E-Loyalty: Multipartner-Bonusprogramme auf dem ZAG-Prüfstand
Seit dem 13. Januar 2018 ist die neue Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) durch Änderungen des ZAG und des BGB auch in Deutschland gültig. Das neue Merkblatt der BaFin zum ZAG enthält viele Hinweise auf die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland und die voraussichtliche Verwaltungspraxis der BaFin. In diesem Merkblatt greift die BaFin auch die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen ein händlerübergreifendes Bonussystem ein erlaubnispflichtiges E-Geld-Geschäft betreibt. Wie also ist das mit der E-Loyalty?
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In Deutschland gibt es auf Kartenbasis (zunehmend auch als App) einige bundesweit aktive Multipartner-Bonussysteme, wie Payback, Lufthansa Miles & More, DeutschlandCard. Darüber hinaus gibt es zahlreiche lokale Systeme (oft City-Cards genannt), die nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Die Bonuspunkte können sogar unmittelbar als monetäre Werteinheit für eine Zahlung an der Kasse eingesetzt werden (z. B. eine Tankfüllung bei Aral mit der Payback-Karte oder ein Kilo Bananen bei Edeka mit der DeutschlandCard).
Phänomen der Multipartner-Bonussysteme
De facto handelt es sich um ein dreiseitiges Kartensystem. Es gibt einen Issuer (der gleichzeitig Acquirer ist), ein Zahlungsinstrument (Karte oder App), einen Zahler (Karteninhaber) und einen Zahlungsempfänger (Händler). Bei einem herkömmlichen Kartensystem, wie z. B. Amex, ist die Erlaubnispflicht unumstritten. Da liegt die Frage nahe, wie es de jure aussieht. Das Volumen der aufsichtsrechtlich nicht regulierten Bonuspunkte übersteigt wertmäßig das regulierte E-Geldvolumen um ein Vielfaches, wenn man das E-Geld „PayPal“ außen vor lässt. Die Pleite von Air Berlin, die am „topbonus“-Programm teilnahm, zeigt die Schutzbedürftigkeit der angesammelten Bonuspunkte der Vielflieger.
Das Phänomen der Multipartner-Bonussysteme gibt es in anderen EU-Mitgliedsstaaten auch, wie z. B. Nectar in UK, Airmiles in den Niederlanden und Payback mittlerweile auch in Italien und Polen. Soweit bekannt unterliegt in Europa noch kein System der Erlaubnispflicht als Zahlungsdienst oder E-Geldgeschäft, obwohl American Express als Eigentümer von Payback die besten Voraussetzungen dafür bietet. Ich habe bei dem britischen System Nectar vor kurzem mal nachgefragt, aber schon der Frage wurde mit totalem Unverständnis begegnet. How bizarre!
Nun, so daneben ist die Frage nicht. Die Bonussysteme sind nicht nur bei der BaFin auf dem Radar. Im Rahmen der Überprüfung der 2. E-Geldrichtlinie hat sich die Kommission dieser Frage ebenfalls gewidmet. In manchen Dokumenten stuft die Kommission die Bonuspunkte bereits als E-Geld ein. Auch die österreichische Aufsichtsbehörde FMA teilt diese Meinung. Wenn man die monetären Werteinheiten mit den Tatbestandsvoraussetzungen der E-Geld-Definition mal abklopft, erfüllen die Bonuspunkte sämtliche Kriterien.
Was sagt nun die BaFin in ihrem neuen Merkblatt dazu?
Unter folgenden Voraussetzungen ist die Herausgabe von Bonuspunkten, die als Zahlungsmittel bei unterschiedlichen Partnerunternehmen eingesetzt werden können, kein erlaubnispflichtiges E-Geld-Geschäft:
- Der Zukauf von Werteinheiten außerhalb eines konkreten Bezahlvorgangs ist ausgeschlossen,
- Bei Partnerunternehmen, die Bonuspunkte als Zahlung akzeptieren, müssen auch Punkte gesammelt werden können.
In der Regel können bei Partnerunternehmen sowohl Punkte gesammelt, als auch eingelöst werden. Ein Quickcheck bei Miles & More ergibt aber, dass es mindestens zwei Partnerunternehmen gibt, die nur Meilen einlösen. Das gilt auch für PayBack. Hier werden die Systeme noch etwas nachbessern müssen, damit sie erlaubnisfrei bleiben.
Zukauf?
