Die BaFin hat am 7. September 2020 eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, wonach Kreditinstitute verpflichtet werden, sofort jede virtuelle IBAN, die sie direkt oder indirekt an einen Zahlungsdienstleister ausgeben, im Dateisystem gemäß § 24c KWG zu erfassen, wobei der Endkunde des Zahlungsdienstleisters als Verfügungs- und wirtschaftlich Berechtigter aufzunehmen ist.
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Worum geht es hier? Was ist das Dateisystem des § 24c KWG?
Kreditinstitute in Deutschland sind gem. § 24c KWG verpflichtet, eine aktuelle Datei mit allen von ihnen in Deutschland geführten Konten und Depots für einen automatisierten Abruf durch die BaFin oder andere staatliche Stellen bereitzuhalten. In der Datei sind u. a. die Kontonummer, Namen und Geburtsdaten des Kontoinhabers und Verfügungsberechtigten sowie die Namen und die Anschriften ggfls. abweichender wirtschaftlich Berechtigter zu speichern. Die Datei dient der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche sowie der Verhinderung von unerlaubten Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften, da sie die Ermittlungen erleichtert.
Was sind virtuelle IBAN?
Virtuelle IBAN sehen von außen wie „echte“ IBAN (also International Bank Account Numbers) aus. Hinter der jeweiligen virtuellen IBAN steckt aber nicht jeweils ein zugeordnetes Konto, sondern sie dient nur der Zuordnung von Zahlungsflüssen. In der Regel gibt es ein echtes Konto, dem viele virtuelle IBAN zugeordnet sind. Ähnlich wie mehrere Telefonnummern für einen Telefonanschluss.
Virtuelle IBAN werden von vielen Kreditinstituten in Deutschland angeboten, weil sich damit viele Zahlungsverkehrsprobleme von Unternehmen lösen lassen.
Ein paar Beispiele für den Einsatz von virtuellen IBAN
Beispiel 1: Die automatisierte Verbuchung von Zahlungseingängen
Ein Unternehmen hat eine Vielzahl von Kunden, an die Rechnungen gestellt werden. Anstatt darauf zu vertrauen, dass die Kunden den Verwendungszweck korrekt eingeben, damit die Zahlungen zugeordnet werden können, wird jedem Kunden eine virtuelle IBAN zugeteilt und auf dessen Rechnung gedruckt. Erfolgt die Überweisung durch den Kunden auf „seine“ virtuelle IBAN, kann das Unternehmen automatisiert den Zahlungseingang dem Kunden zuordnen.
Dieses System machen sich auch viele Zahlungsdienstleister zunutze. Beispielsweise bietet ein Zahlungsdienstleister eCommerce-Händlern ein Rechnungskaufprodukt an. Dabei können die Endkunden auf Rechnung bezahlen, der Händler tritt seine Forderung an den Zahlungsdienstleister oder Finanzdienstleister ab (Factoring) und auf die Rechnung des Kunden wird eine virtuelle IBAN gedruckt, die es dem Zahlungsdienstleister ermöglicht, die Bezahlung der abgetretenen Forderung automatisch zuzuordnen.
Beispiel 2: Empfang von Zahlungen im Inland für ausländische Händler
Viele eCommerce-Plattformen verlangen auch von ausländischen Händlern, dass diese als Auszahlungskonto für die über die Plattform eingenommenen Gelder ein Konto mit IBAN vorweisen. Dies ist, gerade für kleinere Händler aus dem Ausland, oft schwierig zu bewerkstelligen. Es haben sich daher einige Zahlungsdienstleister darauf spezialisiert, den Händlern einen Transferservice anzubieten, bei dem jedem Händler eine virtuelle IBAN zugeordnet wird. Der Zahlungsdienstleister empfängt dann das Geld und leitet es z. B. an eine Bank im Heimatland des Händlers weiter, die dann die Auszahlung in lokaler Währung vornimmt.
Beispiel 3: Zahlungsinstitute, die Funktionen von SEPA-Konten anbieten
Es gibt einige Zahlungsdienstleister/E-Geld-Institute, die ihren Kunden neben den Zahlungsdienstleistungen und E-Geld-Produkten auch die Möglichkeit geben möchten, Überweisungen zu tätigen und Lastschriften zu empfangen. Zwar dürfen Zahlungsinstitute und E-Geld Institute Zahlungskonten führen, nicht aber das Einlagengeschäft, und sie sind in der Regel (in Deutschland) nicht an das SEPA-System angeschlossen. Um diesen Service daher anbieten zu können, bedienen sich diese Institute virtueller IBAN für ihre Kunden, die von einem Kreditinstitut ausgegeben werden. Das Masterkonto wird dann vom Zahlungsinstitut im eigenen Namen geführt, den Endkunden aber ermöglicht, z. B. über eine App oder ein Webportal über die ihnen zugeordnete IBAN Zahlungsaufträge zu erteilen.
