Viele Verbraucher/innen sind gerade beim Thema Inkasso überfordert und wissen nicht, welche Mahn- bzw. Inkassokosten sie tragen müssen, wenn sie in Zahlungsverzug geraten. Die Kosten eines vom Gläubiger beauftragten Inkassodienstleisters bzw. einer beauftragten Rechtsanwältin/ eines beauftragten Rechtsanwalts treffen den säumigen Schuldner daher manchmal überraschend. Dies stellte unlängst das Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz fest und lieferte im September 2019 mit einem Referentenentwurf eine vermeintliche Lösung.
Zum vollständigen Text des Referentenentwurfs geht es hier.
Der Referentenentwurf, der den Verbraucherschutz im Inkassorecht u.a. mittels einer Belehrungsobliegenheit verbessern soll, lässt jedoch eine entscheidende und äußerst praxisrelevante Frage offen…
Referentenentwurf sieht Neufassung des § 288 BGB vor
Bislang bildet die aktuelle Fassung des § 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Grundlage dafür, dass nach Verzugseintritt entstandene vorprozessuale Mahnkosten als Verzögerungsschaden zu ersetzen sind. Vorprozessuale Mahnkosten können zum einen die Kosten sein, die anfallen, wenn der Gläubiger den Schuldner selbst mahnt (dann sind u.a. Druck- und Portokosten zu ersetzen); zum anderen können hierunter auch Kosten für das Inkasso oder die anwaltliche Beauftragung fallen. Bis dato bestehen in diesem Zusammenhang keine Belehrungsobliegenheiten für den Gläubiger.
Der Referentenentwurf sieht nunmehr eine Ergänzung in § 288 Abs. 4 BGB-E vor, nach der Verbraucher/innen über die Rechtsfolgen des Verzugs informiert werden müssen. Demnach wären die durch die Beauftragung einer Rechtsanwältin /eines Rechtsanwalts bzw. eines Inkassodienstleisters entstandenen Kosten eines Unternehmers gegenüber einem Verbraucher nur ersatzfähig, wenn der Gläubiger den Schuldner auf die mögliche Ersatzpflicht hingewiesen hat. Der Hinweis muss klar und verständlich in Textform und leicht erkennbar erteilt werden und zwar rechtzeitig vor Eintritt des Verzugs oder mit oder nach Eintritt des Verzugs unter Setzung einer angemessenen Frist zur Leistung. Die Verbraucher/innen sollen also vor Eintritt des Verzuges über die möglichen wirtschaftlichen Folgen der Nichtleistung aufgeklärt werden. Soviel scheint klar: „Verschläft“ der Gläubiger die Erteilung des Hinweises, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Inkasso.
Ob diese Wertung angemessen ist, wird in den Stellungnahmen der betroffenen Verbände (naturgemäß) unterschiedlich beurteilt. So hält etwa die Bundesrechtsanwaltskammer die Hinweispflicht für einseitig und unverhältnismäßig, weil sie den sich nicht rechtstreu verhaltenden Schuldner privilegiere. Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände vertritt hingegen die Auffassung, dass der Referentenentwurf nicht weit genug ginge und fordert, dass die Gläubiger verpflichtet werden, Verbraucher/innen mindestens einmal selbst zu mahnen und auf das bevorstehende Inkasso sowie die entsprechende Kostenfolge hinzuweisen.
Unklarheiten im Referentenentwurf
Unklar bleibt jedenfalls nach überwiegender Meinung, in welcher Form der Hinweispflicht nach § 288 BGB-E genüge getan werden kann. Gemäß den Ausführungen des Referentenentwurfs, kann ein entsprechender Hinweis mittels eines „Textbausteins“ im Vertragsdokument, in vorvertraglichen Informationen oder in der Rechnung aufgenommen werden. Dementsprechend scheint ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zulässig. Allerdings fordert § 288 Abs. 4 BGB-E ausdrücklich, dass der Hinweis „leicht erkennbar“ sein muss. Wie dieses Tatbestandsmerkmal konkret zu verstehen ist, bleibt unklar. Sofern man – wie etwa bei der Widerrufsbelehrung – eine Abhebung vom übrigen Text fordern will, wäre die Belehrungsobliegenheit durch einen Hinweis in AGB nicht erfüllt. Nachdem bereits einige der betroffenen Verbände in ihren Stellungnahmen auf diese Unklarheit hingewiesen haben, bleibt abzuwarten, ob es eine diesbezügliche Klarstellung geben und wie diese dann ausfallen wird.
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