Neuerungen im Umsatzsteuergesetz durch das Jahressteuergesetz 2020: Digitalpaket, Couponing und Telekommunikationsleistungen

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Überblick über die Änderungen in der Umsatzbesteuerung durch das Jahressteuergesetz 2020

Im Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) wurden zahlreiche neue Regelungen in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. In meinem heutigen Blogbeitrag möchte ich einige der Änderungen vorstellen, die insbesondere auch für die E-Commerce-Branche relevant sind.

Digitalpaket – Überblick

Am 5.12.2017 hat der Rat der Europäischen Union eine Richtlinie (2017/2455) und zwei Verordnungen (2017/2454 und 2017/2459) zur Vereinfachung der Umsatzbesteuerung im E-Commerce bzgl. des grenzüberschreitenden elektronischen Handels im Privatkundenbereich (sog. B2C-Geschäft) beschlossen. Nachdem seit 1.1.2019 bereits einige Neuregelungen gelten, wurden mit dem Jahresssteuergesetz 2020 (JStG 2020, BGBl. I 2020, 3096) die restlichen Regelungen in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Die neuen Regelungen gelten ab dem 1.7.2021. Bereits ab dem 1.4.2021 gelten die neuen Vorschriften mit Registrierung zum sog. OSS-Verfahren. Einige der Neuregelungen stelle ich nun in ihren Grundzügen vor.

Digitalpaket – was ändert sich konkret?

Im B2C-Geschäft werden folgende Lieferungen und Dienstleistungen in dem Staat der Umsatzsteuer unterworfen, in dem der Endkunde sitzt:

Fiktive Warenlieferung eines im Drittland ansässigen Unternehmers über eine elektronische Schnittstelle

In § 3 Abs. 3a UStG wird ab 1.7.2021 eine fiktive Lieferkette normiert. Diese Lieferkettenfiktion gilt für folgende Fälle:

  • Lieferung der Ware, deren Versendung oder Beförderung im Gemeinschaftsgebiet beginnt oder endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Unterstützung einer elektronischen Schnittstelle an eine Privatperson (§ 3 Abs. 3a S. 1 UStG)
  • Fernverkauf (vormals: Versandhandel) von aus dem Drittland eingeführten Waren mittels einer elektronischen Schnittstelle mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro an Privatpersonen (§ 3 Abs. 3a S. 2 UStG)

Die elektronischen Schnittstellen sind ebenfalls umsatzsteuerliche Unternehmer.

Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen sollte jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob ein Unternehmen, das elektronisch in einen Liefervorgang eingeschaltet ist, nach der Neuregelung in die Lieferkette einbezogen wird. Ausschließlich in die Abwicklung der Zahlung eingeschaltete Banken, Zahlungsinstitute oder Vermittler gelten nicht als unterstützende Schnittstelle, die in die Lieferkette einbezogen werden müsste. Dabei ist jedoch genau darauf zu achten, welche Tätigkeiten die Banken und Zahlungsinstitute tatsächlich erbringen, und ggf. sind vertragliche Anpassungen vorzunehmen.

Versandhandelsreglung wird zum Fernverkauf (§ 3 c UStG)

Die bisherige Versandhandelsregelung wird zum sog. Fernverkauf (§ 3 c UStG). Danach ist der Ort der Lieferung an Privatpersonen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets auch weiterhin am Ende der Warenbewegung, wenn die Lieferschwelle überschritten wird. Die Lieferschwelle ist nun aber innerhalb der EU einheitlich in Höhe von 10.000 Euro geregelt. Bei Überschreiten der Lieferschwelle muss der Lieferant sich in dem anderen EU-Staat umsatzsteuerlich registrieren lassen, oder er versteuert die Umsätze nach dem neu eingeführten One-Stop-Shop-Verfahren (OSS-Verfahren).

§ 3c Abs. 4 UStG normiert Ausnahmen von dieser Regelung für kleine Unternehmer (§ 3c Abs. 4 UStG) sowie für bestimmte Gegenstände, z. B. neue Fahrzeuge (§ 3c Abs. 5 UStG). Ab 1.4.2021 können sich Unternehmer für das Verfahren registrieren, § 3c UStG tritt allgemein ab 1.7.2021 in Kraft.

