Holding-Gesellschaften, die an der Spitze einer Gruppe stehen, die von der Aufsichtsbehörde auf zusammengefasster Basis beaufsichtigt wird, können nun nach dem KWG selbst eine schriftliche Zulassung durch die Aufsichtsbehörde benötigen. Das ist der Fall, wenn sie sog. Mutterfinanzholding-Gesellschaften oder gemischte Mutterfinanzholding-Gesellschaften darstellen.
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1. Wen betrifft die Zulassungspflicht?
Ende Januar überschlugen sich die einschlägigen Zeitungen der FinTech- und Finanzbranche mit der Nachricht, dass die BaFin die innovative Digital-Bank N26 stärker regulieren bzw. beaufsichtigen will. Nicht nur die eigentliche Bank, sondern auch die übergeordnete N26 GmbH solle nun unter der Aufsicht der BaFin stehen. Denn diese sei als Finanzholding einzustufen. Doch was genau ist eine Finanzholding und was sind die Folgen dieser Einstufung?
Zentrale Regelung im deutschen Recht ist hierbei zunächst die Vorschrift des § 2f KWG, die durch das sog. Risikoreduzierungsgesetz vom 9.12.2020 eingefügt wurde. Dieser wiederum dient der Umsetzung des Artikels 21a CRD V und etabliert die Zulassungspflicht für Finanzholding-Gesellschaften oder gemischte Finanzholding-Gesellschaften an der Spitze einer aufsichtsrechtlichen Gruppe.
Die gesetzgeberische Überlegung hinter der Neuregelung ist, dass in bestimmten Gruppenstrukturen eine Beaufsichtigung auf Ebene des nicht lizenzierten Mutterunternehmens sinnvoller sein kann als die bloße Aufsicht auf Ebene des lizenzierten Instituts. Also wurde geregelt, dass solche Gesellschaften eine entsprechende Zulassung hierfür von Seiten der für die Beaufsichtigung der Gruppe zuständigen Aufsichtsbehörde benötigen – in Deutschland ist dies die BaFin.
Bislang war es so, dass nur ein selbst reguliertes CRR-Institut für eine gruppenweite Einhaltung von gewissen aufsichtsrechtlichen Pflichten verantwortlich zeichnete, wenn es selbst an der Spitze einer Gruppe stand.
Die ersten zwei Absätze des neuen § 2f KWG etablieren entsprechend zunächst die Zulassungspflicht einer solchen Finanzholding (da sie im Regelfall gerade nicht bereits reguliert ist) und regeln dann, welche Informationen bei welcher Stelle einzureichen sind.
Der Absatz 3 regelt dann die Kriterien, die von der Gesellschaft erfüllt sein müssen, damit eine entsprechende Zulassung auch tatsächlich erteilt werden kann.
2. Was ist eine Finanzholding-Gesellschaft?
Doch welches Unternehmen an einer Gruppenspitze qualifiziert nun als eine solche Finanzholding? Früher stand die Definition der Finanzholding im KWG selbst. Seit dem CRD-IV-Umsetzungsgesetz findet sie sich nun wieder auf europäischer Ebene – und zwar in der der sog. Kapitaladäquanzverordnung (CRR). Hiernach ist eine Finanzholding
- ein Finanzinstitut (ebenfalls im Sinne der CRR),
- das wiederum keine gemischte Finanzholding ist und
- dessen Tochterunternehmen ausschließlich oder wenigstens hauptsächlich Institute oder Finanzinstitute sind,
- wobei mindestens eines dieser Tochterunternehmen ein Institut ist.
Damit kommt es bei dieser verschachtelten Definition auch auf die Definitionen des Finanzinstituts sowie des Instituts und der gemischten Finanzholding an. Diese richten sich wiederum nach diversen europäischen Regelwerken und lassen sich – vereinfacht – wie folgt zusammenfassen:
- Finanzinstitut ist ein Unternehmen, das kein Institut ist und dessen Haupttätigkeit darin besteht, Beteiligungen zu erwerben.
- Institut ist ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma.
- Gemischte Finanzholding ist ein nicht der Aufsicht unterliegendes Mutterunternehmen, das zusammen mit seinen Tochterunternehmen, von denen mindestens eines ein beaufsichtigtes Unternehmen mit Sitz in der Gemeinschaft ist, und anderen Unternehmen ein Finanzkonglomerat bildet. Das Finanzkonglomerat wiederum ist eine Unternehmensgruppe, die unterschiedliche Finanzdienstleistungsunternehmen (z. B. Banken und Versicherungsunternehmen) unter einem Dach vereint.
Sehr stark vereinfacht ließe sich also sagen, dass eine Finanzholding-Gesellschaft ein Unternehmen einer Gruppe ist,
- das vorrangig Beteiligungen erwirbt und
- deren Tochtergesellschaften wenigstens hauptsächlich selbst regulierte Institute sind oder ihrerseits hauptsächlich Beteiligungen erwerben, unter anderem von regulierten Instituten.
Spannend ist hierbei, dass das Kriterium „hauptsächlich“ sich nicht (nur) numerisch daran bemisst, ob die Mehrzahl der Tochterunternehmen selbst lizenziert sind, sondern, dass es auch auf eine wirtschaftliche Betrachtung ankommt, mithin darauf, welche Relevanz das Geschäftsvolumen der Institute unter den Tochterunternehmen (aufgrund der Beteiligung) auf die Bilanz der Holdinggesellschaft hat.
