Nachdem es in den letzten Beiträgen um die verschiedenen Zahlungsdienste ging, geht es nun um eine Ausnahme. Selbst wenn nämlich ein Zahlungsdienst tatbestandlich vorliegt, ist dieser nicht erlaubnispflichtig, wenn eine Ausnahme vorliegt. Eine wichtige Ausnahme ist die sogenannte „Handelsvertreterausnahme“ gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZAG.
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZAG gelten Zahlungsvorgänge zwischen Zahler und Zahlungsempfänger über einen Zentralregulierer oder Handelsvertreter, der aufgrund einer Vereinbarung befugt ist, den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen nur im Namen des Zahlers oder nur im Namen des Zahlungsempfängers auszuhandeln oder abzuschließen, nicht als Zahlungsdienst.
Im Einzelnen müssen für diese Ausnahme daher vorliegen:
- Eine Vereinbarung desjenigen, der Geld entgegennimmt, entweder mit dem Zahler oder dem Zahlungsempfänger. Der Handelsvertreter darf nicht für beide handeln.
- Die Befugnis im Namen des Vertretenen (Kauf-)Verträge auszuhandeln. Dabei muss dem Handelsvertreter nach der Praxis der BaFin ein echter Verhandlungsspielraum blieben und er muss auch davon Gebrauch machen. Dies bedeutet, dem Handelsvertreter muss bei der Verhandlung ein Spielraum verbleiben, bestimmte Konditionen oder Preise selbständig – zumindest innerhalb eines gewissen Rahmens – zu bestimmen.
- Alternativ zum Aushandeln kann der Handelsvertreter auch nur zum Abschluss berechtigt sein. Auch hier muss jedoch ein Entscheidungsspielraum vorhanden sein, dass der Handelsvertreter die Entscheidung darüber trifft, ob das Geschäft letztendlich zu bestimmten Konditionen zustande kommt.
Die BaFin geht davon aus, dass für Internetplattformen in der Regel die Handelsvertreterausnahme nicht in Frage kommt. Zum einen, weil die meisten Plattformen nicht nur mit dem Zahler oder dem Zahlungsempfänger vertragliche Vereinbarungen haben, sondern in der Regel mit beiden. Zum anderen, weil auf den typischen Marktplätzen der Vertragsschluss zwischen Käufer und Verkäufer zumeist automatisiert erfolgt und die Plattform kein Spielraum zur Verhandlung bleibt. Die BaFin hat diese Ansicht auch bereits vor der PSD2 vertreten, mit der PSD2 wurden diese Prinzipien aber auch noch gesetzlich weiter verankert.
Ob diese Differenzierung zwischen online und offline Welt wirklich gerechtfertigt ist, sei einmal dahingestellt, denn auch in der offline Welt verbleiben Handelsvertretern oft keine Verhandlungsspielräume, aber so sieht es die BaFin in ihrem Merkblatt zum ZAG.
Eine Harmonisierung der Auslegung dieser (und weiterer) Ausnahmevorschrift ist jedoch trotz der Vorgaben in der PSD2 nicht vollständig erreicht, weil andere Aufsichtsbehörden, gerade die Handelsvertreterausnahme großzügiger auslegen.
Wer aufmerksam gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZAG nicht nur von Handelsvertreter, sondern auch von Zentralregulierer spricht. Ein Zentralregulierer ist in der Regel ein Einkaufsverband, der für seine Mitglieder Konditionen bei Lieferanten zentral aushandelt und damit in der Regel bessere Konditionen ermöglicht. Bei der Zentralregulierung findet dann eine Bezahlung der Lieferanten in einem bestimmten Turnus für die Mitgliedsunternehmen statt. Hierbei kann sich der Zentralregulierer auf die Ausnahme berufen. In der Praxis gibt der Zentralregulierer jedoch häufig noch eine Zahlungsgarantie ab und/oder kauft die Forderungen der Lieferanten an. Da die Ausnahme jedoch nur für Zahlungsdienstleistungen und nicht für Finanz- oder Bankdienstleistungen gilt, bedienen sich in der Praxis viele Zentralregulierer eines lizensierten Instituts.
Ganz kurzer Merksatz: Der Handelsvertreter kann sich auf eine Ausnahme berufen, wenn er nur für eine Partei auftritt und Verhandlungsspielraum hat. Im Internet gilt die Ausnahme nicht.
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