Wie lange dürfen Kontoinformations- und Zahlungsauslösedienste ihre Dienstleistungen ohne Registrierung bzw. Erlaubnis weiter erbringen?
Der Bundestag hat am 1. Juni 2017 das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (ZDUG) in der Beschlussfassung des Finanzausschusses verabschiedet. Die Verkündigung im Bundesgesetzblatt ist am 17. Juli 2017 erfolgt. Das ZDUG bringt Änderungen sowohl des Zivilrechts (BGB und EGBGB) als auch des Aufsichtsrechts (ZAG) mit sich. Wir haben hier auf PayTechLaw sowohl zu den zivilrechtlichen Änderungen als auch zu aufsichtsrechtlichen Änderungen jeweils kommentierte Fassungen veröffentlicht. Darüber hinaus haben wir über das sogenannte Grandfathering nach der PSD2 berichtet und näher erläutert, was Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute tun müssen, um sich auf den gesetzlich geregelten „Bestandsschutz“ berufen zu können und Ihre Erlaubnis zu behalten. In dem vorliegenden Beitrag befasse ich mich den Umsetzungsfristen, also mit der Frage, wie lange Anbieter von Kontoinformations- („KID“) und Zahlungsauslösediensten („ZAD“) ihre Dienstleistungen nach dem Inkrafttreten des ab dem 13. Januar 2018 geltenden Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes („ZAG“) ohne Registrierung bzw. Beantragung einer Erlaubnis nach dem ZAG weiter erbringen dürfen.
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Ab 13. Januar 2018 werden die Uhren neu gestellt – aber nicht für alle
Im ZAG ist geregelt, dass sich Anbieter von KID und ZAD bei der BaFin registrieren bzw. eine Erlaubnis der BaFin beantragen müssen, um ihre KID und ZAD weiter erbringen zu dürfen. Damit erzähle ich Ihnen nichts Neues, ich weiß. Wissen Sie aber auch, bis wann Sie sich um die Registrierung bzw. Beantragung der Erlaubnis kümmern müssen? Jetzt kommt die Lieblingsantwort des Anwalts: „Es kommt darauf an“.
Wie bei Gesetzesänderungen üblich, sieht auch das ZAG Umsetzungsfristen vor. Wer sich hierauf berufen kann und wie die Umsetzungsfristen gestaffelt sind, erkläre ich Ihnen in diesem Beitrag. Erste Hinweise hierzu finden Sie bereits im Beitragsbild. Warum ich einen gestressten Hasen mit einem Wecker in der Hand gewählt habe? Nun, für die Beantwortung der Frage, wer sich auf die Umsetzungsfristen berufen kann, ist entscheidend, ob Sie ein „alter Hase“, ein „junger Hüpfer“ oder ein „Küken“ sind. Aha?! Der Blick in den Spiegel ist für die Beantwortung dieser Frage nicht besonders hilfreich. Der Blick in das Gesetz hingegen hilft schon eher, wobei die Regelungen zu den Umsetzungsfristen durchaus klarer hätten ausfallen können.
Umsetzungsfristen für „alte Hasen“
Ob Sie zu den alten Hasen gehören, beantwortet § 68 ZAG. Danach dürfen Unternehmen, die vor dem 12. Januar 2016 im Inland ZAD bzw. KID im Sinne des ZAG in der Fassung ab dem 13. Januar 2018 erbracht haben, diese Tätigkeit bis zum Inkrafttreten der §§ 45- 52 sowie des § 55 ZAG weiter ausführen (§ 68 Abs.1 ZAG betrifft Anbieter von ZAD bzw. § 68 Abs. 2 ZAG betrifft Anbieter von KID). Diese Regelungen treten – anders als die meisten Regelungen des ZAG – nicht am 13. Januar 2018 in Kraft, sondern 18 Monate nach Inkrafttreten des delegierten Rechtsaktes nach Art. 98 der PSD2 („Umsetzungsfrist“), Art. 15 Abs. 1 ZDUG. Klar, was mit dem „delegierten Rechtsakt“ gemeint ist?