Gleichzeitig darf es kein Finanzkonglomerat im obigen Sinne darstellen. Schließlich ist erforderlich, dass es zu einer konsolidierten Beaufsichtigung kommt.
3. Zulassungsvoraussetzungen und Ausnahme
Ein Blick in die angeforderten Unterlagen für den Zulassungsantrag nach § 2f Absatz 2 KWG zeigt, dass diese sich nicht wesentlich unterscheiden von den Anforderungen für eine Lizenzierung nach § 32 KWG, welcher wiederum für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen gilt.
So muss der Antrag vor allem folgendes enthalten:
- eine vollständige Darstellung des organisatorischen Aufbaus der Gruppe – mit eindeutiger Angabe aller Mutter- und Tochterunternehmen sowie Informationen über Sitz und Art der Tätigkeit der einzelnen Unternehmen der Gruppe,
- alle Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung der Geschäftsleiter erforderlich sind (sog. Fit und Proper-Verfahren),
- eine vollständige Darstellung der internen Organisation und der Aufgabenverteilung innerhalb der Gruppe,
- sofern Teil der Gruppe auch ein CRR-Kreditinstitut ist, auch umfassende Angaben zu den sog. „bedeutenden Beteiligungen“ (entspricht ungefähr Beteiligungen über 10 %).
Insbesondere wird sich zeigen, auf welche Kenntnisse und Erfahrungen die Aufsichtsbehörden bei der Beurteilung der Sachkunde abstellen. Die gleiche Erfahrung, wie sie bei Geschäftsleitern von Instituten vorausgesetzt wird, kann hier sinnvollerweise nicht verlangt werden.
Die BaFin wird die Zulassung nur erteilen, wenn die internen Vereinbarungen und die Aufgabenverteilung innerhalb der Gruppe geeignet sind, alle Tochterunternehmen zu steuern, (Interessen-)Konflikte innerhalb der Gruppe zu verhindern oder zu entschärfen bzw. zu lösen und die vom Antragsteller für die Gruppe insgesamt festgelegten Strategien innerhalb der gesamten Gruppe durchzusetzen.
Absatz 4 sieht eine Ausnahme für die Zulassungspflicht vor, wenn
- die Haupttätigkeit des Mutterunternehmens in Bezug auf Institute und Finanzinstitute im Erwerb und im Halten von Beteiligungen an Tochterunternehmen besteht,
- es sich beim Antragsteller nicht um eine Abwicklungseinheit im europäischen Sinne handelt,
- ein CRR-Kreditinstitut als übergeordnetes Unternehmen für die Einhaltung der Pflichten auf zusammengefasster Basis verantwortlich ist,
- der Antragsteller nicht an der Führung der Geschäfte auf Gruppenebene beteiligt ist sowie
- auch im Übrigen kein Hindernis für eine wirksame Aufsicht über die Gruppe auf zusammengefasster Basis besteht.
Praktisch bedeutet dies, dass eine eigene Zulassung einer Finanzholding dann nicht erforderlich ist, wenn die BaFin die Gruppe ohnehin bereits über ein übergeordnetes CRR-Kreditinstitut konsolidiert beaufsichtigen kann.
4. Erlaubnisverfahren und fortlaufende Aufsicht
Nach Absatz 9 muss die BaFin dem Antragsteller innerhalb von vier Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen, spätestens aber innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Zulassungsantrags mitteilen, ob die Zulassung erteilt oder versagt wird.
Die BaFin kontrolliert sodann fortlaufend, ob der Antragsteller die Voraussetzungen auch einhält. Hierzu müssen der BaFin alle Informationen übermittelt werden, die für diese fortlaufende Kontrolle auch erforderlich sind.
Liegen die Voraussetzungen tatsächlich nicht mehr vor, kann die BaFin dem Antragsteller z. B. die Ausübung der Stimmrechte an einem eventuellen CRR-Institut der Gruppe untersagen, ein CRR-Institut vorübergehend zum übergeordneten Unternehmen der Gruppe bestimmen, die Ausschüttungen oder die Zinszahlungen an Anteilseigner beschränken oder vollständig untersagen sowie anordnen, unverzüglich einen Plan zur Wiederherstellung der Voraussetzungen vorzulegen.
5. Übergangsregelung und Ausblick
Die Regelungen sind bereits zum 29. Dezember 2020 in Kraft getreten. Für bestehende Finanzholding-Gesellschaften besteht eine Übergangsregelung, wonach ein Zulassungsantrag bis zum 28. Juni 2021 zu beantragen ist, soweit die Voraussetzungen bereits zum 27. Juni 2019 erfüllt waren.
Vor dem Hintergrund des jüngst vollzogenen Brexits dürfte der gesamte Regelungskomplex auch besonders interessant sein für Holding-Gesellschaften, die nunmehr ihren Sitz außerhalb des EWR haben, aber über eine bzw. mehrere Tochtergesellschaften Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen in der EU erbringen und damit nicht (mehr) einer konsolidierten Beaufsichtigung unterliegen; je nach Höhe der konsolidierten Vermögenswerte kann hier sogar die Pflicht zur Errichtung einer europäischen Holding-Gesellschaft (Intermediate (EU) Parent Undertaking, IPU) entstehen. Gleiches gilt natürlich für Drittstaaten-Holding-Gesellschaften.
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