Grenzüberschreitender Vertrieb von Fonds | ESMA-Leitlinien zu Marketing-Anzeigen

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Am 27. September 2021 hat die BaFin bekanntgegeben, dass sie die von der ESMA am 2. August 2021 veröffentlichten Leitlinien zu Marketing-Anzeigen gemäß der 2019 veröffentlichten Verordnung über den grenzüberschreitenden Vertrieb von Fonds anwendet.

 

1. Was und wen regulieren die ESMA-Leitlinien?

Die Leitlinien richten sich an Fondsverwaltungsgesellschaften und präzisieren die in Art. 4 der Verordnung festgelegten Anforderungen an Marketing-Anzeigen innerhalb des europäischen Finanzsystems.

Anders als es vielleicht die Bezeichnung der ESMA-Leitlinien auf den ersten Blick vermuten lässt, geht es nicht nur um grenzüberschreitendes Marketing, sondern um jegliches Marketing, sowohl nicht-öffentlicher als auch öffentlicher Natur, im Hinblick auf OGAW als auch AIF. Die Leitlinien führen Beispiele für Marketing-Anzeigen auf, aus denen deutlich wird, dass der Begriff sehr weit auszulegen ist und im Zweifel alle Materialien erfasst. Ausgenommen werden lediglich rechtliche und regulatorisch vorgeschriebene Dokumente und Informationen – z.B. Prospekt, wesentliche Anlegerinformationen (WA), Basisinformationsblatt (BIB), periodische Berichte, Fondsverträge –, Unternehmensmitteilungen, Kurzmitteilungen ohne Fondsbezug sowie Informationen oder Mitteilungen im Zusammenhang mit Pre-Marketing.

 

2. Wesentliche Regelungen

Im Folgenden werden auszugsweise einige der in den Leitlinien niedergelegten Anforderungen vorgestellt.

a) Kenntlichmachung von Marketing-Anzeigen

Marketing-Anzeige sind als solche kenntlich zu machen, was grundsätzlich durch einen Hinweis mit dem Begriff „Marketing-Anzeige“ an gut erkennbarer Stelle zu erfolgen hat. Flankiert werden sollte der Hinweis mit einem eindeutig erkennbaren Haftungsausschluss, es sei denn dies wäre angesichts Format und Länge der Marketing-Anzeige unangemessen. Übermäßige Verweise auf Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen grundsätzlich vermieden werden.

b) Vergleichbar deutliche Beschreibung von und Informationen über Risiken und Chancen

Werden in Marketing-Anzeigen mögliche Vorteile beworben, müssen auch die damit einhergehenden Risiken inhaltlich und formell vergleichbar deutlich und zusammen dargestellt werden. Eine Darstellung der Risiken in einer Fußnote und/oder im Kleingedruckten ist unzulässig.

Die im BIB oder in den WA verwendete Risikoklassifizierung ist auch in der Marketing-Anzeige zu verwenden.

Die in den rechtlich bzw. regulatorisch vorgeschriebenen Informationsdokumenten dargestellten Risiken sollten auch in den Marketing-Anzeigen wiedergegeben werden.

c) Fairer, eindeutiger und nicht irreführender Charakter

Marketing-Anzeigen müssen für die Zielgruppe verständlich sein und mit anderen vorliegenden Dokumenten übereinstimmen. Beim Marketing gegenüber Privatanlegern sind bestimmte Zusatzanforderungen zu erfüllen.

Aussagen sind zu begründen und Quellen zu zitieren.

