Mit dem Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte („Markets in Crypto Assets Regulation“ oder „MiCAR“) ist nun eine europaweit einheitliche Regulierung der Kryptowerte in Sicht. Die Europäische Kommission hat den Vorschlag für diese Verordnung als Teil des Pakets zur Digitalisierung des Finanzsektors im September 2020 vorgestellt. Die MiCAR soll 2022 in Kraft treten und dann nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbar sein, Art. 136 Abs. 2 MiCAR.
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I. Anwendungsbereich der MiCAR
Die MiCAR soll für alle Marktteilnehmer gelten, die in der EU Kryptowerte ausgeben oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten erbringen, Art. 2 Abs. 1 MiCAR.
Eine zentrale Rolle für die Bestimmung des Anwendungsbereichs kommt dem Begriff des Kryptowerts zu. Die MiCAR definiert Kryptowert als „eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann“, Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCAR.
Nach der bislang üblichen Kategorisierung fallen unter den europarechtlichen Begriff des Kryptowerts demnach künftig Utility Token, Payment Token und Stable Coins. Nicht von der MiCAR umfasst sind Security Token. Als Finanzinstrumente unterfallen sie dem Regime der MiFID II, Art. 2 Abs. 2 a MiCAR.
II. MiCAR: Whitepaper-Pflicht bei öffentlichem Angebot von Kryptowerten
Soweit Emittenten Kryptowerte innerhalb der EU öffentlich anbieten wollen oder die Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform für Kryptowerte beantragen wollen, müssen sie im Grundsatz bestimmte Voraussetzungen kumulativ erfüllen, Art. 4 Abs. 1 MiCAR:
- Emittenten müssen eine juristische Person sein,
- Emittenten müssen ein Whitepaper erstellen, bei der Aufsichtsbehörde notifizieren und veröffentlichen
- und Emittenten müssen bestimmte Wohlverhaltensregeln einhalten.
Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Emittent eine der Ausnahmen in Art. 4 Abs. 2 MiCAR in Anspruch nehmen kann. Eine Ausnahme gilt unter anderem bei unentgeltlichen öffentlichen Angeboten oder wenn das öffentliche Angebot unter bestimmten Schwellen bleibt (Angebot an weniger als 150 Personen, Ausgabevolumen übersteigt nicht 1.000.000 Euro).
Strengere Anforderungen gelten aber für E-Geld-Token und wertreferenzierte Token. Emittenten solcher Token benötigen für ein öffentliches Angebot sowie für die Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform zusätzlich eine Erlaubnis und unterliegen der Aufsicht der Aufsichtsbehörde, Art. 15 ff MiCAR und Art. 43 ff. MiCAR.
III. MiCAR: Erlaubnispflicht für Kryptodienstleister
Nach den Art. 53 ff. der MiCAR benötigen Dienstleister, die bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten anbieten, eine Erlaubnis und unterstehen der laufenden Aufsicht der Aufsichtsbehörde. Hierunter fallen:
- Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte
- Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte
- Tausch von Kryptowerten gegen Geldwährung
- Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte
- Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte
- Platzierung von Kryptowerten
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte
- Beratung zu Kryptowerten
IV. MiCAR: Regelungen zum Marktmissbrauch
In den Art. 76 ff. MiCAR sind für die Kryptomärkte Regelungen gegen den Marktmissbrauch enthalten. Emittenten von Kryptowerten haben die Pflicht, Insiderinformationen zu veröffentlichen, Art. 77 MiCAR. Verboten sind Insiderhandel und Marktmanipulation, Art. 78 MiCAR und Art. 80 MiCAR.
V. Erste Bewertung der MiCAR
Die MiCAR stellt eine umfassende Regulierung von Kryptowerten dar. Dabei bedient sich der Europäische Gesetzgeber bekannter Regelungsinstrumente aus der Regulierung von Finanzinstrumenten. Anlehnungen an die Prospektverordnung (Offenlegungspflichten bei einem öffentlichen Angebot oder bei einer Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform), an die MiFID II (Erlaubnispflicht für Intermediäre, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten anbieten) sowie an die Marktmissbrauchsverordnung (Regelungen zur Verhinderung von Marktmissbrauch) sind erkennbar.
Die Folgen der MiCAR für den Kryptomarkt in Deutschland sind schwer abzuschätzen. Ja, die MiCAR stellt ohne Zweifel anspruchsvolle Hürden auf, die vor allem Kryptodienstleister erst einmal nehmen müssen. Nicht wenige Start-Ups werden schon am Markteintritt scheitern. Auf der anderen Seite bestehen aufsichtsrechtliche Hürden in Deutschland bereits heute. Nachdem Kryptowerte Finanzinstrumente im Sinne des KWG sind, ist der Vertrieb solcher Kryptowerte bereits umfänglich reguliert.
Die MiCAR wird einen einheitlichen Rechtsrahmen für Kryptowerte in Europa schaffen. Emittenten können Kryptowerte europaweit öffentlich anbieten. Das vorgesehene Passporting-Regime ermöglicht es Dienstleistern mit einer Erlaubnis in einem Mitgliedstaat, ohne weitere Erlaubnisse grenzüberschreitend in der EU tätig zu werden. Das ist ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage, die von Sonderwegen der einzelnen Mitgliedstaaten geprägt ist, und deren Inkonsistenz im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr regelmäßig zutage tritt.
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