Am 14.02.2023 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) überraschend ein überarbeitetes Merkblatt – Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) („ZAG-Merkblatt“). Auf den ersten Blick fällt auf, dass das ZAG-Merkblatt grundsätzlich seine Systematik beibehält. Neben redaktionellen Anpassungen gibt es auch handfeste inhaltliche Änderungen bzw. Klarstellungen zu einer bisher nicht veröffentlichten Verwaltungspraxis. Nach einer ersten Analyse sind die wichtigsten Änderungen:
Table of Contents
ZAG-Merkblatt unter B. IV. 1.: Zahlungsinstrument
In Bezug auf Zahlungsinstrumente stellt die BaFin unter Verweis auf ein EuGH-Urteil klar, dass ein Zahlungsinstrument auch ein nicht personalisiertes Verfahren sein kann. Dies entspricht der gelebten Verwaltungspraxis.
ZAG-Merkblatt unter B. V.: Finanztransfergeschäft
In Bezug auf die Einräumung einer Kontovollmacht erkennt die BaFin nun an, dass ein Bevollmächtigter mit Zugriff auf fremde Konten unter bestimmten Voraussetzungen nicht den Zahlungsdienst des Finanztransfergeschäfts erbringt. Dies kommt in Frage, wenn die Vollmacht entsprechend beschränkt ist, kein allgemeines Bezahlverfahren etabliert wird und die Dienstleistung offenkundig nicht geldwäsche- oder terrorismusfinanzierungsrelevant ist. Diese Änderung der Verwaltungspraxis ist zu begrüßen, da sie den konturenlosen Tatbestand des Finanztransfergeschäfts schutzzweckorientiert eingrenzt.
ZAG-Merkblatt unter B. VII.: Kontoinformationsdienst
Die BaFin stellt klar, dass der Tatbestand des Kontoinformationsdienstes an die Entgegennahme der Kontozugangsdaten des Kunden anknüpft. Auch hier wird die viel zu weit geratene Legaldefinition des Kontoinformationsdienstes in § 1 Abs. 34 ZAG schutzzweckorientiert eingegrenzt. Dies entspricht der bereits gelebten Verwaltungspraxis der BaFin.
ZAG-Merkblatt unter C. X.: Bereichsausnahme limited network / limited range
In Bezug auf die Bereichsausnahmen limited network / limited range stellt die BaFin noch einmal klar, dass die Leitlinien der EBA über die Ausnahme für begrenzte Netze gemäß der PSD2 vom 24.02.2022 („EBA-Leitlinien“) in die Verwaltungspraxis der BaFin aufgenommen werden und deshalb zu beachten sind.
Demnach ist die BaFin für die Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen die Bereichsausnahmen limited network / limited range in Anspruch nehmen darf, nun neben den qualitativen Informationen auch quantitative Angaben zum Geschäftsmodell (Größe des Netzes, Anzahl der ausgegebenen Instrumente, Höhe des Transaktionsvolumen, etc.).
Änderungen gibt es auch bei der Frage, ob die Bereichsausnahme auch bei online-Verkaufsstellen gilt. Bei der Bereichsausnahme „Hauskarte“ kann das Instrument nicht bei online-Verkaufsstellen genutzt werden. Dies überzeugt, da die Tatbestandsvariante ausschließlich physische Geschäftsräume erfasst. Bei der Bereichsausnahme „limited network“ greift die Bereichsausnahme auch bei reinen Onlineshops. Internetmarktplätze, die nicht selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben, sondern lediglich einen Treffpunkt für Verkäufer und Käufer bereitstellen, werden allerdings von der Ausnahme weiterhin nicht erfasst. Dies ist auch überzeugend, da die einzelnen Anbieter auf einem Marktplatz keinen einheitlichen Marktauftritt haben.
Bei der Bereichsausnahme „limited range“ greift die Bereichsausnahme auch bei reinen Onlineshops. Der Betreiber eines Internet-Marktplatzes, auf dessen Plattform andere Anbieter Waren oder Dienstleistungen anbieten, können die Bereichsausnahme – so die BaFin – allerdings weiterhin nicht in Anspruch nehmen. Diese Einschränkung ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus den EBA-Leitlinien. Die Beschränkung des Instruments ergibt sich daraus, dass damit nur ein sehr begrenztes Warenspektrum erworben werden kann. Warum die Bereichsausnahme nicht für Plattformbetreiber für beschränkte Dienstleistungen (z.B. Mobilitätsleistungen) gelten soll, erschließt sich nicht.
ZAG-Merkblatt unter D. I.: E-Geld
Die ergänzenden Ausführungen zu Kryptowerten könnten eher Fragen aufwerfen, als sie klären. Zum einen wird die Definition für Kryptowerte wiedergegeben ohne auf die negativen Tatbestandsmerkmale hinzuweisen. Unzutreffend ist die Aussage, dass Rechnungseinheiten und andere Kryptowerte ohne Weiteres als E-Geld zu qualifizieren sind. E-Geld ist dann gegeben, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Bitcoins als die prominenteste Kryptowährung sind zwar Rechnungseinheiten, aber kein E-Geld, weil es schon an einer Forderung gegenüber einem Emittenten fehlt. Das sah ausweislich anderer Veröffentlichungen auch die BaFin bislang so. In Hinblick auf die MiCAR dürften aber ohnehin bald weitere Änderungen notwendig werden.
Geändert hat sich auch die die Verwaltungspraxis zu den Rabattsystemen, die nun auch unter die Bereichsausnahmen fallen können, wenn ein Zukauf von monetären Werten möglich ist. Welche konkreten Auswirkungen dies auf die Loyalty-Programme haben wird, wird sich zeigen.
Die BaFin bringt etwas verklausuliert nach unserer Auffassung zudem zum Ausdruck, dass die Tatbestandsmerkmale eines Zahlungsinstruments nach § 1 Abs. 20 ZAG nicht gegeben sein müssen, um die Bereichsausnamen limited network und limited range in Anspruch zu nehmen.
ZAG-Merkblatt unter G: Anzeigepflicht nach § 2 Abs. 2 ZAG
Das Verfahren in Bezug auf die Anzeigepflichten bei Erreichen der 1-Million-Euro-Schwelle wurde entsprechend den Vorgaben der Leitlinien der EBA angepasst. Es gibt hier ein neues Formular für die Neuanzeigen.
Fazit
Der Großteil der Änderungen ist dem Umstand geschuldet, dass die BaFin das ZAG-Merkblatt entsprechend der gelebten Verwaltungspraxis aktualisiert hat. Dies ist aus rechtsstaatlichen Gründen zu begrüßen. An der einen oder anderen Stelle justiert die BaFin mit der Überarbeitung des ZAG-Merkblatts aber auch die Verwaltungspraxis nach.
Vergleichsversion
Zur detaillierten Übersicht über Änderungen hat Dr. Matthäus Schindele eine Vergleichsversion zwischen dem ZAG-Merkblatt der BaFin, Stand: 29.11.2017 und dem ZAG-Merkblatt der BaFin, Stand: 14.02.2023 erstellt. Hier geht’s zur Vergleichsversion.