Selten bekommen wir Leserzuschriften zu den Artikeln auf PayTechLaw. Beim letzten Artikel zu SEPA Request-to-Pay war dies jedoch anders. Die von Lesern gestellte Frage war nämlich, ob einer „Confirmation“ des Zahlers über das SEPA Request-to-Pay Scheme eine zivilrechtliche Erklärungswirkung zukommt, z.B. ob diese ein Schuldanerkenntnis darstellt.
Was SEPA Request-to-Pay ist, haben wir schon in einem ausführlichen Beitrag auf PayTechLaw erklärt, daher nur kurz zum Hintergrund:
SEPA Request-to-Pay (oder kurz SRTP bzw. R2P) ist eine neues SEPA Scheme des European Payment Councils. Damit soll es einem Zahlungsempfänger möglich werden, einen sogenannten “Request” an den Zahler zu schicken. Dieser enthält in der Regel den Zahlbetrag und die Fälligkeit. Der Zahler kann dann entscheiden abzulehnen („reject“) oder zu bestätigten („confirm“). Eine Zahlung wird dadurch zunächst nicht ausgelöst. Wie im ersten Artikel schon beschrieben, wird das Ganze erst richtig sinnvoll werden, wenn es dem Zahler von seinem Zahlungsdienstleister ermöglicht würde, nicht nur auf die Anfrage zu antworten, sondern gleichzeitig auch eine Zahlung zu autorisieren (z.B. eine SEPA Überweisung).
Die Fragestellung: Kann die Bestätigung („Confirmation“) des Zahlers auf den SEPA Request-to-Pay als Anerkenntnis angesehen werden?
Abstraktes Schuldanerkenntnis gem. § 781 BGB?
Beim abstrakten Schuldanerkenntnis gem. § 781 BGB erkennt der Schuldner abstrakt eine Schuld an, unabhängig davon, ob diese tatsächlich besteht oder nicht. Das abstrakte Schuldanerkenntnis gibt dem Gläubiger daher einen zweiten Rechtsgrund, die Leistung zu verlangen. Konkret: Der Zahlungsempfänger könnte aus dem Schuldanerkenntnis klagen und müsste sich nicht auf den Kaufvertrag berufen. Notwendig dafür ist aber, dass Schuldner und Gläubiger sich einig sind, dass die Erklärung des Schuldners zu einem abstrakten Schuldanerkenntnis führt. Das dürfte beim SEPA Request-to-Pay zunächst einmal nicht der Fall sein. Das könnte nur dann der Fall sein, wenn für die „Confirmation“ des Schuldners diese Erklärungswirkung (z.B. in AGB) vereinbart wird.
Dennoch sprechen einige Gründe dagegen, von einem abstrakten Schuldanerkenntnis auszugehen:
- § 781 BGB bedarf dieses der Schriftform (auch die elektronische Form ist ausgeschlossen). Zwar gilt dies gem. 782 BGB nicht für Schuldanerkenntnisse, die auf „Abrechnungen“ beruhen (wie z.B. ein Saldenanerkenntnis), jedoch ist eine Rechnung nicht als Abrechnung anzusehen. Verbraucher können ein abstraktes Schuldanerkenntnis daher nicht elektronisch abgeben.
- Für Kaufleute gilt das Schriftformerfordernis gem. 350 BGB zwar nicht, jedoch gilt auch hier, dass eine Vereinbarung in den AGB dahingehend, dass die „Confirmation“ einen neuen Rechtsgrund schafft, wohl nicht wirksam in AGB vereinbart werden kann.
Deklaratorisches Schuldanerkenntnis?
Die Rechtsprechung hat neben dem abstrakten Schuldanerkenntnis des § 781 BGB auch noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis geschaffen. Dabei entsteht kein neuer Rechtsgrund neben dem alten Rechtsverhältnis, sondern es wird lediglich das bestehende Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger außer Streit gestellt. Voraussetzung für eine deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist daher, dass zwischen den Parteien Streit über das Bestehen der Schuld besteht. Das mag im Einzelfall so sein, ist jedoch sicher nicht der Ausgangsfall beim Empfang einer SEPA Request-to-Pay, so dass nach meiner Ansicht die Voraussetzungen in der Regel nicht vorliegen dürften.
