Am 03.01.2025 veröffentlichte die BaFin ein Merkblatt zu Kryptowerte-Dienstleistungen nach der Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 („MiCAR“). Das BaFin Merkblatt Kryptowerte-Dienstleistungen nach MiCAR („Merkblatt“) enthält u.a. Auslegungshinweise zu Kryptowerte-Dienstleistungen und konkretisiert, wann eine Zulassungspflicht bzgl. der Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen besteht. Dieser Beitrag befasst sich mit den Auslegungshinweisen zu Kryptowerte-Dienstleistungen.
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Auslegungshinweise zu Kryptowerte-Dienstleistungen
Das Merkblatt enthält Auslegungshinweise zu den diversen Kryptowerte-Dienstleistungen:
a) Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 16 lit. a und Nr. 17 MiCAR wird die Kryptowerte-Dienstleistung der Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden definiert als „die sichere Aufbewahrung oder Kontrolle von Kryptowerten oder der Mittel für den Zugang zu solchen Kryptowerten für Kunden, unter Umständen in Form privater kryptografischer Schlüssel“.
Diese Definition entspricht der ersten Alternative der bis zum 30.12.2024 bestandenen Definition des Kryptoverwahrgeschäfts[1] aus dem Kreditwesengesetz („KWG“) („die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte für andere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen, sowie die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowertpapiere für andere nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen“), so dass die BaFin richtigerweise auf die Auslegungsgrundsätze des Kryptoverwahrgeschäfts zurückgreift.
Danach ist die Verwahrung von Kryptowerten als die Inobhutnahme der Kryptowerte als Dienstleistung für Dritte zu verstehen.
Die „Verwaltung von Kryptowerten“ ist als die laufende Wahrnehmung von Rechten aus dem Kryptowert zu verstehen. Irrelevant ist nach der BaFin, dass die MiCAR-Definition der Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden die „Verwaltung“ nicht entsprechend ausführt.
Die „sichere Aufbewahrung“ aus der MiCAR-Definition ist als digitale Speicherung der Private Keys Dritter und/oder als Aufbewahrung physischer Datenträger (z. B. ein USB-Stick oder ein Blatt Papier), auf denen solche Private Keys gespeichert sind, zu verstehen. Wie bisher ist die Zurverfügungstellung von Speicherplatz (z. B. durch Webhosting- oder Cloudspeicher-Anbieter) nicht vom Tatbestand erfasst, solange der jeweilige Anbieter der Dienstleistung nicht zudem die Sicherung der Kryptowerte verspricht bzw. anbietet.
Ausgenommen vom Tatbestand ist zudem die bloße Herstellung oder der Vertrieb von Hard- oder Software zur Sicherung der Kryptowerte oder der Private Keys, die von den Kunden eigenverantwortlich betrieben werden (z.B. Self-hosted Wallet), soweit die Anbieter keinen Zugriff auf die verwahrten Kryptowerte oder Private Keys haben. Entsprechend fallen Wallet-Anbieter mit entsprechenden Zugriffsmöglichkeiten unter dem Tatbestand.
Ebenfalls ausgenommen vom Tatbestand ist die Verwahrung eigener Kryptowerte, da die Verwahrung nicht für Kunden erfolgt. Irrelevant ist hierbei, ob die Verwahrung durch den Anbieter selbst oder durch von ihm abhängig Beschäftigte bzw. Gesellschafter, die im Rahmen eines echten personengesellschaftlichen Verbundes arbeitseilig handeln, ausgeführt wird.
b) Erbringung von Transferdienstleistungen über Kryptowerte für Kunden
Neben der Wiedergabe der MiCAR-Definition weist die BaFin darauf hin, dass Kryptoverwahrer bzw. Wallet-Anbieter möglicherweise die Kryptowerte-Transferdienstleistung erbringen, wenn sie im Rahmen von Staking die Übernahme des Transfers der verwahrten Token an einen Smart Contract auf der Blockchain, wo die Token dann gestakt werden, anbieten.
Staking bezeichnet einen blockchain-internen Mechanismus einer Proof-of-Stake-Blockchain, bei dem eine festgelegte Menge von Token zur Validierung von Blockchain-Transaktionen verwendet werden. Dabei werden die Kryptowerte auf der Blockchain an einen Knoten im Netzwerk (sog. “Validierer”) gebunden. Dieser Mechanismus hat das Ziel, die Blockchain zu dezentralisieren und abzusichern. Durch diesen Beitrag erhält derjenige, der mit seinen Token zur Sicherheit des Netzwerks beiträgt, eine Belohnung.
Validierer, Knoten oder Miner im Rahmen des Stakings und reine Strukturdienstleistungen fallen gemäß der BaFin, die sich richtigerweise auf Erwägungsgrund Nr. 93 der MiCAR bezieht, nicht unter dem Tatbestand.
