EBA’s Report on Tokenised Deposits

EBA’s Report on Tokenised Deposits 1

Am 12. Dezember 2024 hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – „EBA“) ihren „Report on tokenised deposits“ veröffentlicht („EBA-Report“).[1] Der EBA-Report beleuchtet innovative Entwicklungen, insbesondere die Abbildung von Bankeinlagen auf Basis der sog. Distributed-Ledger-Technologien („DLT“) und vergleicht sie mit ähnlichen Produkten wie E-Geld-Token (EMT) In einer Zeit, in der die Digitalisierung des Finanzwesens rasant voranschreitet, bietet dieser EBA-Report wertvolle Einblicke in die Chancen und Herausforderungen von „Bank“-Geld (bekannt als Buchgeld oder Giralgeld) auf Basis der DLT („tokenisiertes Giralgeld“) und deren regulatorischer Einordnung. Dieser Artikel analysiert die wesentlichen Aspekte des EBA-Reports und zeigt Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen E-Geld-Token und tokenisiertem Giralgeld auf.

Einführung

Seit der Verabschiedung der Markets in Crypto-Assets Regulation („MiCAR“) werden tokenisierte (d.h. auf DLT basierte) Werte, die auch als Zahlungsmittel genutzt werden können, EU-weit einheitlich geregelt (E-Money-Token und Asset-Referenced-Token, sog. „Stablecoins“). Ob auch weitere „Zahlungsmittel“ wie tokenisiertes Giralgeld von der MiCAR (mit-)geregelt wird, ist umstritten. Dabei stellt sich vor allem eine zentrale Frage, die wie der sprichwörtliche Elefant im Raum steht und u.E. bislang nicht (zufriedenstellend) beantwortet wurde:  Was ist eigentlich der Unterschied zwischen tokenisiertem Giralgeld[2] („CBMT“)[3] und E-Money-Token („EMT“)[4]?

Wenn ein Kreditinstitut das („zentral-kontenbasierte“) Giralgeld auf DLT-Basis (und damit „dezentral-kontenbasiert“) anbietet, handelt es sich dann immer noch um eine (Sonderform? der) „Einlage“ im Sinne des Art. 2 Abs. 4 b) MiCAR, die vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgeschlossen ist?

Die inhaltsgleiche Frage der Abgrenzung stellt sich auch beim herkömmlichen E-Geld, das – im Gegensatz zum Giralgeld – unterschiedliche Gestaltungen kennt. Das E-Geld kann dabei zentral gespeichert werden entweder auf (i) Inhaberinstrumenten („token-based“) oder (ii) auf Servern des E-Geld-Emittenten („account-based“). Ist herkömmliches E-Geld, das nur mittels DLT herausgegeben und für Zahlungen genutzt wird, automatisch ein E-Geld-Token, auch wenn keine Wertstabilität durch Bezugnahme auf eine amtliche Währung angestrebt wird? Zumindest für den E-Geld-Token („EMT“) hat sich der EU-Gesetzgeber aufsichtsrechtlich für einen (systemfremden!) Weg entschieden, wonach E-Geld-Token nach dem Titel IV (Art. 48 ff.) der MiCAR geregelt wird und dieser wiederum partiell auf die E-Money-Directive 2 verweist. Ob dieser Ansatz auch für die aufsichtsrechtliche Einordung von tokenisiertem Giralgeld gelten soll, ist umstritten.

EBA-Report zu Tokenised Deposits (& Abgrenzung zu EMT)

Der EBA-Report widmet sich der Tokenisierung von Einlagen durch Kreditinstitute. Dabei wird zunächst klargestellt, was unter Tokenisierung im Zusammenhang mit Vermögenswerten zu verstehen ist, nämlich der Prozess der Darstellung von Rechten in digitaler Form unter Verwendung der DLT oder ähnlicher Technologien. Dabei können die Token direkt in der DLT („on-chain“) abgebildet werden (sog. native tokens)[5] oder außerhalb der DLT („off-chain“) (sog. non-native tokens)[6]. Als „tokenised deposit“ bezeichnet die EBA die Tokenisierung einer Einlage, d.h. die Aufzeichnung der Forderung eines Einlageninhabers gegenüber dem Kreditinstitut auf Basis der DLT.

Ziel des EBA-Reports ist neben der Darstellung von Chancen und Herausforderungen von tokenised deposits u.a. auch die Festlegung von: „indicative characteristics that may be used to distinguish tokenised deposits from EMTs issued by credit institutions under MiCAR“.