Was steht nun in der Allgemeinverfügung der BaFin?
In der Allgemeinverfügung stellt die BaFin nun fest, dass alle virtuellen IBAN Konten i.S.d. § 154 AO sind und von den Kreditinstituten, die sie ausgeben, in die Kontendatei des § 24 KWG gemeldet werden müssen. Dabei sind die Endkunden, d. h. die Kunden des Zahlungsinstituts, als Verfügungsberechtigte bzw. wirtschaftlich Berechtigte von dem Kreditinstitut in die § 24c KWG Datei aufzunehmen.
Das ist sehr problematisch, denn die Allgemeinverfügung differenziert nicht zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen, die mit virtuellen IBAN möglich sind. In der Allgemeinverfügung stellt die BaFin fest, dass alle virtuellen IBAN Konten i.S.d. § 154 AO sind.
Wenn man sich Beispiel Nr. 1 ansieht, ist dies schon fraglich. Denn § 154 AO setzt voraus, dass ein Konto für einen Dritten geführt wird. In den Einzahlungsbeispielen wird die virtuelle IBAN jedoch nicht für den Endkunden des Zahlungsinstituts, d. h. den Händler geführt, sondern nur für das Zahlungsinstitut selbst als Zahlungsempfänger. Schon gar nicht wird es für den Zahler geführt, denn dieser ist gar kein Kunde des Zahlungsinstituts. Plakativ ausgedrückt: Nur weil ich jemandem meine Kontonummer gebe, wird dieser weder verfügungsberechtigt noch wirtschaftlich berechtigt an meinem Geld.
Gerade in den typischen Factoring-Konstellationen wird es noch absurder. Denn es wären dann nur die Endkunden von Zahlungsinstituten, nicht aber von Finanzdienstleistungsinstituten in die § 24c KWG-Datei einzumelden, so dass es darauf ankäme, welche Art der Erlaubnis für das Factoring-Geschäft gewählt wurde, ob eine Einmeldung stattfindet oder nicht.
Auch bei Beispiel Nr. 2 sind Zweifel angebracht. Hier wäre der Händler als Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter in die § 24c KWG-Datei aufzunehmen. Verfügungsberechtigt ist der Händler jedoch nicht, denn das hinter der virtuellen IBAN liegende „echte“ Konto dürfte als Treuhandkonto ausgestaltet sein, damit der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 17 ZAG zur Sicherung von Kundengeldern ordnungsgemäß nachkommt. Darüber kann der Händler nicht verfügen und er tut es auch nicht, denn das Konto dient lediglich dem Empfang – die Weiterleitung der Gelder beruht nicht auf einer über das Konto getätigten Verfügung, sondern ist ein Zahlungsauftrag für ein Finanztransfergeschäft.
Fraglich ist auch, ob der ausländische Händler dann wirtschaftlich Berechtigter i.S.d. § 3 GwG ist. Denn wirtschaftlich Berechtigte können immer nur natürliche Personen sein. In die Kontodatei aufgenommen werden soll hier aber nur der Endkunde, d. h. der ausländische Händler, der in den meisten Fällen ein Unternehmen sein dürfte.
Dadurch wird plötzlich ein Unternehmen zu einem wirtschaftlichen Berechtigten, das es nach dem Gesetz gar nicht sein kann. Es wird also eine Angabe von den Kreditinstituten verlangt, die von vornherein falsch ist, da sie nicht dem gesetzlichen Begriff des wirtschaftlich Berechtigten entspricht.
Bei Beispiel Nr. 3 hingegen verhält es sich ein wenig anders. Hier kann der Endkunde tatsächlich zumindest mittelbar über die ihm per virtueller IBAN zugeordneten Gelder verfügen und es liegt daher nicht so fern, den Endkunden dabei als Verfügungsberechtigten über die virtuelle IBAN anzusehen.
Kurz zusammengefasst:
Es sollte klargestellt werden, dass
- nicht alle virtuelle IBAN Konten i.S.d. § 154 AO sind, sondern diese nur dann gemäß § 24c KWG in die Datei aufzunehmen sind, wenn sie die Voraussetzungen des § 154 AO auch tatsächlich erfüllen;
- die Endkunden nur dann in die § 24c KWG-Datei aufzunehmen sind, wenn sie auch tatsächlich als Verfügungsberechtigte bzw. wirtschaftlich Berechtigte anzusehen sind und nicht nur deshalb, weil virtuelle IBAN genutzt werden;
Die Anhörungsfrist zu der Allgemeinverfügung läuft bis zum 2. Oktober 2020. Betroffene haben also noch etwas Zeit, sich dazu zu äußern und es bleibt zu hoffen, dass die BaFin in der Endfassung noch Präzisierungen vornehmen wird.
Wir werden selbstverständlich auf PayTechLaw über den Fortgang berichten.
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