PSD2 und die Ausnahme für soziale oder steuerliche Zwecke – die soziale Ader der PSD2?

Die PSD2 sieht Ausnahmen für Produkte vor, die steuerlichen oder sozialen Zwecken dienen. Diese Produkte können künftig ohne Erlaubnis ausgegeben werden. Download / Print

Zahlungsinstrumente für soziale oder steuerliche Zwecke und PSD2 – was bedeutet das?

Mit der Ausnahme für soziale und steuerliche Zwecken ist es wie mit den begrenzten Netzen und der begrenzten Produktauswahl: Man braucht für die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten, die sozialen oder steuerlichen Zwecken dienen, unter bestimmten Voraussetzungen keine Erlaubnis. Wie bei den anderen Ausnahmen in der PSD2 muss man – wenn die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen – auch sonst keine aufsichtsrechtlichen Anforderungen einhalten (z. B. die Pflichten zur Kundengeldsicherung oder zur Identifizierung des Vertragspartners).

Was ändert sich durch die PSD2 bezüglich der sozialen oder steuerlichen Zwecke?

Anders als bei den begrenzten Netzen und der begrenzten Produktauswahl ist die Ausnahme für soziale oder steuerliche Zwecke neu. Deshalb greift die Ausnahme auch erst, nachdem die PSD2 in nationales Recht umsetzt wird, also voraussichtlich ab Januar 2018. Im Gegensatz zu den Ausnahmen für begrenzte Netze und die begrenzte Produktauswahl gibt es keine Anzeigepflicht, wenn man sich auf die Ausnahme für soziale oder steuerliche Zwecke berufen möchte.

Wann genau liegt die Ausnahme vor?

Die Voraussetzungen, unter denen die Ausnahme greift, stehen in Artikel 3 k) iii) der PSD2. Das hilft Ihnen nicht weiter? Macht gar nichts, weil es Ihnen damit genauso geht wie dem Bundesfinanzministerium und der BaFin, die derzeit auch noch darüber nachdenken, was mit der Ausnahme gemeint sein könnte. Um Ihre Phantasie etwas in Gang zu bringen, möchte ich Ihnen ein paar Beispiele geben, was unter die Ausnahme fallen könnte:

  • Unter die Ausnahme könnten künftig möglicherweise Zahlungsinstrumente fallen, mit denen Sachbezüge im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG in Anspruch genommen werden („44 Euro-Produkte“). Bei vielen dieser Produkte handelt es sich heute um E-Geld, jedenfalls dann, wenn sie als MasterCard- oder Visa-Zahlungskarten ausgegeben werden.
  • Oder denken Sie an Zahlungsinstrumente, mit denen Grundleistungen anAsylbewerber gewährt werden können (§ 3 AsylbLG). In Anbetracht der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich derzeit in Deutschland befinden, könnte das eine interessante Alternative zur Auszahlung von Bargeld sein. Mit Bayern und Baden-Württemberg gibt es bereits Bundesländer, die sich mit solchen Produkten beschäftigen.

Wichtig ist auch bei dieser Ausnahme, dass das Zahlungsinstrument nicht als Instrument zur „Geldaufbewahrung“ missbraucht wird. Ansonsten könnte eine Bankerlaubnis erforderlich werden. Ein solcher Missbrauch zur Geldaufbewahrung lässt sich dadurch vermeiden, dass man z. B. einen elektronischen Gutschein nicht in Geld zurücktauscht und auch nur in Größenordnungen ausgibt, die in einem vernünftigen Verhältnis zum jeweiligen Funktionsbereich stehen.

Zudem greift die Ausnahme nur ein, wenn das zugrundeliegende Zahlungsinstrument nur in einem einzigen Land eingesetzt werden kann, sich also alle Akzeptanzstellen in einem Land befinden. Außerdem muss es eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Issuer und den Akzeptanzstellen geben. Gerade bei MasterCard- und Visa-Produkten ist das heute meistens noch nicht der Fall.

Was muss ich tun, wenn ich mich auf die Ausnahme berufen möchte?

Zunächst einmal abwarten, bis die PSD2 in nationales Recht umgesetzt wird. Das wird voraussichtlich nicht vor Januar 2018 der Fall sein. Bis dahin sollten Sie die nationalen Gesetzgebungsverfahren verfolgen, um zu sehen, wie diese Ausnahme von den einzelnen Mitgliedsstaaten interpretiert wird. Wenn ein Produkt unter die Ausnahme fällt, muss man aber nichts weiter tun, um sich darauf berufen zu können. Eine Anzeigepflicht gibt es nicht. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, kann dies durch eine Anfrage bei der BaFin tun. Das kostet halt etwas und dauert. Vor allem weil die BaFin solche Anfragen wohl erst nach der Umsetzung der PSD2 in nationales Recht bearbeiten wird.

Gibt es einen Disclaimer?

Na klar. Ich bin Anwalt 🙂 Im Ernst: Alles, was in diesem Beitrag steht, ist richtig, weil dieser Beitrag meine Meinung wiedergibt. Und Meinungen sind nicht richtig oder falsch, sondern vertretbar oder unvertretbar. Ob Sie oder die BaFin meine Meinung für vertretbar halten, weiß ich nicht.

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