Derzeit beschäftigt der Fall um die insolvente Kryptobörse FTX und Sam Bankman-Fried die Gerichte in New York. Auf der anderen Seite des Atlantiks ist man derweil damit beschäftigt, das Vertrauen in Kryptomärkte durch Regulierung zu stärken. Die EU hat die Markets in Crypto-Assets Regulation („MiCAR“) und den Digital Operational Resilience Act („DORA“) auf den Weg gebracht. Mit MiCAR und DORA haben wir uns bereits ausführlich befasst.
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Zwischenzeitlich hat das Bundesministerium der Finanzen einen Referentenentwurf für einen nationalen Umsetzungsakt vorgelegt und damit das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz („RefE-FinmadiG“) entworfen. Der Entwurf weicht nicht von den Vorgaben des von der EU gesetzten Rahmens ab, sondern konkretisiert diesen.
Wir bieten nachfolgend einen Überblick über die zentralen Inhalte des 226 Seiten starken Papiers.
Hintergrund des Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes
Im RefE-FinmadiG werden zunächst Problem und Zweck der Gesetzesänderung dargestellt: Aufgrund des Einsatzes innovativer Technologien müsse das Vertrauen gestärkt werden und die digitale Resilienz erhöht werden. Als besondere Herausforderung wird das Geldwäscherisiko benannt. Diese Themen sind von der EU bereits im Rahmen diverser Verordnungen und Richtlinien behandelt worden, sodass der RefE-FinmadiG nunmehr die notwendigen Regelungen zur Überführung in nationales Recht zusammenfasse.
Entwurf eines Gesetzes zur Aufsicht über Märkte für Kryptowerte
Der Entwurf des Kryptomärkteaufsichtsgesetzes („KMAG-E“) verweist hinsichtlich der Definitionen auf die am 20 .April 2023 in Kraft getretenen MiCAR und stellt im zweiten Kapitel die Durchsetzung der Zulassungsvorbehalte dar: Hierzu gehören die Anordnung der Einstellung der Geschäfte und Abwicklungsweisungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) (§ 9 KMAG-E) und die Ermächtigung zur Durchführung von Prüfungen in Räumen von Unternehmen im Rahmen der Verfolgung unerlaubter Geschäfte (§ 10 KMAG-E). Weitere Befugnisse zur Beaufsichtigung von Instituten finden sich den Kapiteln 3 und 4. Ein Schwerpunkt liegt in der Durchsetzung der Regelungen zum Kryptowerte-Whitepaper als Voraussetzung an das öffentliche Angebot bzw. die Zulassung zum Handel von Kryptowerten und damit auch in der Markttransparenz. So können u.a. die Aussetzung und Untersagung eines öffentlichen Angebots und die Änderungen und Ergänzungen von Kryptowerte-Whitepapern angeordnet werden (§§ 15 f. KMAG-E), wobei die Voraussetzungen im letzteren Fall recht vage formuliert sind („wenn dies aus Gründen der Finanzmarktstabilität oder zum Schutz des Publikums geboten erscheint“).
Die §§ 26 ff. KMAG-E enthalten Sonderbestimmungen für Emittenten vermögenswertreferenzierter Token und E-Geld-Token. Dies betrifft den Fall, dass bestimmte vermögenswertreferenzierte Token gemeinhin als Tauschmittel verwendet werden. Zu den Sondervorschriften zählen die Einführung einer Mindeststückelung, die Begrenzung des auszugebenen Betrags und die Festlegung von Obergrenzen durch die BaFin. Darüber hinaus werden die in der MiCAR festgelegten Vorgaben zum Reservevermögen, also dem Vermögen, mit welchem Forderungen gegenüber dem Emittenten besichert sind, genauer beschrieben: Das Reservevermögen ist danach getrennt zu halten und Arreste und Zwangsvollstreckungen in dieses Reservevermögen können nur im Zusammenhang mit dem Recht des Inhabers auf Rücktausch erfolgen.
