Gutscheine und Geldkarten als Sachbezug ab 2022 – FALLSTRICKE bei der lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft (§ 42e EStG)

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Neuregelung des Sachbezugs und das BMF-Schreiben

Ich habe in der Vergangenheit über die Änderungen der Vorschriften des Sachbezugs in § 8 Abs. 1 EStG in Bezug auf Gutscheine, Prepaid- und Geldkarten (nachfolgend zusammenfassend: „Gutschein“) berichtet. Das zu den Neuregelungen ergangene BMF-Schreiben habe ich ebenfalls bereits erläutert.

Die Ausgabe von Gutscheinen vom Arbeitgeber an Arbeitnehmer als Sachbezug ist für beide Seiten sehr vorteilhaft und eine seit Langem gewohnte Praxis der Bonifikation von Mitarbeitern, die von kleinen Unternehmen bis zu großen börsennotierten Industrieunternehmen genutzt wird. Daher besteht das Interesse, an dieser Praxis auch nach der Einführung der Neuregelung festzuhalten.

Die neuen Regelungen des § 8 Abs. 1 S. 2 u. S. 3 EStG lauten:

„Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.“

Die Neuregelung des Sachbezugs ist ab dem 01.01.2022 anzuwenden. Die Neuregelung hat insbesondere durch den Verweis auf die Regelungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit beigetragen. Diese Unsicherheit wurde nur zum Teil durch das BMF-Schreiben abgemildert.

Was können die Arbeitgeber tun, um Rechtssicherheit zu erlangen und die gewohnte Praxis mit den jeweils genutzten Gutscheinen fortzusetzen?

Zunächst können Arbeitgeber zusammen mit ihren Steuer- und Rechtsberatern prüfen, ob der jeweilige Gutschein die Voraussetzungen für einen Sachbezug erfüllt. Die Arbeitgeber können die in der Praxis größtmögliche Sicherheit durch die Erstellung einer gebührenfreien (!) Anrufungsauskunft bei dem für diese zuständigen (Lohnsteuer-)Finanzamt erreichen (§ 42e EStG).

Was ist bei der Erstellung einer solchen Anrufungsauskunft zu beachten?

 

Fallstricke bei der Erstellung einer Anrufungsauskunft für Gutscheine als Sachbezug

Uns sind erste Fälle bekannt, in denen die gestellten Anträge und die Begründungen der Finanzämter zur Ablehnung der Anträge „handwerkliche Schwächen“ aufweisen. Wenn Sie als Arbeitgeber das Risiko einer negativen Auskunft minimieren möchten, sollten Sie folgende Fallstricke vermeiden bzw. Hinweise berücksichtigen:

  • Die mit dem Gutschein verbundenen vertraglichen Rechte und Pflichten müssen in dem Antrag präzise beschrieben und belegt werden. Weicht die Darstellung des Sachverhalts von den tatsächlichen Vereinbarungen ab, ist das Finanzamt zudem in einer späteren Prüfung nicht an die erteilte Auskunft gebunden. Ohne eine detaillierte Darstellung des Sachverhalts ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Anrufungsauskunft abgelehnt wird.

 

  • Die Darstellung des Sachverhaltes sollte auf die zu erfüllenden Kriterien der § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a bis c ZAG ausgerichtet sein. Eine solche Darstellung setzt insbesondere bei komplexeren und damit attraktiven Produkten eine vertiefte Kenntnis der genannten aufsichtsrechtlichen Vorschriften des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes

 

  • Im Anschluss an die Darstellung des Sachverhalts sollte eine exakte aufsichts- und steuerrechtliche Einordnung und Bewertung des Sachverhalts in die bestehenden gesetzlichen Regelungen erfolgen (Subsumtion). Nach dem BMF-Schreiben (a. a. O., Rz. 27 u. Rz. 28) sind zwar die in § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG geregelten Bereichsausnahmen lohn- und einkommensteuerlich auszulegen, jedoch bedeutet dieser Hinweis nicht, dass eine vollständig von den aufsichtsrechtlichen Regelungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG abweichende steuerliche Beurteilung erfolgen kann. Auch eine Regelung im Einkommensteuergesetz ist nach ihrem Wortlaut, ihrer Historie, ihrer Systematik sowie ihrem Sinn und Zweck auszulegen.

 

  • Zudem sollte in dem Antrag selbstverständlich erläutert werden, dass die steuerrechtliche Bewertung im Einklang mit der Auslegung in dem BMF-Schreiben Dabei ist insbesondere auch die Entwicklung der Änderungsvorschläge im zurückliegenden Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung des Sachbezugs zu berücksichtigen.

 

Bei Ablehnung der Anrufungsauskunft Einspruch einlegen

Uns ist bekannt, dass erste Anrufungsauskünfte von Finanzämtern abgelehnt wurden. Die Begründungen zeigen, dass sich nicht mit dem Gutschein und den rechtlichen Bestimmungen im Detail auseinandergesetzt wurde, was ggf. auch auf eine unpräzise Darstellung des Sachverhalts zurückzuführen ist. In diesen Fällen sollte Einspruch gegen die Ablehnung der Anrufungsauskunft eingelegt werden, damit andere Personen im Finanzamt den Fall nochmals prüfen können.

In der Einspruchsbegründung ist auf die Begründung des Finanzamts einzugehen. Dabei und bei der Erstellung der weiteren Begründung des Einspruchs sollten aber auch die im vorigen Abschnitt aufgeführten Hinweise beachtet werden.

 

Bindungswirkung der Anrufungsauskunft ausschließlich durch den jeweiligen Arbeitgeber zu erreichen

Die Arbeitgeber haben die Möglichkeit, über eine Anrufungsauskunft bei dem für seine Mitarbeiter zuständigen (Lohnsteuer-)Finanzamt zu klären, ob der Gutschein die Voraussetzungen eines Sachbezugs erfüllt. Die Anrufungsauskunft muss durch den jeweiligen Arbeitgeber erfolgen, der Gutscheine an seine Mitarbeiter als Sachbezug ausgeben möchte. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf eine erteilte Anrufungsauskunft von einem anderen Finanzamt verlassen, da insoweit keine Bindungswirkung besteht.

Hat ein Arbeitgeber bei dem zuständigen Finanzamt eine positive Auskunft erhalten, kann sich ein anderer Arbeitgeber, für den dasselbe Finanzamt zuständig ist, ebenfalls nicht auf die erteilte Auskunft verlassen oder sich darauf berufen.

 

Cover picture: Copyright © Adobe/Andrey Popov



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