Überarbeitete Leitlinien der EBA zu den Risikofaktoren für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung | Was Unternehmen jetzt wissen sollten

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Die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (“EBA“) veröffentlichten überarbeiteten Leitlinien zu den Sorgfaltspflichten und Faktoren, die Kredit- und Finanzinstitute bei der Bewertung des mit einzelnen Geschäftsbeziehungen und gelegentlichen Transaktionen verknüpften Risikos für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung berücksichtigen sollten (“Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren“), gelten ab dem 26. Oktober 2021. Der folgende Artikel fasst zusammen, was Unternehmen1 nun hinsichtlich der überarbeiteten Leitlinien wissen und beachten sollten.

Weitere Informationen über das Konsultationspapier, das zu dieser endgültigen Fassung der Leitlinien zu den Risikofaktoren der GW/TF geführt hat, finden Sie in dem entsprechenden Beitrag von Frank Müller auf unserem Blog.

 

I. Warum eine Überarbeitung der ursprünglichen Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren?

Zur Erinnerung: die ursprünglichen Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren (JC/2017/37) wurden 2017 in Form gemeinsamer Leitlinien von den drei europäischen Aufsichtsbehörden veröffentlicht2.

Seitdem hat sich der geltende Rechtsrahmen in der EU mit dem Inkrafttreten der fünften Geldwäscherichtlinie (“AMLD5“) geändert3.  In der Tat wurden mit der AMLD5 mehrere Neuerungen eingeführt, die eine Überprüfung der ursprünglichen Leitlinien rechtfertigten, um ihre fortwährende Richtigkeit und Relevanz zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen zur verstärkten Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität und im Zusammenhang mit Hochrisiko-Drittländern.

Darüber hinaus sind neue GW/TF-Risiken wie die Verwendung innovativer Lösungen für die Sorgfaltsprüfung von Kunden sowie neue Risikofaktoren der Terrorismusfinanzierung in den Fokus gerückt.

Um die fortwährende Relevanz und Genauigkeit der Leitlinien zu gewährleisten und die Unternehmen bei ihren Bemühungen zur Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu unterstützen, wurde daher beschlossen, diese zu aktualisieren.

 

II. Welches sind die wichtigsten Ergänzungen/Änderungen der Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren?

Im Folgenden haben wir einige der wichtigsten Punkte der Überarbeitung zusammengefasst:

a) Neu abgedeckte Sektoren

Vorab sei zu bemerken, dass sich der Aufbau der Leitlinien nicht geändert hat: Der erste Titel enthält allgemeine Leitlinien, die für alle Unternehmen gelten. Der zweite Titel enthält seinerseits bereichsspezifische Leitlinien, die für die jeweiligen bereichsspezifischen Unternehmen gelten.

Eine wichtige Ergänzung bezieht sich dabei auf diese sektorspezifischen Leitlinien, die um die folgenden Bereiche erweitert wurden:

  1. Regulierte Schwarmfinanzierungsplattformen;
  2. Zahlungsauslösedienstleister (“ZADs”) und Kontoinformationsdienstleister (“KIDs”);
  3. Wechselstuben;
  4. Unternehmensfinanzierung

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in den einzelnen sektoralen Leitlinien beschriebenen Risikofaktoren nicht als vollständig zu betrachten sind. Dies bedeutet einerseits, dass Unternehmen das mit einer bestimmten Situation verbundene Risiko ganzheitlich betrachten sollten und andererseits, dass isolierte Risikofaktoren nicht zwingend zu einer Neuanordnung einer Geschäftsbeziehung oder einer gelegentlichen Transaktion in eine höhere oder niedrigere Risikokategorie führen muss.

b) Begrenztes inhärentes GW/TF-Risiko in Verbindung mit ZADs und KIDs

In den Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren erkennt die EBA an, dass das mit den ZADs und KIDs verbundene inhärente ML/TF-Risiko begrenzt ist. Jedoch definiert das EU-Recht ZADs und KIDs derzeit als Verpflichtete. Als eine Art Kompromisslösung heißt es daher in den Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren: “In den meisten Fällen hat das mit diesen Geschäftsmodellen verbundene geringe inhärente Risiko zur Folge, dass vereinfachte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden die Norm sind4.

