Legal, illegal, scheißegal? – Sanktionen bei Zahlungsdiensten und E-Geld-Geschäft ohne Erlaubnis

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In unserer täglichen Beratung beschäftigen wir uns oft mit der Frage, ob für eine bestimmte Tätigkeit eine Erlaubnis nach dem ZAG erforderlich ist. Deutlich seltener werden wir gefragt, was eigentlich passiert, wenn man eine solche Erlaubnis nicht hat, obwohl man eine bräuchte. Manche scheinen sich bei diesem an ihre Kinder- und Jungendzeit zurückzuerinnern und halten es mit den Punklegenden von Slime getreu dem Motto: Legal, illegal, scheißegal.

Doch ist das wirklich so? Ist ein Verstoß gegen die Erlaubnisvorbehalte im ZAG nur ein Kavaliersdelikt? Wer kann gegen einen solchen Verstoß eigentlich vorgehen? Fragen, die nach Antworten schreien, waren für uns immer ein Ansporn, uns mit dem Thema etwas genauer auseinanderzusetzen.

Erlaubnis oder Registrierung?

Bevor wir uns mit den Sanktionen im Falle von unerlaubten Geschäften im Sinne des ZAG auseinandersetzen, schauen wir uns erst einmal an, welche Arten von Erlaubnissen es nach dem ZAG gibt. Besser gesagt, wir erinnern uns an den Blogbeitrag zu den Erlaubnistypen für Zahlungsdienstleister zurück, in dem wir uns mit dieser Frage schon einmal ausführlich beschäftigt haben. Danach wissen wir, dass man eine Registrierung braucht, wenn man ausschließlich Kontoinformationsdienste erbringen möchte. Für alle anderen Zahlungsdienste und für das E-Geld-Geschäft benötigt man eine Erlaubnis. Da der Unterschied zwischen Registrierung und Erlaubnis für unser heutiges Thema keine Rolle spielt, sprechen wir im Folgenden immer von einer Erlaubnis. Wir meinen aber Erlaubnis oder Registrierung, je nachdem, was im konkreten Fall benötigt wird.

Befugnisse der BaFin bei unerlaubten Tätigkeiten nach dem ZAG

Wenn man sich anschaut, welche Folgen unerlaubte Tätigkeiten nach dem ZAG haben können, dann findet man recht schnell die §§ 7 und 8 ZAG. Wenn man sich diese Vorschriften anschaut, dann merkt man recht schnell, dass Slime nicht recht hatten – jedenfalls nicht bei Verstößen gegen das ZAG. Schon bei einem Verdacht auf unerlaubte Zahlungsdienste oder unerlaubtes E-Geld-Geschäft, haben die BaFin und die Deutsche Bundesbank einschneidende Befugnisse gegenüber den Verdächtigen (auch gegenüber Privatpersonen):

  • Die BaFin und die Deutsche Bundesbank Auskunft über alle Geschäftstätigkeiten sowie die Herausgabe von Unterlagen (z. B. Verträge, interne E-Mail-Korrespondenz) verlangen. Das gilt auch für Dokumente, die man beispielsweise aufgrund einer vertraglichen Verschwiegenheitsklausel an sich nicht offenlegen darf.
  • Die BaFin und die Deutsche Bundesbank können Geschäfts- und Privaträume betreten und durchsuchen. Um es noch einmal deutlich zu machen: Das gilt auch für das Wohnhaus von natürlichen Personen (z. B. des Geschäftsführers einer verdächtigten GmbH).
  • Die BaFin und die Deutsche Bundesbank können Gegenstände, die sie im Rahmen von Durchsuchungen oder auf anderem Wege in die Finger bekommen, sicherstellen. Das bedeutet, dass Betroffene an diese Gegenstände (z. B. Computer) ggf. erst einmal nicht wieder herankommen.
  • Schließlich kann die BaFin die Öffentlichkeit über Verdachtsfälle informieren und darf hierbei sogar den Namen des Unternehmens nennen.

Diese Befugnisse stehen unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet, dass die BaFin beispielsweise bei einer auskunftsbereiten Person nicht ohne Weiteres eine nächtliche Hausdurchsuchung vornehmen darf.

