Das 12. Sanktionspaket der EU wartet mit erweiterten und neuen Sanktionen gegen Russland auf. Neben des medienpräsenten Durchführverbots und den Berichtspflichten bei Geldtransfers, wurde das international von den G7 beschlossene Diamantenverbot durch den europäischen Gesetzgeber eingeführt. Erstmals wird zur Durchsetzung von Sanktionsmaßnahmen auf die Blockchain-Technologie zurückgegriffen.
Was ist das Diamantenverbot?
Das Diamantenverbot in Art. 3p VO 833/2014 verbietet seit dem 1. Januar 2024 die Einfuhr, den Kauf oder die Verbringung von Diamanten aus Russland, sei es mittelbar oder unmittelbar. Umfasst sind Diamanten mit Ursprung in Russland, für aus Russland ausgeführte und durch Russland durchgeführte Diamanten. Im Gegensatz zu den bisherigen Sanktionen sind auch die in anderen Drittländern als Russland verarbeiteten Diamanten verboten. Damit gibt es einen ersten Schritt der EU zur Bekämpfung der Sanktionsumgehung.
Regulatorisch wird dafür schrittweise, im Zeitraum vom 1. März 2024 bis zum 1. September 2024, ein indirektes Einfuhrverbot für in Drittländern verarbeitete natürliche und synthetische Diamanten verhängt, dass zunächst ab 1 Karat und dann ab 0.5 Karat gilt.
Auch die G7-Staaten und der europäische Gesetzgeber sind sich – wie die Leser – bewusst, dass die Intention dieser Sanktion zwar wohlüberlegt und bei Beachtung des vier Milliarden Euro schweren russischen Diamantensektors notwendig ist, jedoch sich in der Durchsetzbarkeit erhebliche Schwierigkeiten finden. Altbekannte Methoden, wie Lizenz- oder Urkundenausstellungen in Papierform oder digitale Zertifikate, die eine vermeintliche Herkunft der Diamanten bescheinigen sollen, sind angesichts der stetig wachsenden Cyberkriminalität schlichtweg nicht vertrauenswürdig.
Distributed Ledger Technologie – Retter in der Not?
Um eine wirksame Durchsetzung zu ermöglichen, ist von den G7 ein geeigneter Rückverfolgungsmechanismus geplant, das sog. G7 Certification Scheme. Dieses soll auf Grundlage eines blockchain-basierten G7 Ledgers erfolgen – ein Novum.
Die DLT ist bereits aufgrund des dezentralen Netzwerks und der Transparenz durch die für jedermann einsehbare Chain, ein anerkannt sicheres und manipulationsfreies System. Bisher beschränkte sich die Nutzung jedoch auf private Projekte, nun wird es als ein regulatorisch vorgeschriebenes Mittel zur Sanktionsdurchsetzung im internationalen Rahmen eingesetzt. Begründet wird dies vor allem mit der Sicherheit und Unabhängigkeit des Systems. Zusätzlich wird wohl auch die schnelle und effektive Implementierung des Systems ein ausschlaggebender Faktor sein. Beschlossen wurde das Diamantenverbot im Dezember 2023 und eingesetzt wird es nach einer Pilotphase ab dem 1. März 2024 zum 1. September 2024.
Funktionsweise des G7-Ledgers
Nach der Veröffentlichung des Sanktionspakets lieferte die EU-Kommission ein erstes FAQ zur Einhaltung der Diamantensanktion. Weitere Beschreibungen veröffentlichte auch das US-Konsulat in Botswana, dem zweitgrößten Diamantenproduzenten der Welt.
Die praktische Anwendung des Rückverfolgungsmechanismus wird im Wesentlichen folgendermaßen beschrieben:
- Die Identitätsinformationen eines Rohdiamanten werden entweder am Exportstandort des produzierenden Landes oder an den G7-Importknoten (Node) registriert.
- Der Rohdiamant wird nach Zusendung an dem G7-Importknoten, unter anderem mit einer physischen Prüfung, verifiziert. Bei erfolgreicher Verifizierung wird das G7-Zertifikat erstellt und dem G7-Ledger hinzugefügt.
Der erste G7-Importknoten wird in Antwerpen, Belgien errichtet und nach der Einführung, Testphase und Perfektionierung, werden weitere Importknoten erwägt. In Antwerpen soll die Behörde zur Verifizierung der Diamanten in der bestehenden Behörde sitzen, die Federal Public Service Economy at the Diamond Office.
Fazit
Der von der G7 initiierte Einsatz des DLT im Kampf gegen die Umgehung von Sanktionen verdeutlicht die Vorteile des Systems, auf die nun auch Staaten setzen. Es ist davon auszugehen, dass es nicht bei der Verifizierung von Diamanten bleibt, sondern im Rahmen von Sanktionen vielfältig eingesetzt wird. Ein Startschuss für den Einzug von DLT-Systemen in das staatliche Regulierungsportfolio kann daraus zwar nicht abgeleitet werden, aber es liefert ein erstes Praxisbeispiel, dessen Erkenntnisgewinn entscheidend sein kann.