Die EBA trifft ebenfalls eine interessante Aussage in Bezug auf die Datensätze, die den AISPs und PISPs zur Verfügung stehen. In Fällen, in denen Daten, die für die Zwecke der Geldwäschebekämpfung von Bedeutung sein könnten, den AISPs und PISPs im Rahmen der PSD2 nicht zur Verfügung stehen, heißt es daher, dass”[…] die Leitlinien nicht verlangen, dass die AISPs und PISPs diese Informationen proaktiv anfordern5.

c) Neue Anleitungen

In den Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren findet man eine Reihe zusätzlicher Anleitungen, insbesondere in Bezug auf die Identifizierung wirtschaftlicher Eigentümer, den Einsatz innovativer Lösungen zur Feststellung und Überprüfung der Identität von Kunden sowie in Bezug auf die Frage, wie Finanzinstitute die gesetzlichen Bestimmungen zur verstärkten Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden aus Hochrisiko-Drittländern einhalten sollten.

d) Interaktionen ohne persönlichen Kontakt

Die Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren enthalten nun einen gesonderten Teil, der sich mit Situationen ohne persönlichen Kontakt (non-face-to-face) befasst6; ein Thema, das während der Pandemie sicherlich an Bedeutung gewonnen hat, da zunehmend neue Technologien für Identifizierungs- und Überprüfungszwecke eingesetzt werden.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass gemäß den Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren die Verwendung elektronischer Identifizierungsmittel nicht zwangsläufig mit einem erhöhten GW/TF-Risiko einhergeht. Dies bewahrt Unternehmen jedoch nicht davor, gegenüber ihrer zuständigen Behörde gegebenenfalls nachzuweisen, dass der Einsatz einer bestimmten innovativen Lösung angemessen ist7.

 

III. Nächste Schritte für Unternehmen?

Wie bereits erwähnt, werden die ursprünglichen Leitlinien aufgehoben und durch die Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren mit deren Geltungsdatum am 26. Oktober 2021 ersetzt.

Diesbezüglich sollten Unternehmen die Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren im Rahmen der Ausarbeitung/Überprüfung/Anwendung ihrer internen GW/TF-Strategien umsetzen und dabei auch folgende Punkte berücksichtigen:

Anwendungsbereich: Unternehmen sollten die Änderungen sowohl auf künftige Geschäftsbeziehungen als auch auf bestehende Kunden anwenden, da die Risikobewertung- und minderung ein fortlaufender Prozess ist und Verpflichtete sicherstellen müssen, dass alle neuen Kontrollen sowohl für bestehende als auch für neue Kundenkategorien gelten.

Nicht vollständig: Unternehmen sollten bedenken, dass die in den Leitlinien für GW/TF-Risikofaktoren beschriebenen Faktoren und Maßnahmen nicht vollständig sind und daher gegebenenfalls weitere Faktoren und Maßnahmen in Betracht ziehen sollten.

Verbesserung des Verständnisses von Steuerkriminalität: Nach Ansicht der EBA ist es für Aufsichtsbehörden und Unternehmen von zentraler Bedeutung, ihr Verständnis von Steuerdelikten und den damit verbundenen Risiken zu verbessern, da die Techniken, die zum Waschen von Erträgen aus Straftaten und zur Begehung von Steuerdelikten eingesetzt werden, erhebliche Ähnlichkeiten aufweisen. In diesem Zusammenhang sollten die Unternehmen insbesondere die Berichte der EBA und/oder der ESMA über Dividenden-Arbitrage Geschäfte (Cum-Ex/Cum-Cum-Systeme) berücksichtigen.

Finanzielle Eingliederung und de-risking: Laut der EBA sind Unternehmen nicht mehr gehalten, Dienstleistungen für ganze Kundenkategorien einzustellen, die sie mit einem höheren ML/TF-Risiko assoziieren (das sogenannte de-risking). Stattdessen sollten Finanzinstitute die Notwendigkeit der finanziellen Eingliederung mit der Notwendigkeit der Minderung und des Managements des ML/TF-Risikos in Einklang bringen. Die Leitlinien für GW/TF-Risikofaktoren sollen den Unternehmen helfen, dieses Gleichgewicht zu erreichen.

Schließlich können Unternehmen, die sich darüber informieren möchten, wie ihre zuständige Aufsichtsbehörde die Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren in ihre Verwaltungspraxis8 übernommen hat, dies unter anderem tun indem sie einen Blick in die Compliance-Tabelle der EBA werfen.

 


[1] Kreditinstitute und Finanzinstitute im Sinne von Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2015/849

[2] die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) und die EBA

[3] Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU

[4] Punkt 18.10 der Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren

[5] Punkt 21 des finalen Berichts der EBA über die Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren

[6] Punkte 4.29 bis 4.37 der Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren

[7] Punkte 4.31 und 4.36 der Leitlinien zu den GW/TF-Risikofaktoren

[8]  In Luxemburg wurden die ML/TF-Risikofaktoren-Leitlinien mit dem Rundschreiben CSSF 21/782 verabschiedet. In Deutschland gab es hierzu bisher noch keine Stellungnahme.

 

Cover picture: Copyright © Anatoly



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