Neues zur Prävention von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung durch Versicherungsunternehmen

Neues zur Prävention von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung durch Versicherungsunternehmen

Betreiben Versicherungsunternehmen geldwäsche-/terrorismusfinanzierungsaffine Geschäfte (vor allem Lebensversicherungsgeschäfte, Produkte mit Investitionscharakter bzw. Prämienrückgewähr, Kapitalisierungsprodukte und Darlehensgeschäfte), unterfallen sie als geldwäscherechtlich Verpflichtete dem Pflichtenprogramm des Geldwäschegesetzes („GwG“).

Dem GwG verpflichtete Versicherungsunternehmen müssen ein wirksames Risikomanagement etablieren, um zu verhindern, dass sie für die Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Die unternehmensspezifische Risikoexposition ist in einer Risikoanalyse zu erfassen und hieraus sind unternehmensinterne Sicherungsmaßnahmen abzuleiten. Zudem haben verpflichtete Versicherungsunternehmen die sog. Kundensorgfaltspflichten (Know Your Customer – KYC) zu beachten, um dem Zentralanliegen der Geldwäschepräventionsregulatorik – der Vermeidung von Anonymität und der Schaffung von Transparenz – gerecht zu werden.

Für den Versicherungsbereich gilt insofern die Besonderheit, dass nicht nur der Vertragspartner – regelmäßig der Versicherungsnehmer –, für ihn auftretende Personen und etwaige wirtschaftliche Berechtigte, sondern auch etwaige Bezugsberechtigte zu identifizieren sind. Gerade die im hiesigen Kontext besonders risikoaffinen Produkte wie z.B. die (Risiko-)Lebensversicherung bringen es mit sich, dass Versicherungsnehmer/Vertragspartner und Bezugsberechtigter personell auseinanderfallen.

Erwartungshaltung und jüngste Kritik der Aufsicht

Die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorgaben, insbesondere zur von den verpflichteten Versicherungsunternehmen zu erstellende Risikoanalyse, zur kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung und zum Verdachtsmeldewesen, rücken immer mehr in den Fokus der Geldwäscheaufsicht. Im Dezember 2023 hat die BaFin auf ihrer „Fachtagung zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ und in ihren speziellen „Aufsichtserfahrung bei Versicherungsunternehmen“ immer wieder auffallende Missstände in den beaufsichtigten Versicherungsunternehmen angeprangert.

Die Kritikschwerpunkte konzentrieren sich primär auf die Risikoanalyse (z.B. zu formularartig/ schematisch, zu grobe Zusammenfassung von Risikofaktoren, fehlende Erläuterungen zur Methodik, fehlende Differenzierung zwischen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, pauschale Ausweisung von Nettorisiken, nicht unternehmensspezifisch ausgestaltet), die Überwachung der Geschäftsbeziehung (insbesondere die unzureichende Erfassung/Überwachung der Mittelzuflüsse) und den Umgang mit politisch exponierten Personen („PeP“).

Die BaFin schlägt letztlich in dieselbe Kerbe, die auch schon in der Ersten Nationalen Risikoanalyse (2018/2019) aufgezeigt wurde: Versicherungsunternehmen sind – anders als z.B. Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Zahlungs- und E-Geld-Institute – nicht gesetzlich verpflichtet, ein EDV-gestütztes Geschäftsbeziehungs- und Transaktionsmonitoring zu betreiben. Das spiegelt sich z.B. unmittelbar in der geringen Zahl der von Versicherungsunternehmen abgegebenen Geldwäscheverdachtsmeldungen wider.

Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität

Mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (FKBG) soll der geldwäscherechtliche Adressatenkreises im Versicherungssektor erweitert werden. Neben den Versicherungsunternehmen, die in Abhängigkeit der von Ihnen angebotenen Produkte in die Verpflichtetenstellung geraten, sollen zukünftig auch

  • Versicherungs-Holdinggesellschaften,
  • Unternehmen nach § 293 Abs. 4 VAG (nicht der Aufsicht des VAG unterfallende, inländische Unternehmen, deren Haupttätigkeit der Erwerb und das Halten unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligungen an Erst- oder Rückversicherungsunternehmen oder Pensionsfonds ist) und
  • Unternehmen, die einen beherrschenden Einfluss auf ein Versicherungsunternehmen im Sinne des GwG oder auf einen Pensionsfonds nach § 236 Abs. 1 S. 1 VAG ausüben

den Verpflichtungen des GwG unterliegen. Bezweckt wird damit vor allem ein regulatorischer Schulterschluss und eine einheitliche Gruppenaufsicht: Nach § 25l KWG (bald § 2 Abs. 1 Nr. 2a GwG) sind Finanzholding-Gesellschaften und gemischte Finanzholding-Gesellschaften bereits geldwäscherechtlich Verpflichtete. Der Gesetzgebungsprozess zum FKBG dauert noch an, die erste Lesung im Bundestag fand am 14. Dezember 2023 statt, mit einem tatsächlichen Inkrafttreten ist frühestens in Q2 oder Q3 2024 zu rechnen.