Hierbei handelt es sich um die sogenannte „Regulatory Technical Standards on strong customer authentication and secure communication under PSD2” (“RTS SCA”). Mit der Erstellung der RTS SCA ist die European Banking Authority („EBA“) beauftragt worden. Die EBA hat der Europäischen Kommission den finalen Entwurf (wenn auch verspätet) zwischenzeitlich auch vorgelegt. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen der EBA und der Europäischen Kommission (es geht vor allem um das sogenannte „Screen Scraping“), hat die Kommission die RTS SCA noch nicht erlassen. Folglich wurde die Umsetzungsfrist auch noch nicht in Gang gesetzt. Falls Sie jetzt zum Jubelsprung ansetzen möchten, weil bis dahin ja noch ganz viel Wasser die Isar hinunter fließt, können Sie das natürlich tun. Ob Sie sich tatsächlich Zeit zum Durchschnaufen gönnen sollten, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben rechtlichen Aspekten können auch strategische Überlegungen eine Rolle spielen. Die Antwort ist also nicht ganz so einfach. Lassen Sie mich einfach mal laut nachdenken:
- 68 Abs. 5 ZAG regelt, dass Unternehmen, die ab dem 13. Januar 2018 Zahlungsdienste anbieten, die vor diesem Stichtag noch erlaubnisfrei waren (= KID und ZAD), bis zum 13. April 2018 einen Erlaubnisantrag (§ 10 Abs. 1 ZAG) oder einen Registrierungsantrag (§ 34 Abs. 1 ZAG) zu stellen haben („Antragsstichtag“), wenn sie die KID und ZAD auch nach dem 13. Januar 2018 weiter erbringen möchten. Hä?! Wie passt das denn zu § 68 Abs. 1 ZAG? Heißt das etwa, dass alte Hasen innerhalb der Umsetzungsfrist nur dann weiter erlaubnisfrei tätig sein dürfen, wenn sie bis zum 13. April 2018 einen Registrierungs- bzw. Erlaubnisantrag eingereicht haben? WTF?!
Ganz genau, das macht keinen Sinn. Der Gesetzgeber hätte sich § 68 Abs. 1 ZAG und die dort geregelte Umsetzungsfrist auch einfach sparen können, wenn er eine Antragsstellung bis zum 13. April 2018 gewollt hätte. § 68 Abs. 1 ZAG hätte bei dieser Auslegung keinen eigenen Regelungsgehalt.
Für alte Hasen ist die Regelung in § 68 Abs. 5 ZAG daher lediglich ein Angebot des Gesetzgebers (auf die rechtlichen Vorteile einer Antragstellung bis zum 13. April 2018 gehe ich gleich ein), jedoch kein Muss. Wie im echten Leben gilt auch für diese rechtliche Einschätzung: Zwei Juristen, drei Meinungen. Man (damit meine ich vor allem die BaFin) kann durchaus anderer Meinung sein. Um das damit verbundene Risiko (unerlaubtes Erbringen von Zahlungsdiensten) zu minimieren, könnten alten Hasen vorsorglich bis zum 13. April 2018 einen Registrierungs- bzw. Erlaubnisantrag stellen. Positiver Nebeneffekt wäre, dass Sie in diesem Fall so lange Ihre KID und ZAD erlaubnisfrei weiter ausüben dürften, bis die BaFin final über ihren Antrag entschieden hat. Das gilt auch dann, wenn die Umsetzungsfrist (18 Monate nach Inkrafttreten der RTS SCA) zwischenzeitlich abgelaufen wäre. Ob dieser Fall in der Praxis relevant ist, kann ich nicht sagen. Allerdings dürfte sich die BaFin in den kommenden Monaten nicht über Langeweile beklagen. Neben der PSD2 tritt schließlich auch die MiFID 2 in Kraft. Daher halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass sich die Bearbeitungsdauer für Antragsverfahren verlängern könnte.
Puh, die Entscheidung alter Hasen, vorsorglich einen Registerantrag bzw. Erlaubnisantrag bis zum 13. April 2018 zu stellen, ist damit gefallen, oder? Jein. Neben rechtlichen Erwägungen gibt es auch strategische Aspekte, die alte Hasen bei dieser Entscheidung berücksichtigen können. Hintergrund ist, dass viele Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der PSD2 noch unklar sind. Das gilt auch und insbesondere für die künftige Verwaltungspraxis der BaFin im Umgang mit diesen Regelungen. Daher kann ein Zuwarten mit der Antragsstellung bis zur Klarstellung der BaFin (z.B. Merkblätter) durchaus sinnvoll sein.
