Acquiring – was ist das?
Diese Frage wird vielen nicht mehr als ein müdes Lächeln entlocken. Klar, Acquiring ist (z. B. laut Wikipedia) die Akquisition von Vertragspartnern, die bereit sind, Zahlungen mittels Kreditkarte eines Schemes wie MasterCard oder Visa zu akzeptieren. So oder so ähnlich hätten Sie das auch beantwortet, stimmt’s?
Table of Contents
Das ist derzeit auch richtig. Derzeit, wohlgemerkt. Nach der Umsetzung der PSD2 im Januar 2018 wird Acquiring aber viel mehr sein. Acquiring wird in Artikel 4 Nr. 44 der PSD2 definiert als:
„einen den Transfer von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkenden Zahlungsdienst eines Zahlungsdienstleisters, der mit einem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen schließt“.
Lesen Sie in dieser Definition etwas von Kreditkarten oder irgendwelchen Lizenzen von MasterCard und Visa? Gut, ich auch nicht. Das heißt also, dass Acquirer im Sinne der PSD2 jedes Unternehmen ist, das (i) einen Vertrag mit einem Händler über die Verarbeitung von Zahlungen hat und (ii) dieser Vertrag dazu führt, dass der Händler an sein Geld kommt. Welches Bezahlverfahren genutzt wird (also Kreditkarte, Lastschrift, Überweisung, PayPal, Rechnungskauf etc.), spielt keine Rolle. Insofern werden unter anderem viele kaufmännische Netzbetreiber (KNBs) oder Internet-PSPs das Vergnügen haben, künftig Acquirer zu sein.
PSD2 und Acquiring
Und warum ist es so wichtig, dass Acquiring nach der Umsetzung der PSD2 mehr sein wird als heute?
Gute Frage, einfache Antwort: Weil Acquiring ein Zahlungsdienst ist und man für die Erbringung von Zahlungsdiensten schon heute und auch nach Umsetzung der PSD2 eine Erlaubnis braucht. Hat man diese Erlaubnis nicht, darf man das Acquiring nicht anbieten und macht sich sogar strafbar, wenn man es trotzdem tut.
Ausnahmen?
Aber es gibt doch die Ausnahme für technische Dienstleister, die keinen Besitz an den übermittelten Geldern erlangen?
Gut aufgepasst. Ja, diese Ausnahme steht schon heute im Gesetz (§ 1 Abs. 10 Nr. 9 ZAG) und das wird auch nach der Umsetzung der PSD2 im Wesentlichen so bleiben. Die BaFin (oder besser gesagt, einzelne Mitarbeiter der BaFin) geht aber davon aus, dass diese Ausnahme nicht greift, wenn der künftige Acquirer (also zum Beispiel ein KNB oder ein Internet-PSP) der alleinige Vertragspartner des Händlers ist. Das gilt auch dann, wenn der Händler sein Geld direkt von dem Zahlungsdienstleister überwiesen bekommt, den der KNB oder der Internet-PSP im Hintergrund damit beauftragt hat (also zum Beispiel den electronic cash-Netzbetreiber oder den MasterCard-Acquirer). Und wissen Sie was? Ich finde, dass das richtig ist. Wenn nämlich der KNB oder der Internet-PSP dem Zahlungsdienstleister sagen kann, wohin er das Geld überweisen muss, dann hat er darüber Kontrolle. Ich bin der Meinung, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff „Besitz“ genau diese Art von Kontrolle gemeint hat.
Und was bedeutet das?
Ich glaube, dass die BaFin die Umsetzung der PSD2 dafür nutzen wird, um ihre Meinung nun umsetzen.
- Das bedeutet für künftige Acquirer, die keine Erlaubnis haben, dass sie entweder eine Erlaubnis beantragen müssen oder jemanden mit einer Erlaubnis in den Vertrag mit dem Händler einbeziehen müssen. Jedenfalls für den Teil der Tätigkeit, der eine Erlaubnis erfordert.
- Zahlungsdienstleister, die schon eine Erlaubnis haben, werden künftig in vielen Fällen einen direkten Vertrag mit dem Händler schließen. Das hört sich erst einmal schön an. Andererseits müssen diese Händler dann ggf. erstmals nach den Vorgaben des Geldwäschegesetzes identifiziert werden. Von der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten ganz zu schweigen.
Gibt es einen Disclaimer?
Na klar. Ich bin Anwalt 🙂 Im Ernst: Alles, was in diesem Beitrag steht, ist richtig, weil dieser Beitrag meine Meinung wiedergibt. Und Meinungen sind nicht richtig oder falsch, sondern vertretbar oder unvertretbar. Ob Sie oder die BaFin meine Meinung für vertretbar halten, weiß ich nicht.