Im Übrigen dürften auch hier das AGB-Recht einer solchen in AGB vereinbarten Erklärungswirkung entgegenstehen. Denn das deklaratorische Schuldanerkenntnis führt zu einem Einwendungsausschluss, zumindest hinsichtlich der bereits im Zeitpunkt des Anerkenntnisses bekannten Einwendungen. Diese weitreichenden Folgen in AGB zu vereinbaren, ist mit § 309 BGB in der Regel nicht zu vereinbaren.
Die Rechtsprechung hat bei sogenannten „Abtretungserklärungen“, bei denen der Schuldner gegenüber einem neuen Gläubiger, an den eine Forderung abgetreten wurde, das Bestehen der Schuld bestätigen sollte, diese Erklärungen restriktiv ausgelegt. Es kann zum einen hinterfragt werden, ob es sich hier überhaupt um einen gegenseitigen Vertrag handelt, weil der Schuldner eigentlich kein Interesse an der Erklärung hat, zum anderen aber sollen damit zumindest keine Einwendungen abgeschnitten werden, die dem Schuldner zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses noch nicht bekannt waren.
Faktisches Anerkenntnis
Auch ein bestimmtes Verhalten des Schuldners kann dazu führen, dass davon ausgegangen wird, dass er eine Schuld anerkennt. Wenn der Schuldner also durch eine „Confirmation“ bestätigt, könnte darin grundsätzlich ein Verhalten gesehen werden, dass aufgrund seiner tatsächlichen Wirkung einen Anscheinsbeweis erbringt, dass der Schuldner die Schuld dem Grund nach anerkennt. Die Bestätigung durch die „Confirmation“ des Zahlers könnte eine solche tatsächliche Handlung sein. Allerdings stünde dies im Wertungswiderspruch zu BGH-Urteilen, nach denen selbst die vorbehaltslose Bezahlung einer Rechnung nicht zwangsläufig als ein Anerkenntnis anzusehen ist, nämlich dann nicht, wenn zwischen den Parteien in diesem Zeitpunkt kein Streit über das Rechtsverhältnis bestand. Diese Argumentation scheint auch für die „Confirmation“ zu greifen: Soweit kein Streit zwischen den Parteien besteht oder nicht weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass das Verhalten des Schuldners ein tatsächliches Anerkenntnis nahelegt, wird in der „Confirmation“ nicht unbesehen ein faktisches Anerkenntnis liegen.
Eine zivilrechtliche Wirkung könnte die „Confirmation“ aber dennoch haben: Den Neubeginn der Verjährung. Gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung erneut zu laufen, wenn der Schuldner gegenüber dem Gläubiger den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Die „Confirmation“ kann als ein „Anerkenntnis in anderer Weise“ angesehen werden. Nach der Rechtsprechung sind vorbehaltslos geleistete Zahlungen oder andere Arten von tatsächlichem Verhalten ausreichend, so dass viel dafürspricht, dass auch eine „Confirmation“ als ausreichend angesehen würde, sollten nicht andere Umstände dagegensprechen.
Es bleibt dabei: Der praktische Nutzen des SEPA Request-to-Pay ergibt sich erst im Zusammenhang mit der Zahlung. Sehr große zivilrechtliche Auswirkungen werden die darüber gesandten Nachrichten „Reject“ und „Confirm“ nicht haben (können), sicher wird ihre Auslegung aber noch die Gerichte beschäftigen. Zu Bedenken ist auch, dass SEPA europaweit gilt und daher eine deutsche, zivilrechtliche Folge nur nationale Bedeutung hätte und nicht europaweite. Es könnte für die Verbreitung des Schemes daher eher schädlich sein, wenn sich sehr unterschiedliche zivilrechtliche Rechtsfolgen daraus in den einzelnen Mitgliedsstaaten ergeben würden.
Cover picture: Copyright © Adobe Stock / peterschreiber.media