bogen“ bezeichnet. Die Schuldverschreibungen und Coupons können wie Geld gehandelt und eingelöst werden. Gegen Vorlage des Coupons erhielt der Inhaber dann bei der Bank den fälligen Zins. Die einzelnen Zinsscheine werden vom Mantel abgeschnitten, um sie einzulösen. Das Recht an der Urkunde folgt dabei dem Recht in der Urkunde (§ 793 BGB). Übertragen werden die Schuldverschreibung und die darin verbrieften Rechte daher durch Übergabe der Urkunde.

Heute ist diese Art der Einzelverbriefung eher unüblich. Der Standard ist die Verbriefung in einer Globalurkunde, die in Sammelverwahrung bei einem Zentralverwahrer liegt. Die Übertragung erfolgt jedoch auch hier nach sachenrechtlichen Vorschriften. Der Zentralverwahrer, bei dem die Urkunde im Tresor liegt, ist unmittelbarer Fremdbesitzer. Er verwahrt die Urkunde (bzw. einen Miteigentumsanteil) für die depotführende Bank des Hinterlegers. Die depotführende Bank des Hinterlegers ist mittelbarer Fremdbesitzer der ersten Stufe, der Hinterleger selber ist mittelbarer Fremdbesitzer der zweiten Stufe. Die Übertragung erfolgt durch Änderung des Besitzmittlungswillens des Zentralverwahrers nunmehr für eine andere depotführende Bank, die Urkunde im Fremdbesitz zu verwahren. Rechtlich handelt es sich aber um eine sachenrechtliche Übertragung gem. § 929 S. 1 BGB.

Faktisch wird hier keine Urkunde mehr vorgelegt oder auch nur bewegt, aber es gibt immer noch den Bezug auf ein Stück Papier. Das ist beim Security Token Offering aber anders. Es fehlt das „Stück Papier“ und damit eine klare rechtliche Grundlage, wie die Übertragung einer tokenisierten Schuldverschreibung rechtlich funktioniert.

Um diesen Mangel an gesetzlicher Regelung zu überbrücken, kann in den Bedingungen der Schuldverschreibung auch die Übertragbarkeit geregelt werden, z.B. dass eine Übertragung nur über die Blockchain und nicht außerhalb möglich ist. Ob eine solche Bedingung, sollte sie gerichtlich angegriffen werden, auch wirksam ist, ist nicht ganz sicher.

Rechtssicherheit könnte hier der Gesetzgeber schaffen, wenn tokenbasierte Wertpapiere verbrieften gleichgestellt würden. In diese Richtung geht der Vorschlag der vom Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz herausgegebenen Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token. Darin wird vorgeschlagen, diese Problematik durch ein blockchainbasiertes Register zu lösen, in dem elektronische Wertpapiere durch Eintragung in das Register entstehen und zum Beispiel durch eine gesetzliche Fiktion zu Sachen erklärt werden. Wer daran Interesse hat und sich zum interessierten Fachkreis zählt, kann noch bis 12. April 2019 eine Stellungnahme dazu bei den Ministerien abgeben.

 

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