Bitcoin & Co.: Entwurf eines BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen und Token – Teil 1

Entwurf BMF-Schreiben zur ertragssteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen und Token | PayTechLaw | Aboltin

Ausgangssituation

Seit einigen Jahren berichtet Steffen in seinen Beiträgen1 zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen. Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bei der Besteuerung von Geschäften mit Kryptowährungen ist, dass es (fast) keine Veröffentlichung der Finanzverwaltung zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen gibt (Finanzbehörde Hamburg, DStR 2018, 527; OFD Nordrhein-Westfalen, DB 2018, 1185).

Die obersten Finanzbehörden der Länder (nachfolgend: „BMF“) haben vor wenigen Tagen einen 24-seitigen Entwurf einer Verwaltungsanweisung veröffentlicht (nachfolgend: „Entwurf“, Stand: 03.06.2021), den die Verbände zur Abgabe von Stellungnahmen erhalten haben. Die Verbände können bis Mitte Juli eine Stellungnahme zu dem Entwurf abgeben. In diesem und dem nächsten Beitrag möchten wir einen Überblick über die wesentlichen in dem Entwurf enthaltenen Ausführungen der Finanzverwaltung zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen geben.

 

Erläuterungen

In den ersten 22 Randziffern des Entwurfs werden einige Begriffe aus der „Kryptowelt“ erläutert. Zunächst wird beschrieben, was die Finanzverwaltung unter dem Begriff der virtuellen Währungen (nachfolgend auch: „Kryptowährungen“) versteht.

In dem Erläuterungsteil des Entwurfs werden u.a. Token beschrieben und in verschiedene Token-Arten eingeteilt, z.B. Currency Token, Utility Token, Security Token. Die gewählte Klassifizierung der Token darf jedoch nicht den Blick dafür verstellen, dass es für die Besteuerung wesentlich darauf ankommt, welche Rechtsstellung bzw. welches Vertragsverhältnis mit der Inhaberschaft des Tokens verbunden ist. Der Token und dessen Bezeichnung ist für die steuerliche Beurteilung letztlich unbeachtlich. Die rechtliche Ausgestaltung hat zudem Einfluss auf die aufsichtsrechtliche Beurteilung und der sich daraus ergebenden Folgen, z.B. bei einem Initial Coin Offering.

 

Mining soll gewerblich sein

Abweichend von der o.a. Finanzbehörde Hamburg geht das BMF in dem Entwurf davon aus, dass das Mining zu einem Anschaffungsvorgang von Kryptowährungen führt und damit die später erzielten Veräußerungsgewinne der Einkommensteuer unterliegen können.

Das BMF vermutet, dass das Mining zu gewerblichen Einkünften führt. Das hat weitreichende Konsequenzen, da jeder – keine Anwendung der einjährigen Spekulationsfrist! – Veräußerungsgewinn der Einkommen- und zudem der Gewerbesteuer (bis zu 18,2%) unterliegt. Die anfallende Belastung mit der Gewerbesteuer wird durch die zumindest teilweise Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer abgemildert. Die Vermutung des BMF von gewerblichen Einkünften ist widerlegbar, wobei der Entwurf insoweit nur auf die allgemeinen Kriterien zur steuerlichen Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit verweist und damit keine eindeutigen Abgrenzungskriterien vorliegen.

Der Mining-Pool soll nach dem Entwurf eine steuerlich gewerblich tätige Personengesellschaft (sog. Mitunternehmerschaft) begründen, für die eine steuerliche Gewinnermittlung und Steuererklärungen zu erstellen sind.

Nicht in dem Entwurf enthalten ist der Hinweis, dass die Gewerbesteuerpflicht der Einkünfte aus dem Mining aber auch davon abhängt, ob die Miner in Deutschland eine Betriebsstätte (§ 12 AO) betreiben.

