Umsatzsteuerliche White Label Struktur: Bringt BFH-Urteil Rechtssicherheit für FinTechs?

Am 28.9.2017 ist die mündliche Verhandlung zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer sog. White Label Struktur beim BFH angesetzt. Hier erfahren Sie, worum es geht.

Am 28.9.2017 ist die mündliche Verhandlung zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer so genannten White Label Struktur beim Bundesfinanzhof (BFH V R 6/15) angesetzt.

White Label Struktur

Eine White Label Struktur zeichnet sich dadurch aus, dass drei Parteien involviert sind: ein FinTech, ein Finanzdienstleistungs-, Zahlungsdienste- oder E-Geld-Institut (kurz: Institute) und der Kunde. Das FinTech beauftragt das Institut, Zahlungen über Bankkonten, Kredit- und EC-Karte etc. (kurz: Zahlungsverkehrsleistungen) für den Kunden und das FinTech abzuwickeln. Ausschließlich Institute dürfen die aufsichtsrechtlich reglementierten Zahlungsverkehrsleistungen erbringen.

Hohe praktische Relevanz von White Label Strukturen

Die praktische Relevanz der White Label Struktur zeigt ein Blick in die Unternehmerdatenbank der BaFin. Daraus wird ersichtlich, dass kaum eines der deutschen FinTechs eine Bank-, Finanzdienstleistungs-, Zahlungsdienste- oder E-Geld-Lizenz besitzt, obwohl sie Produkte anbieten, die Zahlungsverkehrsleitungen umfassen.

Umsatzsteuerfreies Kundenentgelt der Institute

Die Zahlungsverkehrsleistung der Institute an den Kunden ist üblicherweise eine umsatzsteuerfreie Leistung im Zahlungs- und Überweisungsverkehr (§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG). Das bedeutet, dass das Institut von dem Entgelt ihrer Kunden keine Umsatzsteuer abführen muss.

Weitergabe des Kundenentgelts von den Instituten an das FinTech-Unternehmen ohne Umsatzsteuer?

Durch eine umsatzsteuerlich optimierte White Label Struktur soll das umsatzsteuerfrei vereinnahmte Entgelt der Institute ebenfalls ohne Abzug von 19% Umsatzsteuer an das FinTech-Unternehmen weitergegeben werden (in der Regel nach Abzug der Vergütung für das Institut). Ein Teil des Kundenentgelts verbleibt als Vergütung bei dem Institut.

Die Kehrseite der umsatzsteuerfreien Weitergabe des Kundenentgelts ist, dass die FinTechs die Umsatzsteuer auf bezogene Waren und Dienstleistungen für die Leistung im Zahlungsverkehr nicht als Vorsteuer abziehen können. Wirtschaftlich wiegt dieser Nachteil den Vorteil der umsatzsteuerfreien Vereinnahmung eines Teils des Kundenentgelts in aller Regel nicht auf.

Es ist also wichtig, dass das Kundenentgelt zum Teil von dem FinTech-Unternehmen umsatzsteuerfrei vereinnahmt werden kann. Gelingt es nicht, die Vertragsbeziehungen derartig auszugestalten und zu leben, entsteht den FinTechs ein Umsatzsteuerschaden.

Die umsatzsteuerfreie Weitergabe des Entgelts an das FinTech im Rahmen einer White Label Struktur kann grundsätzlich auf mehrere Wege erreicht werden. Derzeit gibt es keine Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs, die explizit die umsatzsteuerfreien Leistungen in einer solchen White Label Struktur bestätigen. Daher besteht insoweit Rechtsunsicherheit. Diese Rechtsunsicherheit könnte nun zumindest ein Stückweit durch ein derzeit anhängiges Gerichtsverfahren beseitigt werden.

Überprüfung des Urteils des Finanzgerichts Rheinland Pfalz durch den Bundesfinanzhof am 28.9.2017

Ein Geldautomatenbetreiber hat ein Institut eingeschaltet, um die aufsichtsrechtlich reglementierten Arbeiten im Rahmen des Betriebs von Geldautomaten zu erbringen. In einem Gerichtsverfahren beim Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat der Geldautomatenbetreiber argumentiert, dass die von ihm erbrachten Leistungen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerfreien Zahlungsverkehrsleistung erfüllen. Das FG Rheinland-Pfalz hat dem Geldautomatenbetreiber Recht gegeben und in seinem Urteil auf 42 Seiten (!) – wie wir meinen, überzeugend – ausgeführt, warum in dem vorliegenden Fall die Weitergabe des Entgelts an das FinTech-Unternehmen zu Recht umsatzsteuerfrei erfolgt. Das Finanzamt lässt nun dieses Urteil beim Bundesfinanzhof (BFH) überprüfen. Am 28. September 2017 ist dazu die Verhandlung beim BFH angesetzt. Je nachdem, wie der BFH entscheidet, sind bestehende White Label Strukturen umsatzsteuerrechtlich zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

In der umsatzsteuerlichen Fachliteratur werden die von dem Geldautomatenbetreiber in dem o.a. Verfahren vorgetragenen Argumente auch unter dem Stichwort bzw. in den Fällen des „Outsourcing“ diskutiert. Es gibt aber auch noch andere Wege, die umsatzsteuerfreie Weitergabe des Kundenentgelts an das FinTech zu gestalten. So kann beispielsweise das FinTech die Kunden an das Institut vermitteln.

Nach unserer Erfahrung versuchen jedoch die Finanzämter zunehmend, die umsatzsteuerfreie Weitergabe von Entgelten an die FinTech-Unternehmen im Rahmen von White Label Strukturen zu verhindern. Dadurch würden die Finanzämter eine Steuereinnahme von 19% aus dem Ertrag des FinTechs erzielen. Insofern ist auch in Zukunft mit weiteren gerichtlichen Entscheidungen zu rechnen.

Über den Ausgang der Verhandlung beim BFH und ggf. bei Finanzgerichten und deren Bedeutung für die White Label Strukturen werden wir berichten.

 

Titelbild / Cover picture: Copyright © PayTechLaw

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