One-Stop-Shop-Verfahren ersetzt das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren

Das One-Stop-Shop-Verfahren ersetzt das bisher geltende Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS-Verfahren). Mit diesen Verfahren braucht sich ein Unternehmen nicht in einem anderen EU-Staat umsatzsteuerlich registrieren zu lassen, wenn es die Umsätze in seinem Ansässigkeitsstaat erklärt und versteuert. Das MOSS-Verfahren wird inhaltlich erweitert. Künftig gilt das Verfahren nicht mehr nur für die auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen sowie Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen, sondern auch für alle anderen an Privatpersonen innerhalb der EU grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen und im Fall des Fernverkaufs. Ferner kann das OSS-Verfahren auch von Unternehmen in Drittstaaten angewendet werden. Zu beachten ist allerdings, dass die Registrierung in einem zweiten EU-Mitgliedsstaat der Anwendung des OSS-Verfahrens entgegensteht.

Besteuerung der Einfuhr von Waren aus Drittstaaten bis zu EUR 150 (Import-One-Stop-Shop Verfahren)

Für die Einfuhr von Waren mit einem Wert von bis zu EUR 150 wird ein besonderes Besteuerungsverfahren eingeführt (§ 21 a UStG). Es soll die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer vereinfachen, wenn das Import-One-Stop-Shop Verfahren (IOSS; § 18k UStG) nicht genutzt wird, die Einfuhr nicht im Normalverfahren erfolgt und die Gegenstände im Mitgliedsstaat des Verbrauchs eingeführt werden.

Die bisher geltende Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer bei Waren mit einem Wert bis zu 22 Euro wird ersatzlos gestrichen. Der einführende Unternehmer insbesondere Paketdienstleister, kann die Einfuhranmeldung unter bestimmten Voraussetzungen im Namen und für Rechnung des Empfängers der Waren abgeben, bei dem er die Einfuhrumsatzsteuer einfordern muss.

Elektronische Marktplätze sind jetzt elektronische Schnittstellen

Die Regelungen über die Pflichten (§ 22 f UStG) und die Haftung (§ 22 e UStG) von Betreibern elektronischer Marktplätze – siehe dazu mein Blogbeitrag https://paytechlaw.com/jstg-2018/ – werden in elektronische Schnittstellen umbenannt und die Regelungen inhaltlich angepasst. So wird z. B. die Papierbescheinigung über die steuerliche Erfassung der auf dem Marktplatz tätigen Händler durch die Verwendung der USt-ID-Nummer ersetzt.

Preisnachlässe und Preiserstattungen oder auch Couponing

Preisnachlässe führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage der Lieferungen und korrespondierend zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs des Empfängers (§ 17 Abs. 1 Satz 1 u. 2 UStG). Allerdings erfolgt keine Kürzung des Vorsteuerabzugs beim Empfänger, wenn er von der Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt ist, da z. B. der Lieferer den Preisnachlass unmittelbar dem Kunden gewährt.

Nun ist gesetzlich geregelt, dass keine Kürzung der Bemessungsgrundlage erfolgt, wenn der erste Abnehmer an den rabattempfangenden zweiten Abnehmer eine Leistung ausführt, die im Inland nicht steuerpflichtig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Damit wird sichergestellt, dass der rabattgewährende Unternehmer seine Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer reduziert, der erste Abnehmer jedoch seinen Vorsteuerabzug nicht reduziert, da er nicht wirtschaftlich begünstigt ist.

Betroffene Unternehmen sollten insbesondere prüfen, ob und wenn ja inwieweit ihnen die Informationen vorliegen oder beschaffbar sind, ob die Leistung des nachfolgenden Abnehmers an den rabattbegünstigten Abnehmer im Inland umsatzsteuerpflichtig ist.

Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens auf Telekommunikationsdienstleistungen

Ab dem 1.1.2021 gibt es eine neue Regelung für Telekommunikationsdienstleistungen bei Wiederverkäufern. Bisher war bei Telekommunikationsdienstleistungen der leistende Unternehmer Steuerschuldner. Bei der Einschaltung von Wiederverkäufern insbesondere im Bereich der Voice-over-IP‑Telefonie (VoIP) haben offenbar einige Wiederverkäufer die aus dem Weiterverkauf generierte Umsatzsteuer zwar von dem Kunden erhalten aber nicht an das Finanzamt abgeführt und gleichzeitig den Vorsteuerabzug geltend gemacht (sog. Missing Trader). Nach den neuen Regelungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 12 u. Abs. 5 S. 6 UStG) ist Steuerschuldner der Wiederverkäufer. Er hat damit keinen Vorsteuerabzug mehr.

 

 

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