EBA konkretisiert E-Geld-Definition – Was bedeutet das für die Praxis?

EBA konkretisiert E-Geld-Definition – Was bedeutet das für die Praxis?

Die Definition von E-Geld spielt in der Praxis eine wichtige Rolle, da sie die regulatorischen Anforderungen an Produkte und Geschäftsmodelle bestimmt (z.B. Vertriebswege via E-Geld-Agenten). Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde („EBA“) hat kürzlich im Rahmen ihrer Q&A klargestellt, unter welchen Bedingungen elektronisches Geld („E-Geld“) vorliegt. Diese Klarstellungen haben direkte Auswirkungen auf die Praxis von E-Geld-Emittenten und lassen Produkte und Geschäftsmodelle in einem neuen Licht erscheinen.  

Hintergrund

(E-Geld-)Produkte (…)

Von dem erstmals durch die Richtlinie 2000/46/EC (E-Geld-Richtlinie 1 – „EMD1“) definierten E-Geld werden mittlerweile die unterschiedlichsten Zahlungsprodukte erfasst, z. B.

  • Werteinheiten, die nur auf Chipkarten als Inhaberinstrumenten gespeichert sind (z. B. die mittlerweile abgeschaffte GeldKarte),
  • Guthabenkarten, bei denen das Guthaben zentral (z.B. server-basiert) bei dem Kartenherausgeber verwaltet wird,
  • Geschlossene kontenbasierte Zahlungssysteme (z. B. PayPal) oder sogar
  • IBAN-Zahlungskonten auf Guthabenbasis (z. B. in Litauen).

Bedingt durch PayPal dominieren in der EU derzeit die reinen kontenbasierten Systeme (ca. 75% auf Basis des Zahlungsvolumens)[1]. Der Rest besteht aus kartenbasierten E-Geld-Produkten, vorwiegend sog. Prepaid- „Kreditkarten“ (v.a. Mastercard und Visa). Das ursprüngliche „echte“ E-Geld als Inhaberinstrument (s.o. Geldkarte) ist nahezu vollständig vom Markt verschwunden.[2] Die EZB veröffentlicht zwar weiterhin, dass 12% (1. Halbjahr 2024) des E-Geldzahlungsvolumens in der Euro-Zone durch „cards on which e-money can be stored“ generiert wird[3], jedoch beruht diese Aussage vermutlich auf dem fehlerhaften Reporting mehrerer E-Geld-Emittenten.

(…) und Abgrenzungsschwierigkeiten

In der Praxis führt dies dazu, dass sich die Einordnung von Produkte als E-Geld mitunter als schwierig gestaltet. Ein aktuelles Beispiel ist z.B. die schwierige Abgrenzung zwischen E-Geld und Sichteinlagen (und im Rahmen der Markets in Crypto-Assets Regulation („MiCAR“) auch die (Folge-)Fragen in Bezug auf E-Money Tokens und „tokenised deposits“[4]).

Ob ein Produkt als E-Geld einzustufen ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Merkmale der E-Geld-Definition erfüllt sind. Diese Merkmale sind auslegungsbedürftig und führten in der Praxis zu unterschiedlichen Auffassungen.

Q&A der EBA zur Definition von E-Geld

Die EBA hat am 17. Januar 2025 im Rahmen ihres Q&A-Verfahrens (mit der ID 2022_6336, hier abrufbar) Klarstellungen in Bezug auf die Definition von E-Geld getroffen. Konkret geht es darum, wann ein monetärer Wert als E-Geld einzustufen ist und welche Rolle die Akzeptanz durch Dritte spielt.

Anlass dafür war die an die EBA (bereits im Jahr 2022 gestellte) Frage eines Unternehmens, das die E-Geld-Lizenz von ihrer nationalen Aufsichtsbehörde erhalten wollte. Die nationale Aufsichtsbehörde hatte die E-Geld-Lizenz für die Ausgabe einer „Prepaid“- Karte „connected to a global payment card scheme“ (wohl Mastercard oder Visa) verweigert. Die Aufsichtsbehörde begründete diese Verweigerung mit dem Hinweis, dass das Definitionskriterium „accepted by a natural or legal person other than the electronic issuer“ gemäß Art. 2 Nr. 2 der (EU) Richtlinie 2009/110/EG (E-Money-Directive 2 – „EMD2“) nicht erfüllt sei. Im Zuge dessen wurde die Frage gestellt, ob ein Zahlungsempfänger selbst Inhaber des E-Geldes werden muss, damit das Kriterium der „Drittakzeptanz“ von E-Geld gemäß der E-Geld-Definition erfüllt ist.

