Tabula rasa im Geldwäscherecht für Versicherungs-Holdinggesellschaften

Tabula rasa im Geldwäscherecht für Versicherungs-Holdinggesellschaften

Die kürzlich veröffentlichte Konsultation der BaFin zu einer Novelle ihrer Anwendungs- und Auslegungshinweise (AuA) zum Geldwäschegesetz enthält unter anderem wesentliche Neuerungen für Versicherungs-Holdinggesellschaften und weitere Unternehmen nach dem VAG (vgl. hierzu schon PayTechLaw v. 10. Juli 2024).

Änderungen für Versicherungs-Holdinggesellschaften

Versicherungsunternehmen im Sinne des Art. 13 Nr. 1 der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II – Solvency II) unterfallen als Verpflichtete dem Geldwäschegesetz (GwG) und den geldwäscherechtlichen Regelungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), wenn sie Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die den in § 2 Abs.1 Nr. 7 GwG aufgeführten Tätigkeiten unterfallen. Diese beinhalten Lebensversicherungstätigkeiten (soweit sie Solvency II unterfallen), Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr, Darlehen, welche i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG vergeben wurden, und Kapitalisierungsprodukte.

Der neue Konsultationsentwurf zu den BaFin AuA, der voraussichtlich ab Januar 2025 gelten soll, richtet sich nun erstmals auch an

  • Versicherungs-Holdinggesellschaften nach Art. 212 Abs. 1 f Solvency II,
  • Unternehmen nach § 293 Abs. 4 VAG und
  • Unternehmen mit einem beherrschenden Einfluss auf ein Versicherungsunternehmen i.S.d. GwG oder einem Pensionsfonds nach § 236 Abs.1 S.1 VAG

als geldwäscherechtlich Verpflichtete.

Somit werden ab jetzt auch Unternehmen in den Adressatenkreis der AuA mitaufgenommen, die als Muttergesellschaft Beteiligungen an geldwäscherechtlich verpflichteten Tochterunternehmen hält, inländische Unternehmen, die nicht der VAG-Aufsicht unterfallen und deren Haupttätigkeit der Erwerb und das Halten unmittelbarer, oder mittelbarer Beteiligungen an Erst- oder Rückversicherungsunternehmen oder Pensionsfonds ist oder Unternehmen mit beherrschendem Einfluss auf ein Versicherungsunternehmen oder einen Pensionsfonds.

Die BaFin erweitert den Verpflichtetenkreis hier selbstverständlich nicht eigenmächtig (Stichwort: Verwaltungs- und Aufsichtsbehörde, aber kein Gesetzgeber) sondern antizipiert eine gesetzgeberische Erweiterung des Verpflichtetenkreises im Versicherungssektor (PTL v. 21.5.2024 und v. 10.7.2024), die sowohl auf nationaler als auch auf Unionsebene ansteht. Der deutsche Gesetzgeber beabsichtigt, Versicherungs-Holdinggesellschaften und die anderen VAG-Unternehmen mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (FKBG) zu geldwäscherechtlich Verpflichteten zu machen. Im Rahmen der AML-R zählen Versicherungs-Holdinggesellschaften und gemischte Versicherungs-Holdinggesellschaften zu sog. Finanzinstituten und damit zu den per se geldwäscherechtlich Verpflichteten.

Auswirkungen auf die Praxis

Für die im BaFin-Konsultationsentwurf neu adressierten Versicherungs-Holdinggesellschaften und anderen VAG-Unternehmen ist zu beachten, dass sie den geldwäscherechtlichen Verpflichtungen nur hinsichtlich der in mit dem FKGB neu zu schaffenden § 2 Abs. 1 Nr. 7 a-c GwG n.F. aufgelisteten Tätigkeiten – letztlich also ihrer Holdingtätigkeiten – unterliegen, sofern sie nicht bereits aufgrund anderer Verpflichteteneigenschaft (z.B. weil sie nicht nur Holding-Tätigkeit betreiben, sondern auch sonstiges operatives Geschäft mit GwG-Relevanz) geldwäscherechtliche Pflichten zu erfüllen haben.

Im Ergebnis dürfte der Gesetzgeber für Versicherungs-Holdinggesellschaften dasselbe Pflichtenprogramm anpeilen, wie schon für Finanzholding-Gesellschaften und gemischte Finanzholding-Gesellschaften nach § 25l KWG (nach Einführung des FKBG bald § 2 Abs. 1 Nr. 2a GwG): Eigene interne Sicherungsmaßnahmen, eigene Einhaltung der geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten, eigene Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht, jeweils bezogen auf die GwG-relevante Holding-Tätigkeit.

Versicherungs-Holdinggesellschaften und die anderen VAG-Unternehmen haben sich bei der BaFin unter Angabe ihrer jeweiligen Verpflichteteneigenschaft zu registrieren.

Verstärkte Kontrolle von Versicherungsunternehmen im Rahmen der Geldwäscheprävention und Terrorismusbekämpfung durch die BaFin

Die Adressierung auch der Versicherungs-Holdinggesellschaften und der weitern VAG-Unternehmen im AuA-Konsultationsentwurf steht in einer Linie mit der jüngeren Verwaltungspraxis der BaFin. Erst Ende Juni 2024 hat sie gegenüber GwG-Verpflichteten im Versicherungssektor öffentlichkeitswirksam zu mehr Kontrollen aufgerufen und vermeintliche Schwachstellen insbesondere im Bereich der Risikoanalyse, der Erfassung bestimmter Produktrisiken und der kontinuierlichen Geschäftsbeziehungsüberwachung monierte.

Die BaFin kündigt nun einen stärkeren Fokus auf die Kontrolle von Versicherungsunternehmen an, speziell den in Deutschland tätigen Niederlassungen von ausländischen Versicherungsunternehmen, da diese keiner unmittelbaren Berichterstattungspflicht gegenüber der BaFin bezüglich ihrer Maßnahmen zur Geldwäscheprävention und Terrorismusfinanzierung unterliegen.

Ausblick

Die Verschärfung der geldwäscherechtlichen Kontrolle durch die BaFin, vor allem in Bezug auf Versicherer, ist deutlich spürbar. GwG-verpflichtete Versicherer müssen mit einer zunehmenden Erwartungshaltung an ihre Präventionsmaßnahmen rechnen. Bis zum 09.08.2024 besteht zudem Gelegenheit, Stellung zum AuA-Konsultationsentwurf zu nehmen. Da keine Übergangszeiträume für die Geltung der überarbeiteten AuA vorgesehen sind, empfiehlt es sich, sich bereits jetzt mit den Änderungen auseinanderzusetzen und internen Prozesse entsprechend anzupassen.



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