Unklar ist das Kriterium „Zukauf“. Bei Miles & More konnte man – wenn der Meilenstand für einen Freiflug noch nicht ausreichte, Meilen dazukaufen. Mittlerweile bietet das System die Option nicht mehr an. In sämtlichen Multipartner-Systemen werden dennoch Meilen gegen herkömmliches Geld gekauft, aber nicht vom Konsumenten, sondern von dem teilnehmenden Händler. Er erwirbt die Punkte bei dem Herausgeber, vergibt die Punkte an seinen Kunden, erwirbt von Kunden Punkte durch Einlösung und reicht diese Punkte wieder bei der Zentrale gegen echtes Geld ein. Fällt dieser Kauf unter den Begriff „Zukauf“? Ein Händler, der im Rahmen einer Sonderaktion zu großzügig Punkte an seine Kunden vergibt, wird bei dem Herausgeber wohl Punkte „zukaufen“ müssen. Spielt es bei E-Geld rechtsystematisch eine Rolle, an wen das E-Geld gegen Entgegennahme eines Geldbetrags herausgegeben wird? Spielt es eine Rolle, was der Erwerber des E-Geldes damit macht (sammeln, verschenken, einlösen oder – nicht unwichtig für den Business Case – ungenutzt vergessen)? Die Fragen müssen wohl verneint werden.
Vielleicht ist der praktische Weg besser begehbar als der systematische Weg. Wenn die Bonussysteme die oben genannten Kriterien einhalten und das Kriterium „Zukauf“ nur in Bezug auf die Endverbraucher interpretieren, können diese Systeme für die Bereichsausnahme „begrenzte Netze“ (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a) optieren. Der Ausnahmebereich steht gemäß BaFin nicht nur für die Citycards, sondern auch für die bundesweiten Systeme offen.
Können sich nun die Betreiber beruhigt zurücklehnen, wenn sie die Kriterien für die ZAG-Bereichsausnahme erfüllen? Ich fürchte nein!
Der Buchstabe a des relevanten Paragraphen hat es in sich. Demnach müssen weitere Kriterien erfüllt sein:
- Das Zahlungsinstrument darf ausschließlich im Inland zum Einsatz kommen. Mit meinen M&M-Meilen kann ich aber bei einer Vielzahl von ausländischen Partnern einkaufen.
- Ein begrenztes Netz schließt den übergreifenden Einsatz in zwei oder mehreren begrenzten Netzen aus. Meine Payback-Punkte kann ich aber in M&M-Meilen umwandeln.
- Bei wiederaufladbaren Instrumenten (in der Regel bei Bonussystemen gegeben) gibt es eine Grenze von 250 € pro Kalendermonat. Wenn mein Punktekonto gut gefüllt ist, kann ich derzeit aber in unbegrenzter Höhe shoppen.
Hier freut sich vermutlich nur der DeutschlandCard-Herausgeber.
Bietet die Erlaubnis als E-Geld-Institut einen Ausweg? Damit kann man einige Probleme elegant lösen, aber Vorsicht, neue Probleme tauchen auf. Das Bonuspunkte-E-Geld muss auf Wunsch des E-Geldinhabers immer gegen Cash zurückgetauscht werden können und zwar gegen Nennwert des entgegengenommen Geldbetrages, also zum Preis, den der Händler als Ersterwerber gezahlt hat. Eine grauenhafte Perspektive für das Business-Modell eines Bonussystems.
E-Geld oder nicht? Wie wäre es mit einer Einstufung als „virtual currency (VC)“? Das hört sich erst mal gut an, ist trendy und führt zum Aktienkursfeuerwerk des Betreibers. Die EZB stuft Vielflieger-Bonusprogramme als Virtual Currency ein. Das kann man zu Recht kritisch beurteilen, da die EZB in ihrem Bericht E-Geld nicht so richtig verstanden hat. In der fast verabschiedeten 5. Geldwäsche-Richtlinie (5AMLD) geht die Definition des virtuellen Geldes aber weit über die Kryptowährungen à la Bitcoin hinaus. Es riecht nach Auffangtatbestand. Eine klare methodische Abgrenzung zwischen E-Geld und VC gibt es offenbar noch nicht. Immerhin wäre es ein Hoffnungsschimmer, da VC sich bekanntlich der Regulierung noch weitgehend entziehen können. Aber auch hier Vorsicht! Denn nach Umsetzung der 5AMLD (voraussichtlich irgendwann in der 2. Hälfte 2019) sind die Vermittler von VC geldwäscherechtlich Verpflichtete. Die Konsequenz wäre die KYC-Identifizierung der eifrigen Punktesammler. Außerdem ist die Bereichsausnahme hier ziemlich eng gefasst: Nur die regionalen VCs sind außen vor.
Cholera oder Pest?
Keine Wahl hat man dagegen bei der neuen Meldepflicht, wenn man sich als Bonussystem in der ZAG-Bereichsausnahme sonnen möchte. Die nicht-lokalen Bonussysteme werden sich wohl auf Grund ihres Umsatzes (> 1 Mio. € pro Jahr) bei der BaFin bis zum 30. April 2018 melden müssen.
P.S. Der neue PaySys-Report beschäftigt sich ausführlich mit der Regulierung von E-Loyalty. Ich schicke Ihnen den Report (Anfrage an hgodschalk@paysys.de) gerne zu.
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