Zahlungstoken im aufsichtsrechtlichen Spannungsverhältnis zwischen MiCAR & PSD2/EMD2 bzw. künftig PSD3/PSR

Zahlungstoken im aufsichtsrechtlichen Spannungs-verhältnis zwischen MiCAR & PSD2/EMD2 bzw. künftig PSD3/PSR

Als Zahlungstoken werden Crypto-Assets („Kryptowerte“) kategorisiert, die hauptsächlich zu Zahlungszwecken eingesetzt werden. Mit der Markets in Crypto-Assets Regulation („MiCAR“) werden Zahlungstoken u.a. in Form der E-Geld-Token geregelt. E-Geld-Token (und ggf. andere Zahlungstoken) fallen aber auch in den Anwendungsbereich der E-Money-Directive 2 („EMD2“) und der Payment Services Directive 2 („PSD2“) (künftig Payment Services Directive 3 („PSD3“) und Payment Services Regulation („PSR“)). Hierdurch entsteht ein aufsichtsrechtliches Spannungsverhältnis zwischen den Vorschriften der MiCAR einerseits und den Vorschriften der EMD2/PSD2 (künftig PSD3/PSR) andererseits. In diesem Beitrag sehen wir uns dieses Spannungsverhältnis, das viele Fragen aufwirft und praktische Abgrenzungsschwierigkeiten bereitet, näher an.

MiCAR

Mit der MiCAR, die am 29.06.2023 in Kraft getreten ist und teilweise seit dem 30.06.2024 gilt, will der EU-Gesetzgeber den Markt für Kryptowerte regulieren.

In der Praxis werden Kryptowerte typischerweise in drei Arten gegliedert:

  • Payment/Currency Token
  • Utility Token
  • Security/Investment Token

Die Einordnung eines Tokens in eine der vorgenannten Kategorien erfolgt anhand des Zwecks des jeweiligen Tokens.

Die MiCAR selbst unterteilt Kryptowerte in drei Kategorien:

  • E-Geld-Token
  • Vermögenswertereferenzierte Token
  • andere Kryptowerte

Dabei werden Zahlungstoken von der MiCAR primär als E-Geld-Token eingestuft; jedoch können auch vermögenswertereferenzierte Token zu Zahlungszwecken eingesetzt werden.

EMD2/PSD2 (künftig PSD3/PSR)

Nach derzeitiger Rechtslage wird die Erbringung von Zahlungsdiensten durch Zahlungsinstitute in der PSD2 und das Betreiben des E-Geld-Geschäfts durch E-Geld-Institute in der EMD2 geregelt.

PSD2 und EMD2 werden in näherer Zukunft durch die PSD3 und die PSR ersetzt werden. PSD3 und PSR liegen derzeit als Entwürfe der EU-Kommission vor und wurden von dem EU-Gesetzgeber noch nicht verabschiedet.

Das für die Erbringung von Zahlungsdiensten und E-Geld-Diensten maßgebliche Aufsichtsrecht wird künftig in der PSD3 geregelt werden. Die PSR wird ebenfalls aufsichtsrechtliche Vorschriften enthalten (insbesondere den Katalog der Ausnahmen von der Erlaubnispflicht), im Schwerpunkt aber das für die Erbringung von Zahlungsdiensten und E-Geld-Dienste maßgebliche Zivilrecht (Rechte und Pflichten der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstenutzer bzw. der E-Geld-Inhaber; Transparenz- und Informationspflichten der Zahlungsdienstleister) regeln. PSD3 und PSR werden im Vergleich zu PSD2 und EMD2 einige wesentliche Neuerungen bringen (vgl. hierzu z.B. unsere Beiträge Die Vorschläge der EU-Kommission für die PSD3 und die PSR – ein erster Überblick und Neuerungen der ECON-Berichte für PSD3 und PSR Entwürfe).

E-Geld-Token im aufsichtsrechtlichen Spannungsverhältnis

MiCAR-Grundsatz: Keine Überschneidung mit anderen EU-Rechtsakten

Der EU-Gesetzgeber verfolgt im Rahmen der Regulierung von Kryptowerten durch die MiCAR den Grundsatz, Überschneidungen mit Regulierungen aus anderen EU-Rechtsakten zu vermeiden.

Nach Art. 2 Abs. 4 MiCAR gilt die MiCAR nicht für Kryptowerte, die Kategorien angehören, die bereits durch andere EU-Rechtsakte geregelt werden. Beispiele sind u.a.:

  • Finanzinstrumente (für diese gilt die Finanzmarktrichtlinie (MiFID II))
  • Einlagen (diese fallen unter die Einlagensicherungsrichtlinie)
  • Verbriefungen (für diese gilt die Verbriefungsverordnung)
  • Geldbeträge, sofern diese nicht als E-Geld-Token einzustufen sind.

