Bedingt durch die Ankündigung von Mastercard, dass das Debitkarten-Brand Maestro ab Mitte 2023 beendet wird1, ist das Thema „Co-Badging“ der deutschen Debitkarte „girocard“ derzeit Gegenstand einer aktuellen Diskussion in der (Fach-)Presse und in einschlägigen Internetforen. Die meisten girocard-Karten verzeichnen auf der Kartenvorder- oder Rückseite eine weitere Zahlungsmarke, wie z. B. Maestro (65%), V PAY (25%) und neuerdings auch „Debit Mastercard“.
In diesen Fällen handelt es sich um „co-badging“, in der Interchange Fee Verordnung (IF-VO) Art. 2 (31) definiert als: „Das Aufnehmen von zwei oder mehr Zahlungsmarken oder Zahlungsanwendungen auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument“. Für co-badged Karten gelten in der EU eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen, die in Art. 8 der IF-VO festgelegt sind. So muss zum Beispiel dem Karteninhaber die Möglichkeit eingeräumt werden, am POS-Terminal die jeweilige Zahlungsmarke für die Zahlung „per Knopfdruck“ auszuwählen („application selection“).
In der Praxis spielt diese gesetzlich geforderte Wahlmöglichkeit an der Ladenkasse bislang keine Rolle. Es gibt derzeit keinen Grund, im Inland mit der co-badged Debitkarte aktiv für die Zahlung über Maestro oder V PAY zu optieren. De facto wird girocard für Kartenzahlungen im Inland und die zweite Zahlungsmarke für Zahlungen im Ausland eingesetzt. Das kann sich zukünftig ändern. So gibt es bereits Einzelhändler in Deutschland, die keine „girocard“, sondern nur die internationalen Brands akzeptieren. Im Ausland sehen wir auch Fälle, in denen der Kartenherausgeber oder ein Händler die Zahlung mit einer bestimmten Zahlungsmarke mit Prämien belohnt. Für den Einsatz der Karte im E-Commerce spielt die Brand-Auswahl dagegen bereits eine Rolle, insbesondere dann, wenn das nationale Brand für card-not-present-Zahlungen nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden kann (wie z. B. bis vor kurzem bei der „girocard“).
Co-Badging ist vor allem ein Thema der Plastikkarten bzw. des Platzes im Portemonnaie. Das Problem ist leicht zu lösen, wenn jede Karte nur eine Zahlungsmarke trägt. Es gibt bereits Kreditinstitute, die eine „nackte“ girocard (single-branded) und dazu eine Mastercard oder eine Visa-Karte, die weltweit einsetzbar ist, herausgeben. Bei virtuellen Karten, die in einer App gespeichert werden, ist das Thema sowieso erledigt. Warum sollte man eine virtuelle Karte mit zwei oder mehreren Zahlungsbrands ausstatten. In der App reicht ohnehin der Speicherplatz für mehrere single-branded Kartenapplikationen.
Das Co-Badging-Thema wird in den sieben großen nationalen Kartenzahlungsverfahren innerhalb der EU unterschiedlich gelöst. Siehe Infografik. Da auch Visa bereits Anfang 2019 angekündigt hat, seine Marke „V PAY“ ab diesem Zeitpunkt peu à peu durch „Visa Debit“ abzulösen, wird die Markenlandschaft sich im Kartengeschäft der nationalen Kartenzahlungsverfahren voraussichtlich in nächster Zeit in Richtung „Debit Mastercard“ und „Visa Debit“ verändern.
Gleichzeitig müssen sich die Kartenherausgeber mit dem Thema EPI (European Payments Initiative) herumschlagen. Die Zeit der Powerpoint-Dateien mit bunten Konzepten ist vorbei; jetzt geht es um verbindliche Zusagen und Geld auf dem Tisch durch die kartenherausgebenden Banken. EPI mischt das Thema Co-Badging neu auf. Gibt es eine Übergangsphase für die nationalen Kartenverfahren, in der die Interoperabilität innerhalb Europas durch ein „common brand“ hergestellt wird? Wird der Einsatzbereich der neuen EPI-Karte auf Europa begrenzt sein oder braucht sie ein Co-Badging mit ihren Rivalen Visa und/oder Mastercard? Mehr dazu finden Sie in unserem neuen PaySys-Report Nr. 5 (Oktober 2021).2
Infografik „Co-Badging-Praxis der nationalen Kartenverfahren in der EU“
1 https://www.mastercard.com/news/europe/de-de/blog/de-de/2021/warum-sich-dieser-maestro-nach-30-jahren-zur-ruhe-setzt/
2 https://paysys.de/paysys-report/#
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