Factoring und Garantiegeschäft in Abgrenzung zu Zahlungsdiensten | FinTech-Onlinekurs #13

Factoring & Garantiegeschäft: Abgrenzung zu Zahlungsdiensten | PayTechLaw | FinTech-Onlinekurs | sutthinon602

Wenn ein Unternehmen neue Finanz- oder Zahlungsprodukte entwickeln möchte, stellt sich immer die Frage, ob das jeweilige Produkt von einer bereits erteilten Erlaubnis umfasst ist oder nicht. Oder anders formuliert: Was kann ich eigentlich mit der jeweiligen Erlaubnis anstellen?

Daher sind die Zahlungsdienste von anderen genehmigungspflichtigen Geschäften abzugrenzen. Zwei „Klassiker“, zu denen abzugrenzen ist, sind das Factoring gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG und das Garantiegeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG.

Abgrenzung zum Factoring

Bei der Abgrenzung vom Zahlungsdienst ist zwischen der zivilrechtlichen Gestaltung des Factorings und dessen aufsichtsrechtlicher Bewertung zu unterscheiden.

Beim Factoring wird zivilrechtlich zwischen echtem und unechtem Factoring unterschieden. Beim echten Factoring kauft das Factoring-Unternehmen Forderungen von Unternehmen auf, welche dieses Unternehmen wiederum gegenüber seinen Kunden hat. Das Factoring-Unternehmen übernimmt das Risiko, dass die Forderungen ausfallen (sog. Ausfallrisiko oder Delkredere-Risiko). Zivilrechtlich handelt es sich um einen Forderungskaufvertrag. Beim unechten Factoring werden die Forderungen auch an das Factoring-Unternehmen übertragen, doch übernimmt das Factoring-Unternehmen nicht das Ausfallrisiko. Das Factoring-Unternehmen kann bei Ausfall der gekauften Forderungen Rückgriff bei dem Unternehmen nehmen. Zivilrechtlich wird dies als Darlehensvertrag eingeordnet.

Nach Ansicht der BaFin kann das echte Factoring aufsichtsrechtlich ein Zahlungsdienst nach dem ZAG oder eine Finanzdienstleistung nach dem KWG sein. Die BaFin unterscheidet danach, ob die Dienstleistung wirtschaftlich betrachtet auf die Zahlungsabwicklung oder auf die Finanzierung des Vertragspartners abzielt. Steht die Finanzierung im Vordergrund, ist es ein Factoring nach dem KWG. Handelt es sich eher um eine Zahlungsabwicklung, wird das Factoring als Zahlungsdienst angesehen. Da die BaFin eine wirtschaftliche Betrachtung anstellt, ist die Abgrenzung im Detail schwierig.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Was kann ich eigentlich mit der jeweiligen Erlaubnis anstellen? Die Antwort ist einfacher als gedacht. Mit einer Zahlungsdiensteerlaubnis kann man das Factoring sowohl in Form des Zahlungsdienstes nach dem ZAG als auch in Form des Finanzdienstleistungsgeschäfts nach dem KWG betreiben. Umgekehrt geht es leider nicht. Mit einer Factoringerlaubnis nach dem KWG kann kein Factoring in Form eines Zahlungsdienstes erbracht werden.

Abgrenzung zum Garantiegeschäft

Das Garantiegeschäft ist ein Bankgeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG und liegt bei der „Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere“ vor. Dies umfasst die Gewährung von banktypischen Avalbürgschaften und Garantien. Als sonstige Gewährleistungen werden insbesondere der Kreditauftrag oder der Schuldbetritt angesehen. Dies ist grundsätzlich von einer Zahlungsdiensteerlaubnis nicht erfasst.

Was hat denn das Garantiegeschäft überhaupt mit Zahlungsdiensten zu tun? Kauft ein Kunde bei einem Händler mit Kreditkarte ein, erhält der Händler eine „Zusicherung“ seines Zahlungsdienstleisters, dass die mit der Kreditkarte eingekaufte Ware bezahlt ist. Nur mit dieser festen Zusicherung ist für den Händler rechtlich gesichert, dass die Zahlung mit Kreditkarte wirtschaftlich dem Bargeld gleichgestellt ist. Je nachdem, wie diese Zusicherung rechtlich ausgestaltet ist, kann hierin eine Garantie zu sehen sein. Üblicherweise wird von der Rechtsprechung die Zusicherung als ein sogenanntes abstraktes Schuldversprechen und nicht als Garantie angesehen. Teilweise gestalten einzelne Zahlungsdienstleister diese Zusicherung mehr als Garantie aus oder bezeichnen dies gegenüber dem Händler (fälscherweise) als Garantie. Möglicherweise erhält der Händler auch noch weitergehende Garantien. Daher ist bei der Gestaltung der Akzeptanzverträge darauf zu achten, dass der Zahlungsdienstleister nicht Garantien gewährt, die von seiner Erlaubnis nicht umfasst sind.

 

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