Vergleiche mit anderen Fonds sind grundsätzlich auf vergleichbare Fonds, d.h. Fonds mit ähnlicher Anlagepolitik und ähnlichem Risiko- und Ertragsprofil zu beschränken.

d) Informationen über Kosten

Wird auf Kosten verwiesen, ist zu erläutern, wie diese sich auf den Anlagebetrag und die Rendite auswirken.

e) Darstellung der Wertentwicklung

Informationen über die frühere Wertenwicklung sollten auf historischen Daten beruhen, der Bezugszeitraum und die Datenquelle angegeben sowie die Marketing-Anzeige mit einem Disclaimer versehen werden. Bei Fonds, für die wesentliche Anlegerinformationen (key investor information document – KIID) erstellt werden, sind die vorangegangenen 10 Jahre, im Übrigen 5 Jahre offenzulegen, wobei die Offenlegung auf Zeiträumen von vollen 12 Monaten zu erfolgen hat. Eine Ergänzung für das laufende Jahr ist zulässig. Die Angabe einer auf Simulationen beruhenden früheren Wertentwicklung ist nur einschränkt zulässig.

Auch an die Darstellung der künftigen Wertentwicklung werden zahlreiche Anforderungen gestellt, so etwa die Offenlegung der Wertentwicklung für einen Zeithorizont, der mit dem empfohlenen Anlagehorizont übereinstimmt, die Aufnahme eines Disclaimers und bei börsengehandelten Fonds die Angabe der Börsen, an denen der Fonds gehandelt wird.

f) Informationen über nachhaltigkeitsrelevante Aspekte

Bei Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug ist ein Link auf die Webseite, auf der die entsprechenden Informationen gemäß der Verordnung 2019/2088 (Offenlegungsverordnung/SFDR) hinterlegt sind, aufzunehmen. Informationen über die nachhaltigkeitsbezogenen Aspekte sollten nicht das Maß überschreiten, in dem nachhaltigkeitsrelevante Eigenschaften oder Ziele zur Anlagestrategie des Fonds gehören. Somit dürfte eine Marketing-Anzeige, die nur die Nachhaltigkeitsaspekte eines Fonds beleuchtet, obwohl dieser nicht ausschließlich nachhaltig ist, unzulässig sein.

g) Öffentliches Marketing zu genehmigungspflichtigen Fonds erst nach erteilter Genehmigung

Auf einen Fonds, der genehmigt werden muss, darf erst in einer öffentlichen Marketing-Anzeige verwiesen werden, nachdem die Genehmigung erfolgt ist.

h) Parallelen zur MaComp

Die Parallelen zu BT 3.3 MaComp (Darstellungsvorschriften für an Privatkunden und professionelle Kunden gerichtete Informationen) sind nicht zu übersehen. Auch dort wird eine ausgeglichene Darstellung der Chancen und Risiken und bzgl. der Wertentwicklung grundsätzlich die Angabe eines Mindestzeitraums und in Jahresabschnitten gefordert. Soweit sich Verwaltungsgesellschaften also bereits bisher aus best practice-Gründen sich an der MaComp orientieren, sollte sich ihr durch die Leitlinien ausgelöster Umsetzungsaufwand in Grenzen halten.

i) Sanktionen

Bei Verstößen gegen Art. 4 der Verordnung drohen Bußgelder von bis zu 200.000 EUR. Diese Sanktionsmöglichkeit wurde durch das Fondsstandortgesetz im KAGB verankert und wird mit Inkrafttreten der ESMA-Leitlinien massiv an Bedeutung gewinnen, da Art. 4 der Verordnung keine genaueren Vorgaben enthält und diese nun erst mit den Leitlinien wirklich greifbar wurden.

 

3. Inkrafttreten und Ausblick

Die Leitlinien treten sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung in allen Amtssprachen auf der Webseite der ESMA in Kraft, d.h. Anfang Februar 2022. Viel Zeit bleibt damit nicht mehr, um sicherzustellen, dass Marketing-Anzeigen künftig den Anforderungen der Leitlinien genügen. Die Leitlinien äußern sich nicht dazu, ob zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Marketing-Anzeigen Bestandsschutz genießen. Insbesondere da der zugrundeliegende Art. 4 der Verordnung bereits länger anwendbar ist und die Leitlinien diesen nur konkretisieren, dürfte dies nicht der Fall sein. Insoweit sollte also noch zusätzlicher Umsetzungsbedarf auf die Verwaltungsgesellschaften zukommen.

 

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