Umsetzungsfristen für die “jungen Hüpfer”
Zu Ihnen gehören meines Erachtens Unternehmen, die nach dem 12. Januar 2016 im Inland ZAD bzw. KID im Sinne des ZAG in der Fassung ab dem 13. Januar 2018 erbracht haben und diese auch nach dem 13. Januar 2018 weiter erbringen möchten. Für junge Hüpfer gilt der Antragsstichtag, das heißt, sie dürfen ihre KID und ZAD nur dann weiterhin erlaubt ausführen, wenn Sie einen entsprechenden Antrag bis zum 13. April 2018 vollständig und rechtzeitig gestellt haben. Kommen sie diesen Anforderungen nicht nach, riskieren sie ab dem 14. April 2018 unerlaubt Zahlungsdienste zu erbringen, was grundsätzlich eine strafbare Handlung darstellt. Ist doch kein Problem, man muss ja nur den Antragsstichtag einhalten? Nicht ganz. Der Antrag muss rechtzeitig und vollständig eingereicht werden. Wann aber ist ein Antrag vollständig? Das ist der Fall, wenn Sie sämtliche gesetzliche Vorgaben für die Einreichung eines Registrierungs- bzw. Erlaubnisantrags eingehalten haben (siehe insbesondere §§ 10 und 34 ZAG; siehe außerdem die Checklisten von PayTechLaw für Erlaubnisanträge als Zahlungsinstitut und E-Geld-Institut). Die sorgfältige Vorbereitung des Registrierungs- bzw. Erlaubnisantrags ist also unerlässlich.
Umsetzungsfristen für “Küken”
Was sind eigentlich Küken und kommen diese ebenfalls in den „Genuss“ von Umsetzungsfristen? Küken sind meines Erachtens Unternehmen, die ab dem 14. Januar 2018 KID oder ZAD erbringen werden. Sofern Sie also noch nicht geschlüpft sind, sollten Sie sich sputen und sich für die Aufnahme in den Kreis der jungen Hüpfer qualifizieren. Annahmeschluss ist der 13. Januar 2018. An diesem Tag sollten Sie das Licht der Welt erblickt haben und als Anbieter von KID oder ZAD tätig werden. Schaffen Sie es nicht bis zu diesem Stichtag, können Sie sich entspannt zurücklehnen. Denn KID oder ZAD dürfen Sie erst dann erbringen, wenn Sie bei der BaFin hierfür registriert worden sind oder die BaFin Ihnen das Erbringen dieser Dienste erlaubt hat.
Fazit
Stress ist ungesund, das wissen wir. Daher hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Umsetzungsfristen auf das Alter der Marktteilnehmer Rücksicht genommen:
Alte Hasen bekommen folgerichtig etwas mehr Zeit, um ihr Geschäftsmodell an die Anforderungen der PSD2 anzupassen und einen entsprechenden Registrierungsantrag oder Erlaubnisantrag bei der BaFin einzureichen. Sie sollten der BaFin umgekehrt aber auch keinem unnötigen Stress aussetzen, indem sie die Antragsunterlagen zu spät einreichen. Ist die Umsetzungsfrist nämlich abgelaufen, bevor die BaFin Zeit hatte, die jeweiligen Antrag entsprechend zu prüfen, könnte die BaFin alte Hasen schneller in den Ruhestand schicken, als Ihnen lieb ist.
Jungen Hüpfern mutet der Gesetzgeber etwas mehr zu. Diese sollten bis zum 13. April 2018 einen vollständigen Registrierungs- bzw. Erlaubnisantrag bei der BaFin einreichen. Tun sie das nicht, handeln sie unerlaubt und müssen mit Post aus Bonn rechnen.
Bleiben noch die Küken. Der Gesetzgeber wollte sie offenbar nicht ihrer Kindheit berauben. Er gibt Ihnen daher ausreichend Zeit, um ihrem Vormund (BaFin) das Geschäftsmodell auf der Grundlage eines sorgfältig entworfenen Antrags vorzustellen. Erst wenn die BaFin der Meinung ist, dass das Küken flügge geworden ist, darf es sich unter die anderen Zahlungsdienstleiser am Markt mischen.
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