EU-Geldwäschepaket – grundlegende Neuerungen für die geldwäscherechtliche Verpflichtung?

Die Anti-Geldwäscheregulierung ist vor allem auf unionsrechtlicher Ebene in Bewegung: Das EU-Geldwäschepaket (bestehend aus einer EU-Geldwäscheverordnung, die in den Mitgliedsstaaten unmittelbar gilt und das GwG in weiten Teilen ablösen wird, der sechsten EU-Geldwäscherichtlinie und der Etablierung einer europäischen Geldwäscheaufsichtsbehörde) ist vom EU-Parlament bereits angenommen worden; die formelle Zustimmung des EU-Ministerrats steht noch aus.

Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und Sanktions-Compliance?

Bereits jetzt ist absehbar, dass mit dem EU-Geldwäschepaket eine weitere Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben und damit eine Erweiterung des unternehmensinternen Aufwands einhergehen wird. Dies ist unmittelbar an dem nun auch verpflichtend zu vollziehenden Schulterschluss zwischen Geldwäsche-/Terrorismusfinanzierungsprävention und der Beachtung von Finanzsanktionen zu erkennen. Deren unternehmensinterne Einhaltung fällt fortan in den originären Zuständigkeitsbereich des sog. Compliance Officers bzw. des Geldwäschebeauftragten und hat sich fortan – als drittes Element neben Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – im Risikomanagement und der Erfüllung entsprechender Sicherungsmaßnahmen/Sorgfaltspflichten wiederzufinden.

Für Versicherungsunternehmen ist die Relevanz dieser Neuerung unmittelbar greifbar: Finanzsanktionen zielen regelmäßig auf das Verbot ab, sanktionierten Personen/Einheiten unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfen zur Verfügung zu stellen. Zu diesen verbotenen Finanzmitteln/Finanzhilfen zählen grundsätzlich auch alle Arten von Versicherungen- und Rückversicherungen, einschließlich Ausfuhrkreditversicherungen.

Beschränkung oder Erweiterung des Verpflichtetenkatalogs?

Unter dem GwG sind Versicherungsunternehmen auch dann Verpflichtete, soweit sie Darlehen vergeben. Das ist für die allermeisten Versicherungsunternehmen insofern relevant, als sie – für sie als sog. „eigentümliches Geschäft“ (§ 2 Abs. 3 KWG) und ohne hierfür einer Erlaubnis für das Kreditgeschäft nach dem KWG zu bedürfen – schon nach den Anlagegrundsätzen für das Sicherungsvermögen (124 ff. VAG) gehalten sind, in selbst geschaffene Darlehensforderungen anzulegen.

Unter der EU-Geldwäscheverordnung werden Versicherungsunternehmen ausdrücklich nur soweit verpflichtet, wie sie Lebens- oder andere investmentbezogene Versicherungsprodukte anbieten – ein expliziter Verweis auf das Darlehensgeschäft wie unter dem GwG – wohlgemerkt, bislang ein deutscher Sonderweg! – findet sich dagegen nicht.

Die Ausgabe von Darlehen könnte allenfalls mittelbar zur geldwäscherechtlichen Verpflichtung führen: Verpflichtete sind nach Art. 3 Nr. 2 EU-Geldwäscheverordnung unter anderem „financial institutions“. Hierunter fallen – ausdrücklich genannt – eben Versicherungsunternehmen „insofar as it carries out life or other investment-related assurance activities“ (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 6b EU-Geldwäscheverordnung). Als Auffangtatbestand gelten als verpflichtete „financial institution“ nach Art. 2 Abs. 1 Ziff. 6a EU-Geldwäscheverordnung aber auch solche Unternehmen, die bestimmte, im Anhang I zur Eigenkapitalrichtlinie – CRD IV gelistete Tätigkeiten erbringen – darunter eben die Darlehensvergabe.

Es sprechen allerdings schon systematische Argumente (hier die spezielle, ausdrückliche und als abschließend zu bewertende Verpflichtung von Versicherungsunternehmen nur beim Angebot von Lebens- oder investmentbezogenen Versicherungsprodukte, dort der Darlehensvergabe nur unter dem Auffangtatbestand) gegen eine geldwäscherechtliche Relevanz von Darlehensgeschäften seitens der Versicherungsunternehmen unter der EU-Geldwäscheverordnung.

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