Key-Takeaways…

  • Nach Art. 2 Abs. 4 b) MiCAR sind Einlagen im Sinne des Art. 3 der Einlagensicherungsrichtlinie (Richtlinie 2014/49/EU) vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgeschlossen. Die EBA stellte bereits fest, dass eine Definition des Begriffs „Einlage“ für die Zwecke der CRR/CRD fehlt (und verweist auf ihre Veröffentlichungen von 2014 und 2020)[7].
  • Die EBA räumt auch mit dem – auch in Deutschland weit verbreiteten – Missverständnis auf, dass Kreditinstitute nur Giralgeld und E-Geld-Institute nur E-Geld herausgeben. Freilich können auch Kreditinstitute E-Geld herausgeben,[8] sodass die EBA in dem Report auch die Herausgabe beider Produkte (CBMT und EMT) durch ein Kreditinstitut thematisiert.
  • Die EBA klassifiziert unterschiedliche Modelle von „tokenised deposits“ in (i) „account-based“ und (ii) „token-based“.
    • Die meisten der EBA bekannten Fälle von „tokenised deposits“ sind „account-based“, d.h. die Forderung des Einlageninhabers wird auf der DLT erfasst und ist mit dessen Bankkonto verknüpft, sodass die „tokenisierte Einlage“ nicht (wie z.B. ein Inhaberinstrument) auf eine andere Person (die zumindest nicht auch bei derselben Bank ein Konto hält) übertragen werden kann.
    • Das „token-based“ Modell ähnelt in der Ausgestaltung einem Inhaberinstrument, wonach die Übertragung (besser Weitergabe) des Tokens von einer Person auf eine andere Person direkt möglich ist. Die EBA stellt fest, dass das „token-based“ Modell aufsichtsrechtlich noch geprüft und entsprechend eingeordnet werden müsste. Der EBA-Report beschäftigt sich nur mit dem „account-based“ Modell.
  • Eine Herausforderung stellt die Abgrenzung zwischen CBMT und E-Geld-Token dar, da beide eine Forderung gegenüber dem herausgebenden Kreditinstitut beinhalten.
  • Die EBA stellt tabellarisch die Eigenschaften von CBMT und E-Geld-Token gegenüber (vgl. Annex 1 zu diesem Beitrag). Dabei geht die EBA von einem „account-based“ Giralgeldtoken aus („account-based“ CBMT) und stellt diesem einen E-Geld-Token gegenüber, der nur als Inhaberinstrument („bearer instrument“) ausgestaltet ist (und damit „token-based“).

Diese Annahme schließt damit folgende Fälle aus:

  • Token-based CBMTs (im Gegensatz zu „account-based“ CBMTs) &
  • Account-based EMTs (im Gegensatz zu “token-based” EMTs, d.h. als “bearer instruments”).

… und weitere Unklarheiten

Wieso die EBA in ihrer Tabelle lediglich die „account-based“ CBMTs den „token-based“ EMTs als „bearer instruments“ gegenüberstellt, bleibt unklar. Hier stellen sich einige Fragen:

  • Ist das „bearer instrument“ nur dem EMT vorbehalten?
  • Was wäre, wenn z. B. PayPal sein „account-based“ E-Geld auf Basis der DLT (z.B. die Blockchain) herausgibt? Scheidet dann eine Einordnung als EMT aus?
  • Und: Wie ist ein „token-based deposit“ einzuordnen? Handelt es sich weiterhin um ein CBMT (wohl ja?) oder ist dann doch ein EMT anzunehmen (wohl nein?)? Fraglich ist dann, ob bei einem „token-based deposit“ dann eventuell herkömmliches E-Geld (als „bearer instrument“, d.h. „token-based“) anzunehmen wäre? Die EBA stellt immerhin klar, dass erst noch eine sorgfältige Prüfung der aufsichtsrechtlichen Einordnung vorzunehmen wäre.[9]
  • Die EBA macht es sich durch den Vergleich account-based (CBMT) vs. token-based (EMT) relativ einfach. Mehrere in der EBA-Tabelle gelistete Unterschiede beruhen genau auf diesen unterschiedlichen Eigenschaften zwischen „account-based“ und „token-based“. Beispiel:
    • Bei einem account-based CBMT wird eine kontinuierliche Vertragsbeziehung zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden (Einlageinhaber) angenommen. Im Falle des token-based EMT fehle dies jedoch, da dies dem Inhaberinstrument immanent sei. Diese EBA- Ansicht steht im Einklang mit der „neuen“ Interpretation der EBA zur Definition von E-Geld.[10] Die E-Geld-Zahlung setzt demnach eine Übertragung des „monetary assets“ voraus. Das stellt die EBA auch für EMT klar, wenn sie im EBA-Report auf Seite 18 ausführt: „EMTs are transferable private liabilities to other prospective holders, without altering the claim on the issuing credit institution“. Mit der Übertragung entsteht eine vertragliche Beziehung des neuen E-Geld-Inhabers zum Herausgeber (E-Geld-Emittenten). Eine „continuous contractual relationship“ zwischen dem Herausgeber und dem vorherigen E-Geld-Inhaber ist demnach nicht gegeben.
    • So eignet sich ein EMT auch als „settlement asset“, weil es in einem Zahlungsvorgang als Inhaberinstrument übertragen wird. Bei einem CBMT – so die Argumentation der EBA – wird die Forderung des Zahlers gegen seine Bank nicht übertragen, sondern der Zahlungsempfänger erhält eine Forderung gegen seine Bank und zum Ausgleich und Settlement findet parallel eine Interbank-Zahlung statt.[11]
    • Offenbar geht die EBA beim account-based CBMT von einer sog. Multi-Issuer-Konstellation aus. Im Falle eines Single-Issuers (proprietärer Blockchain bzw. geschlossenes Kontensystem) müsste dann im Umkehrschluss auch beim account-based CBMT die Eigenschaft als „settlement asset“ zu bejahen sein.