Nicht ganz klar an den Ausführungen der Bafin ist, ob Staking-Dienstleistungen bzw. das Anbieten von Staking generell unter die Kryptowerte-Transferdienstleistung fallen oder nur die konkrete Transferleistung. Denkbar wäre es auch Staking unter Verwaltung von Kryptowerten zu fassen, da Staking als Wahrnehmung von Rechten aus dem Kryptowert verstanden werden könnte.
Des Weiteren führt die BaFin anknüpfend an Erwägungsgrund Nr. 93 der MiCAR aus, dass E-Geld-Token nur von zugelassenen Zahlungsinstituten transferiert werden können.
c) Kryptowerte-Dienstleistungen, die MiFID II-Wertpapierdienstleistungen entsprechen
Art. 60 Abs. 3 MiCAR führt aus, welche Kryptowerte-Dienstleistungen welchen MiFID II-Wertpapierdienstleistungen entsprechen. Anknüpfend daran verweist die Bafin hinsichtlich der Auslegung der restlichen Kryptowerte-Dienstleistungen auf bereits bestehende Merkblätter:
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung des Betriebs einer Handelsplattform für Kryptowerte verweist die BaFin auf die Merkblätter der BaFin zu den Tatbeständen des Betriebs eines multilateralen Handelssystems gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG und des Betriebs eines organisierten Handelssystems gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1d KWG. Die BaFin weist zusätzlich darauf hin, dass auch Systeme erfasst werden, die die Zusammenführung von Handelsinteressen erleichtern und nicht notwendigerweise ein Vertragsabschluss innerhalb des Systems erfolgen muss.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung des Tauschs von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag und der Kryptowerte-Dienstleistung des Tauschs von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte verweist die BaFin auf das Merkblatt der BaFin „Hinweise zu den Tatbeständen des Eigenhandels und des Eigengeschäfts“. Wie im Falle von Finanzinstrumenten ist das Eigengeschäft mit Kryptowerten nicht zulassungspflichtig, „da ein Vertragsabschluss mit (und für) Kunden erforderlich ist, d.h., ein Vertrag, der ausschließlich im eigenen Interesse geschlossen wird, erfüllt den Tatbestand nicht“.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung der Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden verweist die BaFin auf die Merkblätter der BaFin zur Abschlussvermittlung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG und zum Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung der Platzierung von Kryptowerten verweist die BaFin auf die Merkblätter der BaFin zum Emissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG und zum Platzierungsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1c KWG.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung der Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden verweist die BaFin auf das Merkblatt der BaFin zur Anlagevermittlung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung der Beratung zu Kryptowerten verweist die BaFin auf das Merkblatt zur Anlageberatung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG.
- Bezüglich der Kryptowerte-Dienstleistung der Portfolioverwaltung von Kryptowerten verweist die BaFin auf das Merkblatt der BaFin zur Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG.
Übersetzungsfehler
Darüber hinaus weist die BaFin im Rahmen der Darstellung der jeweiligen Kryptowerte-Dienstleistungen auf einige Übersetzungsfehler in der deutschen Version der MiCAR hin. Leider ziehen sich durch die deutsche Version der MiCAR eine Vielzahl von Übersetzungsfehler, so dass die deutsche Version der MiCAR nicht isoliert von der englischen Version gelesen werde sollte. Es bleibt zu hoffen, dass diese Übersetzungsfehler korrigiert werden, da sie teils nicht unerheblich sind.
Fazit
Das Merkblatt schafft mehr Rechtsicherheit bezüglich der Auslegung der jeweiligen Kryptowerte-Dienstleistungen. Zu begrüßen ist insbesondere, dass die BaFin auf bereits bestehende Auslegungshinweise zu vergleichbaren Finanzdienstleistungen bzw. Wertpapierdienstleistungen zurückgreift und auf Übersetzungsfehler in der deutschen Version der MiCAR hinweist.
[1] Das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz („FinmadiG“) hat u.a. das KWG dahingehend geändert, dass das Kryptoverwahrgeschäft als Finanzdienstleistung wegfallen ist, da die Verwaltung und Verwahrung von Kryptowerten nun in den Anwendungsbereich der MiCAR fällt. Stattdessen enthält das KWG als Finanzdienstleistung nun das qualifizierte Kryptoverwahrgeschäft, das die Verwahrung und Verwaltung kryptografischer Instrumente und die Sicherung von Private Keys zu kryptografische Instrumenten, Kryptowertpapieren, Kryptofondsanteile und Wertpapiere, die unter Verwendung der DLT oder einer ähnlichen Technologie übertragen und gespeichert werden können, erfasst.