Wenn sich herausstellt, dass jemand unerlaubte Tätigkeiten nach dem ZAG erbringt, dann kann die BaFin die Einstellung und Abwicklung des Geschäftsbetriebs anordnen. Sie kann darüber hinaus auch auf Kosten des betroffenen Unternehmens einen unabhängigen Abwickler bestellen. Auch hier gilt, dass die Einstellung und die Abwicklung in der Regel nicht das Mittel erster Wahl sein dürfen. Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein. In vielen Fällen wird die BaFin dem betroffenen Unternehmen die Gelegenheit geben müssen, die unerlaubten Geschäfte selbst abzuwickeln oder vielleicht sogar noch einen Erlaubnisantrag zu stellen.

Falls Sie jetzt glauben, dass Sie in aller Ruhe unerlaubte Tätigkeiten erbringen können, bis Sie die BaFin bittet einen Erlaubnisantrag zu stellen: Das würde ich Ihnen nicht empfehlen. Zum einen kann man sich nicht darauf verlassen, dass man die Chance auf ein Erlaubnisverfahren wirklich bekommt. Die BaFin kann die Einstellung auch sofort anordnen. In diesem Fall ist es wichtig zu wissen, dass diese Einstellung sofort vollziehbar sein kann. Das bedeutet, dass Rechtmittel keine aufschiebende Wirkung haben.

Strafbarkeit der Erbringung unerlaubter Tätigkeiten nach dem ZAG

Darüber hinaus ist das Erbringen unerlaubter Tätigkeiten nach dem ZAG aber auch eine Straftat. Diese kann nach § 63 ZAG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden. Freiheitsstrafen wurden übrigens schon mehrfach verhängt. Regelmäßig werden aber vor allem Ersttäter, die nicht vorsätzlich handeln, mit einer Geldstrafe davonkommen.

Doch auch hierüber sollte man sich nicht zu früh freuen. Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung kann das Gericht darüber hinaus auch die Vermögenseinziehung anordnen. Das bedeutet, dass der Verurteilte die Vermögensvorteile aus der unerlaubt erbrachten Tätigkeit an den Staat herausgeben muss. Das kann im Einzelfall richtig schmerzhaft sein. In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (zum alten Recht) musste eine Spielhalle Zahlungsbeträge herausgeben, die aus der unerlaubten Auszahlung von Bargeld gegen eine girocard-Zahlung resultierten. Der Einwand des Angeklagten, dass er das Geld an Kunden der Spielhalle ausbezahlt habe, lies das Gericht nicht gelten. Stattdessen verwies das Gericht darauf, dass der Jahresgewinn der Spielhalle höher war als der ausbezahlte Betrag und das Geld damit noch bei der Spielhalle vorhanden sei. Mit dieser Begründung ordnete das Gericht den Verfall von mehr als 450.000 Euro an.

Unterlassungsansprüche gegen die Erbringung unerlaubter Tätigkeiten nach dem ZAG

Wer jetzt denkt, dass die Mühlen der Behörden und der Gerichte langsam mahlen, mag Recht haben. Allerdings schützt ihn das nicht vor einer schnellen und vergleichsweise einfachen Möglichkeit, unerlaubte Tätigkeiten nach dem ZAG verboten zu bekommen. Jenseits der verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen gibt es nämlich auch noch die Möglichkeit des Unterlassungsanspruchs. Einen solchen Unterlassungsanspruch können beispielsweise Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände geltend machen. Wenn das betroffene Unternehmen nicht bereit ist, das unerlaubte Tätigwerden einzustellen, kann es verklagt werden. Darüber hinaus kann ein Unterlassungsanspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass der Anspruchsteller in einem Eilverfahren recht schnell zu seinem Recht kommen kann. Im Einzelfall kann das innerhalb weniger Tage passieren. Der wohl berühmteste Fall, in dem es wegen der unerlaubten Erbringung von Zahlungsdiensten zu einer einstweiligen Verfügung gekommen ist, ist das Verfahren von pizza.de gegen Lieferheld. Ironischerweise gehören die Marken der damaligen Streitparteien heute dem damaligen Dritten im Bunde: der niederländischen Takeaway.com.

Latein statt Slime

Was lernen wir daraus? Egal, wie man zur Musik und den Texten von Slime steht: Bei der Erbringung von Zahlungsdiensten und des E-Geld-Geschäfts sollte man sich lieber vorher über die möglichen Folgen Gedanken machen. Oder für die Lateiner unter uns: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

 

Cover picture: Copyright © Adobe Stock / Thomas Reimer

 

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