Wer kennt diese Situation nicht? Da hat man eine tolle Geschäftsidee für ein revolutionäres Finanzprodukt. Doch dummerweise hat man gerade nicht die passende Erlaubnis oder Lizenz dafür. Was nun? Glücklicherweise gibt es mittlerweile viele Anbieter, bei denen man sich eine Erlaubnis oder eine Lizenz ausleihen kann. Das wird dann unter so spektakulären Bezeichnungen angeboten wie License as a Service, Banking as a Service, BIN Rental, BIN Sponsoring oder – etwas hölzern – Sponsorbankbeziehung. Manchmal wird das eben auch Erlaubnisleihe genannt.
Aber was verbirgt sich hinter diesen Begriffen eigentlich? Was muss man beachten, wenn man sich eine Erlaubnis oder Lizenz ausleiht? Welche Risiken sind damit verbunden? Fragen über Fragen, auf die PayTechLaw – wie immer, wenn es kompliziert wird – eine Antwort hat. Und weil man komplizierte Themen anhand eines Beispiels leichter versteht, stellen wir uns den folgenden Fall vor:
Das angesagte FinTech, die FinLoFT GmbH aus Berlin, hat DIE Killer-App gebaut, mit der die User ihre Bankgeschäfte endlich mobil erledigen können. Neben dem Zugriff auf das Girokonto ermöglicht die FinLoFT-App auch mobiles Bezahlen. Hierfür wird die FinLoFT-App mit einer virtuellen Debitkarte verknüpft. Dank des NFC-Chips im Smartphone des Users kann der User kontaktlos mit der Debitkarte bezahlen. Das gesamte Produkt, also Girokonto, Debitkarte und App, möchte FinLoFT unter dem Namen FinLoFT pro vertreiben. Mit diesem Plan gehen die zwei Gründerinnen von FinLoFT zu ihrem Anwalt und fragen ihn, was sie brauchen, um ihr Produkt möglichst schnell auf den Markt bringen zu können.
Erlaubnis oder Lizenz – das ist hier die Frage
Der Anwalt erklärt unseren beiden Gründerinnen als erstes, dass man eine Erlaubnis der BaFin braucht, wenn man in Deutschland Girokonten führen und Debitkarten herausgeben möchte. Zudem benötigt man eine Lizenz des Betreibers des Zahlungssystems, in dem die Debitkarten ausgegeben werden sollen. Nachdem FinLoFT weder eine Erlaubnis noch eine Lizenz hat und sein komplettes Geld in die Entwicklung der App gesteckt hat, befürchten unsere Gründerinnen schon, dass ihr Traum vom erfolgreichen Unternehmertum hier zu Ende ist. Doch auch hier weiß unser Anwalt Rat: Man könne sich die Erlaubnis und die Lizenz ja von einem Unternehmen ausleihen, das beides hat. Diese Idee gefällt den beiden Gründerinnen. Nach einer kurzen Internet-Recherche und ein paar E-Mails haben sie auch schon zwei Angebote auf dem Tisch.
Gib mir Deine Kunden – ich geb Dir mein Geld
Das erste Angebot stammt von der Tech Bank GmbH. Die Tech Bank bietet unseren beiden Gründerinnen an, dass sie gern Kunden an die Tech Bank vermitteln dürfen. Die Tech Bank entscheidet nach Belieben, ob sie diesen Kunden FinLoFT pro anbieten möchte. Außerdem möchte sie die Produktfeatures und die Preise von FinLoFT pro festlegen können. Für jedes verkaufte Produkt bekommt FinLoFT eine Provision von der Tech Bank. Und noch besser: Die Tech Bank würde der FinLoFT auch alle wirtschaftlichen Risiken abnehmen, mit durch den Kunden verursacht werden. Überzieht der Kunde sein Konto, ist das also nicht das Problem von FinLoFT.
So attraktiv unsere Gründerinnen die Idee finden, dass sie kein Risiko tragen, so enttäuscht sind sie darüber, dass sie dafür die Hoheit über ihr Produkt und die Kundenbeziehung aufgeben sollen. Außerdem finden sie es gar nicht gut, dass die Tech Bank nach Belieben Kunden ablehnen kann. So wird das nichts, denken die Protagonistinnen von FinLoFT.
Yin und Yang – Chancen und Risiken gehören zusammen
Daher sind unsere beiden Gründerinnen froh darüber, dass die noch ein weiteres Angebot auf dem Tisch haben: Die Power Bank Ltd. aus Irland kennt sich aus mit den Bedürfnissen von FinTechs. Schließlich bezeichnet sich die Power Bank selbst als FinTech-Bank Nummer 1 in Europa. Sie bietet FinLoFT folgenden Deal an: Die FinLoFT legt fest, wie die Produktfeatures und die Preise von FinLoFT pro aussehen. Die Power Bank verpflichtet sich außerdem, dass sie jeden Kunden akzeptiert, den ihr die FinLoFT nennt, wenn das gesetzlich zulässig ist. Alle Einnahmen, die die Power Bank mit dem Produkt erzielt, gibt sie sogar an FinLoFT heraus Im Gegenzug möchte die Power Bank aber eine Vergütung für ihre Dienstleistung. Außerdem möchte sie, dass die FinLoFT alle Risiken aus dem Geschäft übernimmt (z. B. wenn ein Kunde sein Konto überzieht und den negativen Saldo nicht pünktlich ausgleicht).
Dieser Vorschlag gefällt den Gründerinnen von FinLoFT schon besser. Schließlich haben sie einen Algorithmus entwickelt, mit dem sie „faule Eier“ unter den Kunden mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,96% entdecken können. Der Rest ist eben unternehmerisches Risiko. Begeistert nehmen sie das Angebot der Power Bank an.
Die Moral von der Geschicht? DIE Erlaubnisleihe gibt es nicht!
Was lernen wir aus dieser kurzen Geschichte? Die wesentlichen Erkenntnisse kann man folgendermaßen zusammenfassen:
- Bevor man sich als FinTech einen Dienstleister aussucht, sollte man sich zunächst überlegen, wozu man ihn eigentlich braucht. Möchte man beispielsweise Kredite anbieten, macht es wenig Sinn, mit einem anderen Unternehmen als einer Bank zu arbeiten. In Deutschland dürfen nur Banken Kredite vergeben.
- Zudem sollte man sich überlegen, wem die Kunden und das Produkt wirtschaftlich „gehören“ sollen. Wie so oft im Leben gilt, dass derjenige anschafft, der zahlt. Je mehr Kontrolle man über das Geschäft behalten möchte, umso mehr Risiken wird man in der Regel eingehen müssen.
- Schließlich sollte man sich nicht von den unterschiedlichen Begriffen verwirren lassen. Banking as a Service, License as a Service, BIN-Sponsoring, BIN-Rental & Co. sind Begriffe, unter denen im Zweifel jeder etwas anderes versteht. Eine eindeutige Definition dieser Begriffe gibt es nicht. Das einzig Entscheidende ist, dass das, was wirtschaftlich vereinbart wird, rechtlich richtig umgesetzt wird. Dafür spielt es keine Rolle, wie man die Kooperation bezeichnet.
Cover picture: Copyright © Adobe Stock / happyvector071