UPDATE 23.11.2018: Am 23.11.2018 stimmte der Bundesrat dem „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ zu. Die in meinem u.a. Beitrag dargestellten geplanten Änderungen wurden unverändert in das Umsatzsteuergesetz übernommen. Damit sind die wichtigsten Schritte zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vollzogen. Daher bleiben die u.a. Fragen im Zusammenhang mit den Änderungen bei der Umsatzbesteuerung von Gutscheinen vorerst offen.
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30.10.2018
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat am 21.06.2018 einen Gesetzesentwurf veröffentlicht (Entwurf zum Jahressteuergesetz JStG 2018). Mit dem Gesetzesentwurf wird die umsatzsteuerliche Behandlung des Vertriebs von (Wert-)Gutscheinen zum Teil neu geregelt (gilt nicht für Rabattgutscheine). Die geplante Änderung des deutschen Umsatzsteuergesetzes beruht auf der geänderten Mehrwertsteuerrichtlinie, die der deutsche Gesetzgeber bis zum 31.12.2018 umsetzen muss. Ab 2019 wird es demnach zwei Arten von Gutscheinen geben: Entweder den Einzweck-Gutschein oder den Mehrzweck-Gutschein. Ich erkläre in diesem Beitrag, was dahinter steckt.
Was ändert sich? Unterscheidung in Einzweck-Gutschein und Mehrzweck-Gutschein
Wenn ein Unternehmer in den Vertrieb von Gutscheinen eingeschaltet ist und seine Gutscheine in eigenem Namen vertreibt, ist ab dem 01.01.2019 zu prüfen, ob es sich hier um Einzweck-Gutscheine oder Mehrzweck-Gutscheine handelt.
Ein Einzweck-Gutschein liegt vor, wenn im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststeht, wo und wie die mit dem Gutschein zu beziehenden Waren oder Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen. Es kommt also nicht nur darauf an, dass der anzuwendende Steuersatz feststeht, sondern es muss auch feststehen, in welchem Land die mit dem Gutschein zu beziehende Lieferung oder Leistung zu versteuern ist. Dabei ist zu beachten, dass es in Abhängigkeit nach erbrachter Lieferung oder Leistung und dem Leistungsempfänger unterschiedliche Regelungen zur Bestimmung des Orts gibt.
Einzweck-Gutschein: Vertrieb in eigenem Namen (§ 3 a Abs. 14 UStG n.F.)
Bei einem Einzweck-Gutschein wird eine Lieferungs- oder Leistungskette zwischen den an dem Vertrieb der Einzweck-Gutscheine beteiligten Unternehmen bis zum Endkunden angenommen (Fiktion). Das bedeutet für die Unternehmen, die den Einzweck-Gutschein an den Endkunden verkaufen, eine Umstellung auch an den Kassen. Die tatsächlich mit dem Einzweck-Gutschein bezogene Lieferung oder Leistung unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
Mehrzweck-Gutschein (§ 3 a Abs. 15 UStG n.F.)
Liegen die Voraussetzungen eines Einzweck-Gutscheins nicht vor, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein. Die mit dem Mehrzweck-Gutschein bezogene Lieferung oder Leistung unterliegt der Umsatzsteuer. Nach dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs unterliegt jede der Lieferung oder Leistung vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer.
Ab wann gelten die Änderungen?
Die Änderungen gelten für Gutscheine, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden (§ 27 Abs. 23 UStG n.F.). Es bleibt also nur noch wenig Zeit, sich auf die Neuerungen einzustellen.
Offene Punkte
Ebenso wie in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie bleiben einige Fragen der Umsatzbesteuerung auch durch die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes offen. So ist z.B. noch zu klären, wann die Umsatzsteuer bei einem Einzweck-Gutschein entsteht? Wie erfolgt die Besteuerung der Lieferung oder Leistung, wenn diese nur zum Teil mit einem Einzweck-Gutschein abgewickelt wird? Wie ist der Verfall der Einzweck-Gutscheine umsatzsteuerlich zu behandeln – und wie der von Mehrzweck-Gutscheinen?.
Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch angepasst wird oder das Bundesministerium der Finanzen einen Erlass veröffentlicht, in dem die offenen Punkte zumindest aus Sicht der Finanzverwaltung geklärt werden. Ich werde dazu berichten!
Was bleibt unverändert?
Analyse der Vertriebsvereinbarung und des Außenauftritts
Die Umsatzbesteuerung des Vertriebs von Gutscheinen hängt nach wie vor maßgeblich von der rechtlichen Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen und dem Außenauftritt gegenüber dem Endkunden ab (siehe dazu z.B. Rapp, in: FS Crezelius, hrsg. Fischer/Geck/Haarmann, 2018, S. 693 ff.). Zunächst ist wie bisher zu prüfen, in wessen Namen und auf wessen Rechnung die Gutscheine vertrieben werden.
Wird der Gutschein im Namen und auf Rechnung eines anderen Unternehmers übertragen (offene Stellvertretung), liegt, wie bisher unverändert, eine Vermittlungsleistung an denjenigen Unternehmer vor, der den Gutschein in eigenem Namen ausgibt. Die Provision des Vermittlers unterliegt bei dem Vermittler der Umsatzsteuer. Die mit dem Gutschein in Anspruch genommene Leistung oder bezogene Lieferung wird von dem leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Leistung versteuert.
Schwierigkeiten bei Abweichung zwischen Vertragsbeziehung und Außenauftritt
Nach wie vor Schwierigkeiten bei der Bestimmung, in wessen Namen und auf wessen Rechnung ein Gutschein vertrieben wird, bereiten die Fälle, in denen der Außenauftritt der beteiligten Unternehmen nicht die vertraglichen Vereinbarungen widerspiegelt. Für die umsatzsteuerliche Einordnung kommt es nicht nur auf die Vertragsbeziehungen, sondern auch auf die Sicht eines Endverbrauchers an (vgl. z.B. BFH). Vor diesem Hintergrund ist zu empfehlen, eindeutige vertragliche Regelungen zu vereinbaren und diese auch im Außenverhältnis gegenüber den Endkunden soweit wie möglich umzusetzen.
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