Von Medienbrüchen, Videoidentifizierung, eIDAS-Verordnung, Button-Lösung und mehr
Es ist noch kein Jahr her, als die FinTech-Branche den ersten komplett digitalen Kreditantrag als neuen Meilenstein im Mobile-Banking gefeiert hat. Das Vorsprechen bei der Bank, die Erteilung detaillierter Auskünfte, Verträge in Papierform, Warten auf die Kreditzusage: All das sollte für Verbraucher bald der Vergangenheit angehören. Und in der Tat gibt es inzwischen erste Player am Markt, die es ihren Kunden ermöglichen, den Prozess auf den Weg zum Kreditantrag, also den Antragsprozess zum Erhalt eines Konsumentenkredits, komplett digital zu durchlaufen.
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Rechtliche Herausforderungen beim digitalen Kreditantrag – Prozess
Wer nun denkt, dass diese Anbieter von Konsumentenkrediten die regulatorischen Anforderungen an den Kreditantragsprozess nicht einhalten müssen, nur weil dieser digital erfolgt, liegt falsch. Im Gegenteil – denn zu den kreditrechtlichen Anforderungen für sogenannte Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge kommen die Anforderungen für Geschäfte im elektronischen Geschäftsverkehr hinzu. Der digitale Kreditantragsprozess stellt die Anbieter also vor erhebliche Herausforderungen:
Auskünfte / Schufa-Abfrage
Vor Vertragsschluss ist auch bei Konsumentenkrediten die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. Die darlehensgebende Bank darf den Kreditvertrag nur dann abschließen, wenn keine erheblichen Zweifel an der vertragsgemäßen Tilgung bestehen. Grundlage für die Kreditwürdigkeitsprüfung können Auskünfte des Kunden und Informationen von Auskunfteien wie die Schufa sein.
Geldwäscherechtliche Identifizierung
Die darlehensgebende Bank muss zudem die geldwäscherechtlichen Pflichten erfüllen. Dazu gehört insbesondere, den Darlehensnehmer vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung geldwäscherechtlich zu identifizieren. Um hier einen Medienbruch zu vermeiden, kann der Darlehensgeber auf das Videoidentifizierungsverfahren zurückgreifen. Wie sich aus dem Rundschreiben der BaFin zum Videoidentifizierungsverfahren vom 10.04.2017 ergibt, bleibt dieses Prozedere auch zukünftig möglich.
Übermittlung der Europäischen Standardinformationen
Rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung muss die Bank dem Kunden wichtige Informationen zum Darlehensvertrag – die sog. Europäischen Standardinformationen – in Textform auf einem dauerhaften Datenträger übermitteln. Es reicht nicht aus, diese Informationen im Rahmen des Onboardingprozesses lediglich anzuzeigen. An einer zusätzlichen Übermittlung, zum Beispiel per E-Mail, kommt der Darlehensgeber somit nicht vorbei.
Angemessene Erläuterungen
Kreditinstitute müssen dem Kunden vor Vertragsschluss angemessene Erläuterungen zum Vertrag geben. Dies muss nicht notwendigerweise mündlich, sondern kann auch in Textform erfolgen.
Schriftform des Kreditvertrags
Bis vor einem Jahr stellte die Schriftform die große Hürde beim Abschluss eines Kreditvertrages über das Internet dar. Schriftform bedeutet, dass der Kunde den Darlehensvertrag unterschreiben muss, was unweigerlich zu einem Medienbruch führt. Die qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz war in der Praxis kein Ausweg. Das Problem lag darin, dass das Signaturgesetz keine Fernsignatur zulässt und der Einsatz von Chipkarte und Chipkartenlesegerät den Vertragsschlussprozess noch umständlicher gemacht hätte. Erst mit Inkrafttreten der eIDAS-Verordnung zum 01.07.2016 wurden auch in Deutschland zeitgemäße Rahmenbedingungen für qualifizierte elektronische Signaturen geschaffen. So ist es heute möglich, Kreditverträge auch mit einem mobilen Endgerät, wie beispielsweise dem Smartphone, formwirksam zu unterzeichnen.
Button-Lösung auch beim Abschluss von Darlehensverträgen
Neben all den kreditrechtlichen Anforderungen gilt es zudem, die Vorgaben für den Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr zu beachten. Insbesondere hat die Bank die Vertragsabschlusssituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner „Bestellung“ ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt das Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrags über eine Schaltfläche, so muss diese gut lesbar mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung, wie zum Beispiel den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder dergleichen beschriftet sein.
Fazit und Ausblick
Auch wenn die Digitalisierung des Privatkundenkreditgeschäfts nun auch in Deutschland ohne Medienbrüche möglich ist, haben Anbieter von Konsumentenkrediten bei der Implementierung eines digitalen Kreditantragsprozesses diverse regulatorische Anforderungen zu beachten. Entwarnung kann man in Bezug auf das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz geben, das der Bundestag am 27. April 2017 beschlossen hat. Buchstäblich in letzter Minute wurde eine Ausnahme aufgenommen, wonach für Konsumentenkredite bis 12.000 Euro nun doch nicht die Steuer-ID abzufragen ist. Ohne diese Ausnahmeregelung stand zu befürchten, dass die Aufforderung zur Eingabe der 11-stelligen Steuer-ID ähnlich wie ein Medienbruch gewirkt und zu einem signifikanten Anstieg der Abbruchraten geführt hätte.
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