Geplante Neuerungen im BaFin-Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB (Teil 1)

BaFin-Merkblatt zu den Geschaeftsleitern | PayTechLaw

Die BaFin ist gerade dabei, ihr „Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB” („Merkblatt zu den Geschäftsleitern“) und ihr „Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB“ („Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen“) (zusammen „Merkblätter“) zu überarbeiten. Im Rahmen einer Konsultation hat die BaFin Interessierten die Möglichkeit gegeben, zu den Entwürfen der überarbeiteten Merkblätter Stellung zu nehmen. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick zu den geplanten, aus unserer Sicht interessanten Neuerungen gegeben werden. Dieser Beitrag befasst sich zunächst mit den Änderungen des Merkblatts zu den Geschäftsleitern. Ein Beitrag zu den Änderungen des Merkblatts zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen folgt in Kürze.

Die Merkblätter und ihre Bedeutung für die Praxis

Die Merkblätter beschreiben die Anforderungen, die Geschäftsleiter bzw. Mitglieder von Verwaltungs-/Aufsichtsorganen von Unternehmen, die der Aufsicht der BaFin gemäß ZAG, KWG oder KAGB unterliegen, aus der Sicht der BaFin erfüllen müssen, und das Verfahren zur Feststellung dieser Anforderungen. Den Merkblättern kommt im Rahmen der Bestellung von Geschäftsleitern und Mitgliedern von Verwaltungs-/Aufsichtsorganen große Bedeutung zu, da die Merkblätter die Verwaltungspraxis der BaFin widerspiegeln.

Hintergrund der Neufassung der Merkblätter

Die Neufassung der Merkblätter dient vor allem dazu, Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), konkret die “Leitlinien zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhabern von Schlüsselfunktionen“ (EBA/GL/2017/12) und “Leitlinien zur internen Governance“ (EBA/GL/2017/11) (zusammen „Leitlinien“) – soweit anwendbar – in die Verwaltungspraxis der BaFin aufzunehmen. Zudem wurden Hinweise zu neu zu verwendenden Formularen (vor allem für Wertpapierfirmen) aufgenommen und spätere Änderungen der Anzeigenverordnung berücksichtigt.

Anzeigeverfahren

Beibehalten wurde in dem Merkblatt zu den Geschäftsleitern, dass Unterlagen und Erklärungen in deutscher Sprache einzureichen sind und Unterlagen und Erklärungen in einer anderen Sprache eine beglaubigte Übersetzung benötigen. Allerdings findet sich nicht mehr die Aussage, dass im Falle von englischen Unterlagen das zuständige Fachreferat der BaFin auf die Übersetzung verzichten kann. Unklar ist, ob die Möglichkeit eines solchen Verzichts nun nicht mehr bestehen soll.

Die BaFin gibt als Zeitrahmen für die Prüfung der entsprechenden Anforderungen vier Monate an. Im Falle von offenen Fragen kann die BaFin die betroffene Person interviewen.

Im Rahmen des Anzeigeverfahrens müssen Kandidaten für die Geschäftsleitung u.a. erklären, ob gegen sie strafrechtlich ermittelt wurde. Das Merkblatt Geschäftsleiter stellt jetzt klar, dass Verfahren, die wegen dauerhafter Verfahrenshindernisse (z.B. Verjährung) eingestellt wurden, im Gegensatz zu vorläufig eingestellten Verfahren, nicht offenbart werden müssen.

Nach dem Merkblatt zu den Geschäftsleitern sind weiterhin Strafverfahren, die wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) oder unter Auflage (§ 153a StPO) eingestellt wurden, zu erklären, unabhängig davon, wie lange diese Strafverfahren schon zurückliegen. Dies mutet merkwürdig an vor dem Hintergrund, dass Verurteilungen wegen Straftaten, die im Bundeszentralregister gelöscht wurden, nicht angegeben werden müssen.

Im Rahmen der Beurteilung von Interessenkonflikten sind nun Verstrickungen zu Inhabern bedeutender Beteiligungen am anzeigenden Unternehmen als Fälle von Interessenkonflikten erfasst. Ferner sind Gerichtsverfahren mit und konkurrierende Interessen gegenüber dem anzeigenden Unternehmen sowie dessen Konzernunternehmen anzugeben.

Anforderungen an Geschäftsleiter

Geschäftsleiter müssen

  1. fachlich geeignet sein,
  2. zuverlässig sein
  3. und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen.