Ausnahme vom MiCAR-Grundsatz: Nebeneinander von MiCAR und EMD2 (künftig PSD3/PSR) bei E-Geld-Token

Der Grundsatz zur Vermeidung einer Überschneidung der MiCAR mit anderen EU-Rechtsakten wird jedenfalls in Bezug auf E-Geld-Token durchbrochen, da die MiCAR in ihrem Titel IV gesonderte Regelungen für E-Geld-Token enthält und hier ein Nebeneinander von MiCAR und der EMD2 vorsieht.

Art. 48 Abs. 3 MiCAR regelt diesbezüglich, dass für E-Geld-Token die Regelungen von Titel II und Titel III der EMD2 gelten, sofern in Titel IV der MiCAR nichts anderes bestimmt ist. Titel II und Titel III der EMD2 enthalten insbesondere Vorschriften zur Aufnahme, Tätigkeit und Beaufsichtigung von E-Geld-Instituten sowie zur Ausgabe und Rücktauschbarkeit von E-Geld.

Das Nebeneinander von MiCAR und der EMD2 (künftig PSD3/PSR) bei der Regulierung von E-Geld-Token führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten und wirft viele Fragen auf (vgl. hierzu unten).

Qualifizierung von E-Geld-Token als Geldbetrag

Künftig sollen E-Geld-Token unter den Begriff des „Geldbetrags“ i.S.d. Art. 2 Nr. 23 PSD3 bzw. Art. 3 Nr. 30 PSR fallen.

Die Qualifizierung von E-Geld-Token als „Geldbetrag“ führt ebenfalls zu Abgrenzungsschwierigkeiten und offenen Fragen (vgl. hierzu unten).

Abgrenzungsschwierigkeiten…

Wie vorstehend dargelegt werden E-Geld-Token sowohl dem Regulierungsrahmen der MiCAR als auch dem Regulierungsrahmen der EMD2 (künftig PSD3/PSR) unterworfen.

Zur Bestimmung des auf ein E-Geld-Produkt anwendbaren Regelungsregimes muss daher geprüft werden, ob es sich bei dem jeweiligen E-Geld-Produkt um „klassisches“ E-Geld handelt, dass ausschließlich der EMD2 (künftig PSD3/PSR) unterworfen ist oder ob es sich um einen E-Geld-Token handelt, auf den sowohl die EMD2 (künftig PSD3/PSR) als auch bestimmte Regelungen der MiCAR Anwendung finden.

Die Definition der EMD2 (künftig PSD3/PSR) für E-Geld einerseits und die Definition von E-Geld-Token in der MiCAR andererseits sind nicht deckungsgleich. Im Einzelfall kann die Abgrenzung von E-Geld und E-Geld-Token und damit die Bestimmung des für ein E-Geld-Produkt anwendbaren Regelungsregimes daher Schwierigkeiten bereiten.

… & offene Fragen

Das oben aufgeworfene Spannungsverhältnis zwischen MiCAR und der PSD2/EMD2 (künftig PSD3/PSR) wirft viele Fragen auf. Beispielhaft können folgende Fragen aufgeführt werden:

  • Wenn E-Geld-Token künftig auch unter den Begriff des „Geldbetrags“ i.S.d. PSD3/PSR fallen, führt dies dann zu einer Doppelregulierung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen durch die MiCAR einerseits und durch die PSD3/PSR andererseits?
  • Müssen aufgrund der Verweisregelung in Art. 48 Abs. 3 MiCAR auch CRR-Kreditinstitute, die E-Geld-Token herausgeben, die Anforderungen der EMD2 (künftig PSD3/ PSR) erfüllen, die grundsätzlich nur für Zahlungsinstitute bzw. E-Geld-Institute gelten (z.B. Regelungen der Kundengeldsicherung)?
  • Besteht eine Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung bei der Durchführung von Transaktionen mit E-Geld-Token?
  • Welche Regulierungsanforderungen gelten für vermögenswertereferenzierte Token, die (auch) für Zahlungszwecke eingesetzt werden können?

Fazit

Die Regelung des Verhältnisses zwischen MiCAR einerseits und PSD2/EMD2 (künftig PSD3/PSR) andererseits in Bezug auf E-Geld-Token (und ggf. auch vermögenswertereferenzierte Token) führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten und offenen Fragen. Klarstellungen durch den EU-Gesetzgeber sind daher wünschenswert. Es bleibt abzuwarten, ob der EU-Gesetzgeber entsprechende Anpassungen z.B. im Rahmen des noch laufenden Gesetzgebungsverfahrens zu PSD3/PSR vornimmt.



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