Einbahnstraße FiDA – warum gut gemeint nicht gut gemacht ist

Einbahnstraße FiDA – warum gut gemeint nicht gut gemacht ist

Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung über einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten (Financial Data Access – „FiDA“) will die Europäische Kommission dem Prinzip des Open Banking einen erheblichen Schub verpassen. Vorbild ist der Zugang zu Zahlungskonten, wie ihn die 2. Zahlungsdiensterichtlinie („PSD2“) und entsprechend das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz („ZAG“) gewähren, wobei die Kommission in der FiDA ganz andere Zugangsmechanismen vorsieht.
Dieser Beitrag knüpft an unseren Podcast “Die Bedeutung der Financial Data Access Regulation | ALLES LEGAL FinTech-Recht kompakt #87” an.

FiDA in a nutshell

Der Kommissions-Vorschlag sieht vor, dass Finanzinstitute – bei entsprechendem Kundenauftrag – anderen Finanzinstituten und sogenannten Finanzinformationsdienstleistern Zugang zu den von ihnen vorgehaltenen Daten zu Finanzgeschäften ihrer Kunden („Kundendaten“) gewähren.

Nahezu allumfassender Anwendungsbereich

Unter den Begriff „Finanzinstitute“ im Sinne des FiDA-Entwurfes fallen unter anderem Kredit-, Zahlungs- und Wertpapierinstitute, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherer nebst Versicherungsvermittlern, mithin quasi die gesamte Finanzindustrie.

Bei Kundendaten, zu denen Zugang zu gewähren ist, handelt es sich um alle von einem Finanzinstitut im Rahmen seiner normalen Geschäftstätigkeit erhobenen, gespeicherten oder anderweitig verarbeiteten Daten zu – vereinfacht ausgedrückt – Finanzgeschäften ihrer Kunden im weitesten Sinne. Unerheblich ist hierbei die Quelle der Daten, so dass auch vom Finanzinstitut selbst generierte Daten zur Verfügung zu stellen sind.

Datenaustausch über „Systeme“

Der Datenaustausch – so der Vorschlag der Kommission – erfolgt ausschließlich innerhalb sogenannter Systeme. Ihnen gehören vornehmlich Dateninhaber, also diejenigen Finanzinstitute, die “ihre“ Daten preisgeben müssen, und Datennutzer, die wiederum die Daten der Dateninhaber nutzen wollen, als Mitglieder an. Voraussetzung für die Anerkennung eines Systems ist, dass die beiden Mitgliedergruppen einen „erheblichen Anteil des Marktes für ein Produkt oder eine Dienstleistung darstellen“. Die Systeme geben sich selbst Regelwerke, die die technischen Voraussetzungen für den Datenaustausch und Obergrenzen der Vergütung für abgerufenen Daten bestimmen. Für letztere setzt die Kommission enge Grenzen.

Zwangsmitgliedschaft in einem System

Finanzinstitute sind verpflichtet, Mitglied mindestens eines Systems zu werden. Mehrfachmitgliedschaften sind möglich, was – sollte es überhaupt zu einer wirtschaftlich relevanten Parallelität verschiedener Systeme kommen – wohl vornehmlich für Datennutzer von Interesse sein dürfte.

Selbstverständlich kann ein Finanzinstitut sowohl als Dateninhaber als auch Datennutzer einem System angehören. Die Systeme stehen neuen Mitgliedern jederzeit offen; closed shops zur Einschränkung des Datenzugriffs will der Gesetzgeber ausdrücklich vermeiden.

Entgeltlichkeit des Datenaustausches

Im Gegensatz zur PSD2 und entsprechend dem ZAG ist der Zugriff auf die Kundendaten für die Datennutzer nicht kostenfrei. Vielmehr können die Dateninhaber für die Bereitstellung „ihrer“ Kundendaten eine Vergütung verlangen. Deren maximale Höhe legen die Mitglieder selbst fest. Der ihnen hierbei von der FiDA eingeräumte Rahmen ist jedoch eng gesteckt, so dass eins schon mit Gewissheit vorausgesagt werden kann: Ein lukratives Geschäftsmodell für Dateninhaber ergibt sich hieraus sicherlich nicht.

Perspektiven

Neben erheblichem Aufwand, der insbesondere auf die Dateninhaber zur Bereitstellung ihrer Daten zukommt, birgt die FiDA für verschiedenste Marktteilnehmern Chancen. Dies gilt nicht nur für innovative neue Geschäftsmodelle im Bereich der FinTechs, die mit großen Datenmengen umzugehen und hieraus Nutzen zu ziehen wissen. Auch „herkömmlichen“ Marktteilnehmers tun sich Perspektiven auf.

Mehr Ganzheitlichkeit in der Finanzberatung

Mit Sicherheit wird FiDA der Ganzheitlichkeit von Dienstleistungs- und insbesondere Beratungsansätzen der verschiedensten Finanzinstitute noch weiteren Vorschub leisten. Ein erleichterter Zugang zu den Kundendaten, die bei anderen Dienstleistern vorrätig sind, vereinfacht deren Berücksichtigung bei der Erbringung der eigenen Leistung natürlich ungemein.

Family Offices als Finanzinformationsdienstleister

Für Family Offices birgt ein standardisierter elektronischer Zugriff auf die Finanzdaten ihrer Kunden großes Potential. Soweit sie jedoch keine Erlaubnis als Wertpapierinstitut besitzen, müssten sie, um Mitglied in einem FiDA-System werden zu können, zunächst eine Zulassung als Finanzinformationsdienstleister erlangen. Die FiDA stellt vor eine solche Zulassung ein aufwändiges Verwaltungsverfahren bei der nationalen Aufsichtsbehörde. In dessen Rahmen ist unter anderem detailliert nachzuweisen, dass hinreichende technische und organisatorische Maßnahmen zur Sicherung der erlangten Kundendaten ergriffen wurden.

Bankenunabhängige Vermögensverwalter

Auch bankenunabhängige oder externe Vermögensverwalter (External Asset Managers – EAM), die schon aufgrund ihres Geschäftsmodelles auf die Daten der depotführenden Banken ihrer Kunden angewiesen sind, könnten von einem technisch standardisierten Zugriff auf Kundendaten profitieren. Um aber so richtig spannend für sie zu werden, müsste FiDA ihnen auch die Möglichkeit eröffnen, nicht nur Daten abzurufen, sondern – analog zu den Zahlungsauslösediensten – auch Orders aufzugeben.

Echtes Open Banking versus Einbahnstraße

Zur Verwirklichung eines „echten“ Open Bankings müsste– bildlich gesprochen – die bislang vorgesehen Einbahnstraße in beide Richtungen geöffnet werden. Die Systeme sollten nicht nur der Zurverfügungstellung von Daten, sondern auch – um im Bild zu bleiben – in der entgegengesetzten Richtung zur Übermittlung von Orders dienen. Das Ansinnen der Kommission, Wettbewerb zu fördern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure am Finanzmarkt zu schaffen, wird mit dem aktuellen Entwurf der FiDA wohl nicht effektiv und umfassend umgesetzt werden können.

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