Neufassung der MaComp BT 8

Neufassung der MaComp BT 8

Bafin setzt ESMA-Leitlinien zu MiFID II-Vergütungsanforderungen um

Mit einer Neufassung des Besonderen Teils 8 der Mindestanforderungen an die Compliance (BT 8 MaComp) setzt die BaFin die Leitlinien der European Securities and Markets Authority (ESMA) zu einigen Aspekten der MiFID II-Vergütungsanforderungen vom April 2023 (ESMA35-43-3565) um.

Auch wenn gerade beim ersten Lesen vieles bekannt vorkommt, setzt der neue BT 8 durchaus erhebliche Akzente. Leider bleibt im Detail jedoch vieles im Ungefähren. Wie weitreichend sich die Neufassung auf die gelebte Vergütungspraxis tatsächlich auswirken wird, dürfte insofern vornehmlich von der Aufsichtspraxis der BaFin abhängen. Stoff bietet der neue BT 8 auf jeden Fall.

Regelungen für Lohnerhöhungen und Beförderungen

Regelungsschwerpunkt der inhaltlichen Anforderungen an Vergütungssysteme waren bislang die variablen Vergütungskomponenten. Die Neufassung der MaComp zieht nunmehr die hieran inhaltlichen Anforderungen bildlich gesprochen vor die Klammer. Diese gelten nun nicht mehr nur für die variablen Vergütungsbestandteile, sondern in Gestalt von allgemeinen Anforderungen an die Ausgestaltung von Vergütungsgrundsätzen und -verfahren auch für alle anderen Vergütungsparameter einschließlich Gehaltserhöhungen und Beförderungen. Entsprechenden Maßnahmen der Personalentwicklung dürfen nicht nur rein quantitative Kriterien zugrunde gelegt werden; auch qualitative Kriterien müssen hinreichende Berücksichtigung finden. Insbesondere größere Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDU) tun gut daran, dies in ihren Vergütungs-Policies auch entsprechend niederzulegen.

Stärkung der qualitativen Vergütungskomponenten

Eher versteckt stärkt der neue BT 8 die Bedeutung qualitativer Kriterien für die Vergütungsbemessung.

Verlangte die bisherige Fassung der MaComp lediglich, dass der variable Vergütungsbestandteil sich auch nach qualitativen Kriterien bestimmt, räumt ihnen die Neufassung nun ein erheblich höheres Gewicht ein. Sie schreibt zunächst vor, dass durch die Ausgestaltung quantitativer Kriterien keine Interessenkonflikte entstehen dürfen. Dennoch verbleibende Interessenkonflikte sind durch die Verwendung anderer Kriterien, wie zum Beispiel die Einhaltung der Anforderungen an die Geeignetheit oder die Kundenzufriedenheit, zu „entschärfen“. Ausdrücklich sprechen die MaComp hier nun von „gleich gewichteten“ qualitativen und quantitativen Kriterien.

Als Beispiel für eine schlechte Vorgehensweise, die in der Regel unzulässig sei, erwähnen die MaComp neuerdings explicit die Bemessung der variablen Vergütung hauptsächlich auf Basis quantitativer wirtschaftlicher Daten.

Die gerne geübte Praxis der Bezifferung variabler Vergütungen insbesondere für Mitarbeiter im Vertrieb, rein auf Basis einer quantitativen Zielerreichung und die Berücksichtigung von qualitativen Kriterien nur im Falle von Verstößen, dürfte damit kaum mehr zulässig sein.

Auch die grundsätzliche Annahme der Erfüllung quantitativen Kriterien soweit keine Verstöße auftauchen, ist auf Basis der Neuregelungen wohl auf den Prüfstand zu stellen. Hierfür spricht auch die nunmehr erfolgte Spezifizierung der bereits nach der alten Fassung der MaComp obligatorischen Kontrollen der Vergütungsgrundsätze und -verfahren.

Verschärfte Qualitätskontrollen „durch die Hintertür“

Teil dieser Kontrollen soll die Bewertung der für Kunden erbrachten Dienstleistungen durch die zuständige Compliance-Funktion sein. Die MaComp sprechen in diesem Zusammenhang jetzt ausdrücklich von der Überwachung des Telefonvertriebs und von Stichproben von Beratungsleistungen und Kundenportfolios. Soweit noch nicht eh schon implementiert erhebt die Neufassung der MaComp solche Kontrollen nunmehr „durch die Hintertüre“ zur Verpflichtung eines jeden WpDU.

Deferred Payment der variablen Vergütung: Comply or Explain

Unter dem Schlagwort „Nachträgliche Anpassungskriterien und Rückforderungsklauseln“ verlangen die MaComp nunmehr, nachträgliche Anpassungskriterien für die variable Vergütung „in Erwägung zu ziehen“. Aus Präventionsgründen sollen variable Vergütungsbestandteile auch dann angepasst werden können, wenn das WpDU vom Fehlverhalten eines Mitarbeiters erst Kenntnis erlangt, nachdem es für den relevanten Zeitraum Boni bereits gewährt oder gar ausbezahlt hat. Die MaComp sprechen von der Rückforderung bereits getätigter Zahlungen oder der zeitlich versetzten Auszahlung (deferred payment) der variablen Vergütung. Vergleichbares ist – wenn auch erheblich detaillierter – aus der Institutsvergütungsverordnung für Risikoträger (Material Risk Takers – MRT) bedeutender Institute bekannt.

Die Einführung von nachträglichen Anpassungskriterien ist kein Muss nach den MaComp. Die BaFin spricht von „sollte … in Betracht ziehen“. Im üblichen Verwaltungsdeutsch bedeutet diese Formulierung jedoch erheblich mehr als ein bloßes „kann“. Soweit ein WpDU sich gegen die Umsetzung entscheidet, dürfte es hierfür wohl eine tragfähige Begründung liefern müssen.

Neu: Governance-Regel für das Vergütungswesen

Ganz neu haben nun auch Governance-Regeln für das Vergütungswesen Eingang in die MaComp gefunden. Die Letztverantwortung für die angemessene Ausgestaltung und Umsetzung des Vergütungssystems wird der der Geschäftsleitung aufgebürdet. Die Vergütungsgrundsätze, deren Genehmigung und Änderungen sind ordnungsgemäß zu dokumentieren. Die Compliance-Funktion muss in die Lage versetzt werden, ihrem Prüfauftrag in Bezug auf die Vergütungsgrundsätze und -verfahren angemessen nachkommen zu können.

Auch wenn diese Governance-Regelungen wenig überraschend und unter materiellen Aspekten auch nicht unbedingt neu sind, unterstreicht deren Aufnahme in die MaComp doch deren Bedeutung. Ihnen dürfte in der Prüfungspraxis von BaFin und Wirtschaftsprüfern in Zukunft ein größeres Gewicht zukommen.

You May Also Like
Einbahnstraße FiDA – warum gut gemeint nicht gut gemacht ist
Weiterlesen

Einbahnstraße FiDA – warum gut gemeint nicht gut gemacht ist

Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung über einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten (Financial Data Access – „FiDA“) will die Europäische Kommission dem Prinzip des Open Banking einen erheblichen Schub verpassen. Vorbild ist der Zugang zu Zahlungskonten, wie ihn die 2. Zahlungsdiensterichtlinie („PSD2“) und entsprechend das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz („ZAG“) gewähren, wobei die Kommission in der FiDA ganz andere Zugangsmechanismen vorsieht.
Weiterlesen