Der gute Rat war nicht teuer
Bis zum Jahrhundertsommer 2018 war die Welt noch in Ordnung. Die von der Kommission vorgeschlagene Ausdehnung der Preisgleichheit für Zahlungen in Euro, die durch Konsumenten in der Non-Euro-Zone initiiert werden, würde im Kartengeschäft immerhin zu Mindereinnahmen von ca. 2 Mrd. Euro führen. Es gab dadurch keine schlaflosen Nächte, da vorwiegend die Kartenherausgeber in Großbritannien betroffen wären, wenn diese in der EU bleiben würden. Das wird aller Voraussicht nach nicht der Fall sein. Der Europäische Rat hat Ende Juni mit seinen Vorschlägen gute Arbeit geleistet, die scharfen Kanten des Kommissionsvorschlags geschliffen und damit wesentlich zur Machbarkeit der Änderungen beigetragen. Man soll auch mal loben! Der Rat hat im Einklang mit Artikel 59 der PSD2 klargestellt, dass die geforderte Preistransparenz für die Währungsumrechnung am POS und ATM nur für die DCC-Anbieter gilt, nicht aber für den Kartenherausgeber. Der Issuer bietet letztendlich durch die Verarbeitung einer Fremdwährungstransaktion auch einen Währungsumrechnungsservice an. Er muss seinen Karteninhaber natürlich grundsätzlich über die Konditionen für die Währungsumrechnung informieren, aber nicht für jede Transaktion auf dem Bildschirm des POS- oder ATM-Terminals, bevor die Transaktion generiert wird. Das war im Vorschlag der Kommission noch unklar.
DCC ist nicht länger ein Thema nur für Acquirer
Genau an diesem Punkt scheiden sich jetzt die Geister. Das EP hat Anfang November dafür plädiert, beide Währungsumrechnungsdienstleister (Issuer und alternative DCC-Anbieter) hinsichtlich der Preisangabe (inklusive des angewendeten Wechselkurses) in die Pflicht zu nehmen. Der Karteninhaber sollte am Terminal über eine einheitliche Preisvorgabe beide Angebote in der Währung seines Heimatlandes (wo das Kartenkonto geführt wird) in Klartext vergleichen können. Auch wenn DCC als zusätzliche Option gar nicht angeboten wird, soll der europäische Issuer bei jeder Fremdwährungstransaktion (innerhalb der EU) diese Informationen an das Terminal übertragen. Man kann sich gut vorstellen, welche technischen Folgen diese Schnapsidee hat. Nicht mal eine Übergangsfrist wird genannt. Es kommt aber noch schlimmer. Der Issuer muss den Karteninhaber in die Lage versetzen, die grundsätzliche Möglichkeit der Inanspruchnahme von DCC per Knopfdruck (z.B. über einen Login zum Kartenkonto) ein- und auszuschalten.
Preisgleichheit für alle
Beim Thema der Preisgleichheit für XB-Transaktionen möchte das EP die Anwendung auf sämtliche Transaktionen innerhalb der EU in Euro und in anderen Währungen der Mitgliedsstaaten ausdehnen. Die Kommission hat sich aus politischen Machbarkeitsgründen in ihrem Vorschlag noch auf die Transaktionen in Euro begrenzt, aber die Ausdehnung auf alle europäischen Währungen für den nächsten Schritt (spätestens ab 2022/2023) vorbehalten. Das bedeutet, dass z.B. ein deutscher Kartenherausgeber für eine Kartentransaktion in polnischer Zloty dem Karteninhaber keinen Aufschlag (derzeit in Deutschland ca. 1,75%; in anderen Ländern sogar wesentlich höher) mehr in Rechnung stellen darf. Das ist keine schöne Voraussicht für den bereits durch die Interchange Fee Verordnung stark gebeutelten Business Case im Issuing. Als Issuer müssen Sie aber damit rechnen, dass die verordnete Preisgleichheit der Fremdwährungstransaktion mit der vergleichbaren inländischen Transaktion auf jedem Fall kommen wird. Wenn nicht jetzt, dann in ca. 5 Jahren.
Das Schlupfloch in der Reg. 924
Es gibt aber zum Schluss auch eine gute Nachricht. Die Reg. 924 differenziert zwischen Gebühren für XB-Transaktionen und für die Währungsumrechnung. Nur die Gebühren für XB-Transaktionen sind von der verordneten Preisgleichheit betroffen. Innerhalb der Euro-Zone dürfen die Issuer schon längst keine Gebühren für XB-Transaktionen erheben, wenn die vergleichbaren inländischen Transaktionen ohne Gebühr angeboten werden. Eine bepreisbare XB-Transaktion ist damit immer eine Transaktion, bei der eine Währungsumrechnung stattfindet. Es bietet sich also an, die Gebühr für die XB-Transaktion ausdrücklich in eine Gebühr für die Währungsumrechnung („currency conversion charge“) umzubenennen. Heute werden diese Gebühren noch als „Gebühr für Zahlungen in Fremdwährung“ oder als „Auslandseinsatzentgelt“ bezeichnet. Warten Sie (als Issuer in der Euro-Zone) damit nicht, bis Reg. 924 auf alle XB-Transaktionen ausgedehnt wird (bald oder in 5 Jahren). Sonst könnte man Ihnen wegen der zeitlichen Nähe eine Umgehung der Verordnung zu Lasten legen. Als Acquirer und DCC-Anbieter wäre es zu überlegen, ob man DCC nur noch für Karteninhaber, die von außerhalb der EU kommen, anzubieten. Dann können Sie das Geschäft weiterhin wie heute, ohne die von der Kommission geforderten technischen Veränderungen, anbieten. Vermutlich sind die asiatischen und amerikanischen Touristen für Sie ohnehin die wichtigsten Ertragsbringer in diesem Geschäft, oder? Cover picture: Copyright © fotolia / nanunn