Nach Ansicht der EBA bedeutet die Akzeptanz durch Dritte, dass das E-Geld tatsächlich von Dritten akzeptiert und angenommen werden muss. Es reicht nicht aus, wenn der Zahlungsempfänger lediglich die aus dem Rücktausch des E-Geldes resultierenden (Bar-/Giral-)Gelder erhält. Vielmehr muss der Zahlungsempfänger das E-Geld selbst akzeptieren und somit zum Inhaber des E-Geldes werden. Dies setzt eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem E-Geld-Emittenten und dem Zahlungsempfänger voraus.

In ihrer Antwort berücksichtigt die EBA auch das EuGH-Urteil C 661/22 vom 22. Februar 2024 (ABC Projektai UAB vs. Lietuvos bankas). In diesem Urteil weist der EuGH darauf hin, dass E-Geld „a monetary asset separate from the funds received“ ist (a.a.O., Rn. 47).

Praktische Auswirkungen

Unter Berücksichtigung der (allerdings nicht rechtsverbindlichen) EBA-Auffassung dürften auf dem Markt befindliche (E-Geld-)Produkte wie z.B. die Prepaid Visa oder Mastercard wohl nicht mehr als E-Geld einzustufen sein. Das gleiche gilt für die Überweisung von einem E-Geld-IBAN-Konto mittels Interbankenclearing auf ein Konto, das bei einem anderen Institut geführt wird.

Im Falle des kontenbasierten E-Geldes bedeutet das de facto, dass nur Gelder, die in einem geschlossenen Kontenkreislauf (in dem Zahler und Zahlungsempfänger eine vertragliche Beziehung zum Emittenten haben) als Zahlungsmittel genutzt werden können, als E-Geld zu qualifizieren sind. Ein solcher geschlossene Kontenkreislauf, der vom Emittenten verwaltet wird, wäre z.B. im E-Geld-Zahlungssystem PayPal gegeben.

Für die Praxis bedeutet das:

  • E-Geld-Emittenten müssen überprüfen, ob ihre E-Geld-Produkte den E-Geld-Kriterien im Sinne der EBA entsprechen.
  • Zahlungsempfänger müssen E-Geld tatsächlich akzeptieren und nicht nur die daraus resultierenden (Bar-/Giral-)Gelder erhalten.
  • Demnach ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem E-Geld-Emittenten und dem Zahlungsempfängern notwendig.
  • Vor diesem Hintergrund sollten Verträge und Geschäftsmodelle im Lichte der EBA-Auffassung zur Definition von E-Geld überprüft werden.

Fazit und Ausblick

Die Klarstellung der EBA bringt wichtige Implikationen für die Praxis mit sich. Insbesondere die vertragliche Einbindung von Zahlungsempfängern wird noch stärker in den Fokus rücken. Daher sollten Unternehmen ihre (E-Geld-)Produkte im Lichte der EBA-Auffassung rechtlich neu bewerten.

Zugleich wirft die EBA-Auffassung zur E-Geld-Definition neue (Folge-)Fragen auf. Wenn bestimmte Produkte nicht mehr als E-Geld angesehen werden, stellt sich die Frage, was dies für den Vertrieb dieser Produkte (v.a. via E-Geld-Agenten) gerade mit Blick auf die geldwäscherechtlichen Pflichten bedeutet?

Die bevorstehenden regulatorischen Entwicklungen im Rahmen der PSD3 und der PSR lassen u.E. keinen Zweifel daran, dass die Definition von E-Geld (aufsichts-)rechtlich neu gedacht werden wird. Die aktuelle Diskussion, insbesondere der Vorschlag der litauischen Regierung im Europäischen Rat sowie die Auffassung der EBA, verdeutlichen den Handlungsbedarf für den EU-Gesetzgeber. Dies markiert den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte des E-Geldes und wird erhebliche Auswirkungen in der Praxis haben.

 

[1] Siehe ECB Payment Statistics (abrufbar unter https://data.ecb.europa.eu/methodology/payment-services-large-value-payment-systems-and-retail-payment-systems) und PaySys Consultancy Berechnungen.

[2] Marktanalyse durch PaySys Consultancy.

[3] https://www.ecb.europa.eu/press/stats/paysec/html/ecb.pis2024h1~5263055ced.en.html

[4] https://paytechlaw.com/giralgeld-vom-kreditinstitut-e-geld-vom-institut/



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