Auch der Handel auf Handelsplattformen für Kryptowerte wird reguliert, hierzu werden Betreiber in § 33 KMAG-E ermächtigt, den Handel auszusetzen z.B. wenn der Verdacht einer Marktmanipulation besteht. Ebenso kann die BaFin Maßnahmen zur Bekanntmachung marktrelevanter Informationen zum Handel zugelassener Kryptowerte ergreifen und hierfür eine Kostenerstattung vom Verpflichteten verlangen (§ 34 KMAG-E).
Kapitel 5 und 6 beschäftigen sich mit den betriebswirtschaftlichen Anforderungen, nämlich insbesondere in den Bereichen Rechnungslegung und Eigenmittelausstattung.
Änderungen des Kreditwesengesetzes
Das Kreditwesengesetz („KWG“) wird dahingehend geändert, dass das qualifizierte Kryptoverwahrgeschäft als Bankgeschäft aufgenommen wird und eine Definition für kryptographische Instrumente eingeführt wird (§ 1 Abs. 1a KWG-E). In materieller Hinsicht stellt § 46i Abs. 1 KWG-E fest, dass verwahrten kryptographischen Instrumente als dem Kunden gehörig gelten. Darüber hinaus werden Befugnisse der BaFin eingeführt, um eine Einhaltung der Anforderungen aus der MiCAR zu gewährleisten (§ 47a KWG-E), namentlich u.a. die Gewährung des Zugriffs auf Unterlagen oder Dateien sowie Prüfungen in den Geschäftsräumen, die Durchführung von Befragungen und die Anordnung von Korrektur- bzw. Abhilfemaßnahmen.
Änderungen des Geldwäschegesetzes
Das Geldwäschegesetz („GwG“) wird ebenfalls geändert. So werden die Anbieter von Kryptowert-Dienstleistungen und Emittenten vermögenswertreferenzierter Token in den Kreis der Verpflichteten des § 2 Abs. 1 GwG-E aufgenommen. Verstärkte Sorgfaltspflichten müssen nach § 15 Abs. 7 GwG-E bei grenzüberschreitenden Korrespondenzbeziehung zwischen Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen und nach § 15 a GwG-E bei der Übertragung von Kryptowerten von oder an eine selbst gehostete Adresse angewandt werden. Im letzteren Fall werden als risikomindernde Maßnahmen u.a. die Erhebung, Überprüfung und Speicherung der Identität des Begünstigten oder Auftraggebers sowie des wirtschaftlich Berechtigten der selbst gehosteten Adresse, Maßnahmen zur Ermittlung der Herkunft und des Ziels der zu übertragenden Kryptowerte und die verstärkte, kontinuierliche Überwachung dieser Transaktionen und der mit diesen Transaktionen in Verbindung stehenden Geschäftsbeziehung konkretisiert.
Weitere Änderungen durch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz
Der RefE-FinmadiG sieht weiter Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG), des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), des Handelsgesetzbuches (HGB), der Gewerbeordnung (GewO), des Börsengesetzes (BörsG), des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG), des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG), des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sowie des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG), des Vermögensanlagegesetzes (VermAnlG), des Anlegerentschädigungsgesetzes (AnlEntG) und des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) vor, die die Sicherstellung der Anforderung der MiCAR und die entsprechenden Prüfungs- und Anordnungsbefugnisse der BaFin darstellen.
Wie geht es weiter?
Die Fachebene im Finanzministerium wird den Referentenentwurf im nächsten Schritt weiter überarbeiten und eine finale Fassung des Gesetzentwurfs erstellt. Dieser sog. Regierungsentwurf wird dann dem Bundesrat und Bundestag vorgelegt werden. Den zeitlichen Rahmen gibt die MiCAR vor, deren Bestimmungen ab dem 30. Juni 2024 bzw. 30. Dezember 2024 gelten.
Paytechlaw wird das Gesetzgebungsverfahren natürlich weiter beobachten.