Als Anschaffungskoten (Marktkurs) für die aus dem Mining erworbenen Kryptowährungen kann der Durchschnittswert aus dem Wechselkurs von drei verschiedenen Handelsplattformen (z. B. Kraken, Coinbase und Bitpanda) oder webbasierten Listen (z. B. https://coinmarketcap.com/de) zu Grunde gelegt werden. Ist ein Börsenkurs vorhanden, ist dieser als Anschaffungskosten anzusetzen.

Aus der steuerlichen Gewerblichkeit des Minings ergeben sich auch Folgefragen, zu denen der Entwurf sich nicht äußert, wie z.B. die Frage, ob die nicht durch das Mining gewonnen Kryptowährungen ebenfalls zu dem Betriebsvermögen des Miners gehören oder ob sie steuerliches Privatvermögen sind.

Soweit die Miner bisher auf die Äußerungen der Finanzbehörde Hamburg vertraut haben, sollten sie überprüfen inwieweit ihre Steuererklärungen bzw. Steuerbescheide noch geändert werden können oder sogar geändert werden sollten, um mögliche strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Auf solche Konsequenzen hat Steffen Rapp zusammen mit Florian Kraus in einem anderen Zusammenhang hingewiesen (siehe Beitrag „Einkommensteuer: Letzte Ausfahrt Selbstanzeige? Was haben Airbnb-Vermieter und Anleger bei Banken in Österreich gemeinsam?„)

 

Veräußerung von Kryptowährungen

Werden Kryptowährungen an- und verkauft, verweist das BMF zur Abgrenzung zwischen gewerblichen und vermögensverwaltenden Einkünften auf die für Devisen- und Wertpapierhändler entwickelten Kriterien. Damit ist klar, dass auch in großem Umfang Kryptowährungen an- und verkauft werden können, solange der Steuerpflichtige am Markt nicht „wie ein Händler“ oder „bankentypisch“ auftritt.

Nach dem Entwurf kann zur Bestimmung der Anschaffungskosten der veräußerten Kryptowährung eine Einzelbetrachtung oder die Verbrauchsfolge First in-First out unterstellt werden. Die Steuerpflichtigen haben insoweit einen Gestaltungspielraum.

Weniger überraschend ist, dass nach dem BMF der Umtausch von virtuellen Währungen in andere virtuelle Währungen oder zur Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen eine Veräußerung der hingegebenen Kryptowährung darstellt, die innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist einkommensteuerpflichtig ist. In diesen Fällen bemisst sich der Veräußerungserlös nach dem vereinbarten Eurobetrag oder dem Marktkurs der hingegebenen Einheiten der virtuellen Währung.

Als Anschaffungs- und Veräußerungszeitpunkt kann das in dem Wallet angegebene Datum herangezogen werden.

Achtung: Wie zu befürchten war (siehe Beitrag „Frohes neues Steuerjahr – mit Bitcoins und Kryptowährungen (1)“), kann nach dem Entwurf das Lending, Cold Staking, Staking zusammen mit einer Masternode oder das Proof of Stake zu einer Verlängerung der Spekulationsfrist von einem auf zehn Jahre führen (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG).

Werden Kryptowährungen gehalten, wovon für einen Teil die einjährige und für den anderen Teil die zehnjährige Spekulationsfrist gilt, gelten diejenigen als zuerst veräußert, bei denen die Spekulationsfrist bereits abgelaufen ist.

 

(1) Zu den bisherigen Beiträgen von Dr. Steffen Rapp

Bitcoin & Co.: aktuelle Rechtsprechung zur Besteuerung von Gewinnen aus dem An- und Verkauf von Kryptowährungen

Frohes neues Steuerjahr – mit Bitcoins und Kryptowährungen (1)

Bitcoins und Kryptowährungen (6): Wertverlust bei Kryptowährungen. Was ist steuerlich zu tun?

Frohes neues Steuerjahr – mit Bitcoins und Kryptowährungen (2)

Bitcoins und Kryptowährungen (5): Informationsaustausch

 

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