Bezüglich dieser Anforderungen enthält das Merkblatt zu den Geschäftsleitern teilweise Konkretisierungen und Ergänzungen gegenüber dem bisherigen Stand.

i. Fachliche Eignung

Das Merkblatt zu den Geschäftsleitern führt bezüglich der fachlichen Eignung nun aus, dass die Geschäftsleitung in ihrer Gesamtheit über ein ausgewogenes Maß an denjenigen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen muss, die dem Geschäftsmodell, dem Risikoappetit, der Strategie und der Märkte, auf denen das Institut tätig ist, entsprechen. Damit legt das Merkblatt zu den Geschäftsleitern nun einen verstärkten Fokus auf die fachliche Eignung der Geschäftsleitung in ihrer Gesamtheit. Anknüpfend an das Erfordernis der Gesamteignung der Geschäftsleitung beschreibt das Merkblatt zu den Geschäftsleitern die Pflicht der KWG-Institute, den einzelnen Geschäftsleitern die Einführung in das Amt zu erleichtern und die Fortbildung zu ermöglichen. Zum Zwecke der Beurteilung der Gesamteignung der Geschäftsleitung hat die BaFin eine Eignungsmatrix konzipiert, die die Überlegungen des KWG-Instituts dokumentieren soll.

ii. Zuverlässigkeit

Im Rahmen der Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters nimmt die BaFin in Übereinstimmung mit den Leitlinien die Unvoreingenommenheit („independence of mind“) als wichtigen Umstand für die Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters auf. Unvoreingenommenheit bedeutet, dass Geschäftsleiter die innere Stärke haben müssen, sich in Gruppen durchzusetzen und eigene Entscheidungen fällen zu können.

Ein Punkt, der gegen die Zuverlässigkeit spricht, ist das Bestehen von Interessenkonflikten des Geschäftsleiters. Hierzu führt die BaFin im Merkblatt zu den Geschäftsleitern nun aus, dass Interessenkonflikte auch bestehen können, wenn der Geschäftsleiter bedeutende Beteiligungen an Konzernunternehmen des anzeigenden Instituts hält, nahe Angehörige bei Konzernunternehmen des Instituts tätig sind oder Rechtsstreitigkeiten mit dem Institut oder einem Konzernunternehmen bestehen. Neu in dem Merkblatt zu den Geschäftsleitern ist weiterhin, dass auch ein Interessenkonflikt aufgrund eines politischen Mandats des Geschäftsleiters bestehen kann.

iii. Zeitliche Verfügbarkeit

Die BaFin stellt klar, dass die Aufnahme eines weiteren Mandats, einschließlich politischer Tätigkeiten, zu einer Neubewertung der zeitlichen Verfügbarkeit des betroffenen Geschäftsleiters führen muss. Ehrenamtliche Tätigkeiten werden nur dann nicht in die Beurteilung der zeitlichen Verfügbarkeit einbezogen, wenn sie geringfügig sind, z.B. ehrenamtliche Tätigkeiten bei lokalen Sportvereinen außerhalb der Arbeitszeit.

Pflichten der Geschäftsleitung

Das Merkblatt zu den Geschäftsleitern enthält nun einen neuen Abschnitt, der einige Pflichten der Geschäftsleiter von KWG-Instituten beschreibt.

i. Interne Richtlinien

Das Merkblatt zu den Geschäftsleitern führt aus, dass KWG-Institute über Eignungsrichtlinien, Diversitätsrichtlinien, Einführungs- und Schulungsrichtlinien und Richtlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten verfügen müssen.

Die Eignungsrichtlinien sollen Bestimmungen und Verfahren zur Bewertung der individuellen Eignung und der Eignung der Gesamtheit der Geschäftsleitung aufstellen. Diese Richtlinien sollen an den gesamten Governance-Rahmen des Instituts, die Unternehmenskultur und die Risikobereitschaft des Instituts angepasst sein.

Die Diversitätsrichtlinien sollen Zielvorgaben und Bestimmungen zur Erreichung einer diverseren Geschäftsleitung und eines diverseren Verwaltungs- und Aufsichtsorgans enthalten. Zudem sollten Diversitätsrichtlinien für Mitarbeiter aufgestellt werden, um die Gleichbehandlung und gleiche Möglichkeiten für Mitarbeiter unterschiedlichen Geschlechts sicherzustellen.

Einführungs- und Schulungsrichtlinien sollen Bestimmungen und Verfahren für die Einführung und Schulung der Geschäftsleitung und des Verwaltungs- und Aufsichtsorgans enthalten.

Die Richtlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten sollen entsprechende Bestimmungen und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten für die Geschäftsleitung und das Verwaltungs- und Aufsichtsorgan enthalten.

ii. Schlüsselfunktionen

Des Weiteren hebt die BaFin im Merkblatt zu den Geschäftsleitern hervor, dass Personal mit Schlüsselfunktionen ebenfalls geeignet und zuverlässig sein muss und diese Anforderungen durch interne Prozesse gewährleistet werden müssen. Inhaber von Schlüsselfunktionen sind Personen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Leitung des Instituts haben, die jedoch weder Mitglieder der Geschäftsleitung noch des Aufsichts- und Verwaltungsorgans sind.

 

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