Fazit

Die EBA widmet sich einem für die Praxis brandaktuellen Thema und gibt mit dem EBA-Report erste Einblicke einer Aufsichtsbehörde wieder, die sich den schwierigen Fragen zur Abgrenzung zwischen tokenisiertem Giralgeld und E-Geld-Token (zumindest ansatzweise) stellt. Leider werden nicht alle Konstellationen beleuchtet, da die EBA bewusst die Modelle account-based EMT sowie token-based CBMT ausgeklammert. Dies mag dem Irrglauben geschuldet sein, dass die EBA von einer bislang (noch) geringen Marktpräsenz und Nachfrage von „tokenisierten Einlagen“ ausgeht. Dies mag möglicherweise daran liegen, dass noch eine erhebliche Rechtsunsicherheit herrscht, d.h. würde es mehr Rechtssicherheit geben, würde es sicherlich auch mehr CBMT auf dem Markt geben. Darauf basierend sieht die EBA derzeit (noch) keinen Handlungsbedarf, um aufsichtsrechtliche Unklarheiten zu beseitigen.

[1] The EBA assesses potential benefits and challenges of tokenised deposits | European Banking Authority

[2] Häufig benutzte Synonyme: tokenised deposit, Giralgeldtoken oder Commercial Bank Money Token („CBMT“).

[3] CBMTs können sowohl „account-based“ als auch „token-based“ ausgestaltet werden.

[4] EMTs können sowohl „account-based“ als auch „token-based“ ausgestaltet werden.

[5] Native Token beziehen sich auf Token, die auf einer DLT ausgegeben, gespeichert und übertragen werden können, die aber keine Rechte in Bezug auf materielle und/oder immaterielle Vermögenswerte oder Dienstleistungen außerhalb der DLT darstellen, vgl. EBA-Report, S. 6.

[6] Non-native Token sind Token, die Rechte in Bezug auf materielle und/oder immaterielle Vermögenswerte oder Dienstleistungen darstellen, die außerhalb der DLT existieren, vgl. EBA-Report, S. 6.

[7] Vgl. EBA Report to the European Commission on the perimeter of credit institutions established in the Member States, November 2014 und Opinion on matters relating to the perimeter of credit institutions, November 2014 und EBA Opinion on elements of the definition of credit institution under Article 4(1), point 1, letter (a) of Regulation (EU) No 575/2013 and on aspects of the scope of the authorisation, September 2020.

[8] Vgl. auch unseren Beitrag „Giralgeld vom Kreditinstitut und E-Geld (nur) vom E-Geld-Institut?“, abrufbar unter https://paytechlaw.com/giralgeld-vom-kreditinstitut-e-geld-vom-institut/

[9] Vgl. EBA-Report, Seite 14, „careful assessment against the applicable regulatory framework, and to determine its appropriate regulatory classification“.

[10] Vgl. unseren Blog-Beitrag „EBA konkretisiert E-Geld-Definition“, abrufbar unter https://paytechlaw.com/eba-konkretisiert-e-geld-definition-was-bedeutet-das-fuer-die-praxis/

[11] Vgl. auch EBA-Report, Seite 18 Rz. 40.

 

EBA’s Report on Tokenised Deposits 2



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