In dieser Episode von PayTechTalk sprechen wir mit Maraja Fistanic und Dr. Thomas Altenbach zu den neuen Hinweisgeber- (Whistleblower-)Regelungen, die noch dieses Jahr in Deutschland gelten sollen.
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Ziel der Regelungen
Hinweisgeber sollen künftig EU-weit einheitlich besser geschützt werden. Die Hinweisgeber-Richtlinie, die einheitliche Standards vorschreibt, ist bereits in Kraft getreten und muss dieses Jahr in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Die neue Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern deckt viele Schlüsselbereiche des EU-Rechts ab. Das gilt z.B. sowohl für die Bekämpfung von Geldwäsche, den Datenschutz, den Schutz der finanziellen Interessen der Union, die Lebensmittel- und Produktsicherheit als auch für die Bereiche öffentliche Gesundheit, Umweltschutz und nukleare Sicherheit.
Ab dem 17. Dezember 2021 sollen sich Whistleblower auf sichere Kanäle zur Informationsweitergabe sowohl innerhalb von Unternehmen als auch gegenüber den Behörden verlassen können. Daher sollen bald folgende Regelungen gelten:
- Einrichtung von Meldekanälen innerhalb von Unternehmen und Verwaltungen: Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern werden verpflichtet, zuverlässig funktionierende anonyme Hinweisgeberlösungen einzurichten.
- Hierarchie der Meldekanäle: Hinweisgebern wird empfohlen, zunächst die internen Kanäle ihrer Organisation zu nutzen, bevor sie auf externe, von den Behörden eingerichtete Kanäle zurückgreifen. Aber auch dann, wenn sie sich sofort an externe Stellen wenden, behalten sie auf jeden Fall ihren Schutz.
- Zahlreiche Profile, die durch die neuen Vorschriften geschützt werden: Geschützt werden Personen mit den unterschiedlichsten Profilen, die Informationen über Verstöße im beruflichen Kontext erlangen könnten: Angestellte und Beamte auf nationaler oder lokaler Ebene, Freiwillige und Praktikanten, nicht geschäftsführende Mitglieder, Gesellschafter usw.
- Ein breiter Anwendungsbereich: Die neuen Vorschriften gelten für Bereiche wie die öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, die Verhütung von Geldwäsche, das Gesundheitswesen usw. Aus Gründen der Rechtssicherheit wurde der Richtlinie eine Liste mit allen erfassten EU-Rechtsinstrumenten angefügt. Die Mitgliedstaaten können bei der Umsetzung der Neuregelung über diese Liste hinausgehen.
- Unterstützung und Schutzvorkehrungen für Hinweisgeber: Mit den neuen Vorschriften werden Schutzvorkehrungen eingeführt, um Hinweisgeber vor Repressalien zu schützen, z. B. davor, suspendiert, herabgestuft oder eingeschüchtert zu werden. Auch ihre Unterstützer, etwa Kollegen und Angehörige, werden geschützt. Die Richtlinie enthält auch eine Liste unterstützender Maßnahmen, zu denen Hinweisgeber Zugang haben müssen.
- Rückmeldepflichten für Behörden und Unternehmen: Behörden und Unternehmen müssen innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren und diese weiterverfolgen (wobei für externe Kanäle diese Frist in ausreichend begründeten Fällen auf sechs Monate verlängert werden kann).
Hintergrund
Der Schutz von Hinweisgebern in der EU war bis dato nur uneinheitlich geregelt. Die meisten EU-Länder gewähren nur teilweisen Schutz in bestimmten Wirtschaftszweigen oder für gewisse Kategorien von Arbeitnehmern (in Deutschland bislang nur bei regulierten Instituten nach KWG und ZAG sowie Verpflichtete nach GwG).
Der Richtlinie wurde unterzeichnet und im Amtsblatt veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten haben bis Dezember diesen Jahres Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Weiterhin ermutigt die Europäische Kommission die einzelnen Mitgliedstaaten die Anwendungsbereiche bei der Umsetzung der Richtlinie auszudehnen. Damit soll ein umfassender und kohärenter Rechtsrahmen auf nationaler Ebene gewährleistet werden.
Weiterführende Informationen und Links
- Zusammenfassung des EU Rats
- Informationsseite zum Schutz von Whistleblowern
- Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern in der EU
- Häufig gestellte Fragen zum Schutz von Whistleblowern
- LegalTegrity
Mehr über Maraja Fistanic und Dr. Thomas Altenbach:
Dr. Thomas Altenbach
Thomas ist Gründer und CEO des LegalTech Startups LegalTegrity, der digitalen Hinweisgeberlösung für kleine und mittelständische Unternehmen. Neben seiner Tätigkeit für LegalTegrity ist Thomas Rechtsanwalt in der Wirtschaftskanzlei AC Tischendorf in Frankfurt a.M.. Zuvor war er langjährig bei der Deutschen Bank AG und der Daimler AG in deren Rechts- und Compliance-Abteilungen in unterschiedlichen Leitungsfunktionen tätig. Thomas zählt als Compliance-Spezialist zu den führenden Beratern für die Themen Compliance und Unternehmenshaftung, Konzeptionierung und Einführung von Compliance-Management-Systemen, Kartellrechts-Compliance und Implementierung von LegalTech-Tools mit künstlicher Intelligenz.
Maraja Fistanic, MBA
Maraja ist Gründerin und CMO von LegalTegrity. Zuvor war sie Geschäftsführerin eines europäischen Rechtsanwaltskanzleiverbunds und Projekt- und Marketing-Managerin einer Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt a.M. Mit ihrer Leidenschaft für Digitales absolvierte sie ihren MBA in Digital Transformation Management und fokussierte sich dabei auf den Erfolg von Geschäftsmodellinnovationen in Legal-Tech-Unternehmen.
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